Kapitel 06
06. Das große Chaos
Zu Hause angekommen, gibt es ein großes Hallo. Columbus bellt und winselt ununter-brochen und springt vor Freude immer wieder an den Heimkehrern hoch. Flo und Pia sind zu Hause und freuen sich, ihre Lieben gesund und munter in die Arme zu schließen. Max platzt gleich mit den Geschenken heraus und stellt erstaunt fest, dass sich Flo tatsächlich über die Spezialitäten freut, wo er es doch eigentlich als Gag gedacht hat. Auch Pia ist von dem Parfüm begeistert, so ist Max schließlich auch zufrieden, dass die Geschenke so gut ankommen. Beim Abendessen, welches Flo für sie vorbereitet hat, erzählen sie ausführlich, was sie alles erlebt haben. Giorgio kommt wieder ins Schwärmen und berichtet begeistert über die tollen Segeleigen-schaften ihres ererbten Schiffes. Da Max und Giorgio den ganzen Abend erzählen, sind auch Pia und Flo überzeugt: „Nach allem, was Ihr so von euch gebt, ist es wohl doch die richtige Entscheidung, die wir mit unserer Erbschaft getroffen haben.“
Max kann es nicht lassen, seine Schwestern hochzunehmen und lästert: „Wenn Ihr aber den Hochseeschein nicht habt oder die Prüfung nicht besteht, könnt Ihr nicht mit, Ihr Knalltüten!“ Flo nimmt ungerührt ihr halbvolles Glas Mineralwasser, schüttet es Max über den Kopf und meint ruhig: „Die Abkühlung hast Du dringend nötig!“ „Wenn Flo das nicht gemacht hätte, hättest Du von mir das Wasser drüber gezogen bekommen. Sie saß nur näher dran!“ feixte Pia. „Wenn Ihr tatsächlich die Prüfung bestehen solltet, was ich für unwahrscheinlich halte, werde ich Euch eigenhändig Kiel holen,“ verspricht Max verärgert und verschwindet im Bad. „Wo will der denn die Armee herholen, um uns Kiel zu holen. Der vergisst wohl, dass Theresa auch noch da ist, gegen die Übermacht der Frauen hat er keine Chance“, tönt Flo ganz stark. „Das Verhältnis von Frauen und Männern ist absolut ausgeglichen,“ brummt Giorgio.„Ihr vergesst, dass Kolumbus auch mit an Bord kommt,“ grinst er.
„Oh toll, wir haben auch schon überlegt, was wir mit ihm machen und mit Frau Herzig darüber gesprochen. Sie würde ihn auch zu sich nach Amrum nehmen, aber er gehört doch zu uns.“ Pia ist erleichtert, da sie sehr an dem Hund hängt. „Kolumbus gehört zur Familie und hat mit uns so viel erlebt, dass wir ihn doch nicht einfach weggeben können. Nein, er kann sogar nützlich sein, da er auch ein guter Wachhund ist und wir in anderen Ländern durchaus in Situationen kommen können, wo er einen gewissen Schutz bieten kann. Schwimmen kann er außerdem auch gut, also spricht nichts dagegen und im Übrigen lasse ich im unteren Relingsbereich zusätzliche Leinen spannen, damit er uns nicht über Bord geht!“ entscheidet Giorgio.
„Was ist eigentlich, wenn wir in kritische Situationen kommen, mit Seeräubern oder Überfällen im Hafen oder so“? fragt Flo „Müssen wir nicht auch irgendwelche Waffen haben, zur Verteidigung?“ überlegt sie weiter. „Ja, darüber will ich noch mal mit Palmiotta sprechen. Es gibt bestimmt bereits irgendwas in dieser Richtung an Bord. Er und Onkel Victor haben doch auch größere Reisen gemacht, also hat er bestimmt Erfahrung auf diesem Gebiet. Sonst müssen wir uns auch noch Waffen besorgen, oder zumindest was zur Selbstverteidigung. Außerdem haben wir noch so viele andere Dinge zu Bedenken, zu planen und zu besorgen!“ beruhigt Giorgio seine Kinder. „Es ist bestimmt am besten, wir machen eine große Liste und hängen sie hier an die Küchenpinnwand. Jeder, dem zu unserer Reise was einfällt, schreibt es drauf, dann können wir nichts vergessen“! schlägt Max vor. „Das ist gut, aber wir sollten zwei Listen machen, eine für Sachen die wir mitnehmen wollen und eine für Dinge die wir vor unserer Reise hier noch erledigen müssen,“ überlegt Pia.
„Was ist eigentlich mit unserer Post, wohin geht die und wer kümmert sich um unsere Wohnung. Frau Herzig ist ja ab März auch nicht mehr da“, grübelt Flo. „Mann,“ sinniert Max, „Wenn man erst mal anfängt, darüber nachzudenken, fallen einem tausend Sachen ein, die geregelt werden müssen.“ „Wir müssen uns eigentlich als erstes über unsere Reiseroute Gedanken machen, wohin wir überhaupt wollen. Ich meine, welche Länder wir bereisen möchten. Es gibt eine ganze Reihe von Ländern, wo wir nicht einfach so hinfahren können, sondern Einreisegenehmigungen, Visa oder sonstige Papiere vorlegen müssen. Diese Visa müssen wir dann bei den Konsulaten beantragen, das kann bis zu drei Monaten dauern. Also, ist es am dringendsten, das wir zuerst unsere Reiseroute festlegen!“ grübelt Giorgio.
„Aber nicht mehr heute Abend, ich gehe jetzt ins Bett. Wir werden die Reiseroute am Wochenende gemeinsam ausarbeiten. Also, sammelt bis dahin Vorschläge und ladet bitte auch Theresa dazu ein, da sie ja jetzt die Zustimmung von ihrem Arbeitgeber und auch ihren Eltern hat, ist sie schließlich gleichberechtigte Partnerin unseres Unternehmens. Außerdem ist Theresa durch die vielen Reisen, auf die ihr Vater sie mitgenommen hat, von uns allen schon am meisten in der Welt herumgekommen und kann bestimmt wertvolle Tipps beisteuern!“ Giorgio steht auf und schlurft müde in sein Zimmer.
Die nächsten Tage sind bei Giorgio und den Kindern mit Alltagsarbeiten voll gestopft und sie haben wenig Zeit, sich Gedanken über die Reise zu machen. Am ersten Samstagnachmittag im Dezember, sitzen alle zusammen und versuchen, ihre Vorstellungen unter einen Hut zu kriegen.
Theresa hat von ihrem Chef eine Menge Reiseprospekte aus allen fünf Kontinenten bekommen. Giorgio steuert diverse See und Landkarten bei und breitet sie auf dem Tisch aus. Max hat seinen Computer in der Küche angeschlossen, um über das Internet Informationen über ihre Reiseziele zu besorgen. Flo schließlich schleppt ihren großen Leuchtglobus an.
„Also,“ fängt Giorgio an: „Ich habe mir schon ein paar Gedanken gemacht und denke, die erste Etappe zum Eingewöhnen nicht zu groß werden soll und schlage deshalb als erstes Ziel Korsika vor. Das kennt keiner von uns. Die Insel soll sehr schön sein, sagt Hubertus. Er war da mal vor zwanzig Jahren mit einer Freundin und schwärmte immer noch!“ „Wovon denn, von Korsika oder der Freundin?“ lacht Theresa, meint dann jedoch, „Finde ich aber gut und mit etwas französisch kann ich aushelfen!“ Auch die anderen sind mit dieser Idee einverstanden. „Wenn das in diesem Tempo weitergeht und nicht mehr Widerstand kommt, sind wir in einer halben Stunde durch mit unserer Reiseroute,“ freut sich Giorgio.
„Ich will mir doch gern mal Cote d´Azur ansehen, können wir nicht mal nach Nizza oder St. Tropez fahren?“ fragt Flo und bekommt von Max sofort zu hören. „Was willste da denn, auf die spinnerte Schickeria kann ich verzichten, so´ne Idee kann nur von Flo kommen!“ giftet er. „Flo über die Cote d´Azur hat mir der Notar schon so einiges erzählt. Die Hafen und Liegegebühren sollen astronomisch sein und nur um die Schönen und Reichen, die auf ihren Yachten im Hafen herumdümpeln, zu bestaunen, danach steht mir auch nicht der Sinn. Auch wenn wir mit unserer Catalina da durchaus mithalten können, sollten wir uns doch interessantere Ziele suchen,“ wendet Giorgio ein.„Was haltet Ihr stattdessen von Marseille?“ schlägt Pia vor. „Au ja, da gibt es bestimmt viel zu sehen und das Hafenviertel soll ja berüchtigt sein,“ begeistert sich Max. „Marseille finde ich gut, ist bestimmt eine interessante Stadt und mit Sicherheit nicht so teuer, wie St. Tropez oder Nizza.“ „Okay, dann ist Marseille als zweite Station gebongt!“ stellt Max fest. „Wie geht’ s dann weiter?“
„Nach einer Großstadt ist es vielleicht ganz witzig, wieder eine kleinere Hafenstadt zu nehmen, zum Beispiel an der spanischen Küste“ schlägt Theresa vor. „Ich weiß, dass ein guter Freund meines Vaters ein schönes Sommerhaus in Javea an der Costa Blanca hat. Er ist auch gleichzeitig mein Patenonkel und jetzt im Ruhestand. Den könnten wir doch besuchen. Javea liegt südlich von Valencia, also von Marseille aus gut zu schaffen.“ „Wer ist dafür“? Giorgio blickt in die Runde und sieht vier erhobene Hände. „Okay, einstimmig angenommen. Also steht Ziel Nummer drei auch fest.“ „Jetzt aber wieder eine größere Stadt, wir brauchen auch mal Aktion!“ ruft Flo und sucht eifrig auf dem herbeigeholten Globus nach einem geeigneten Ziel. „Wenn ich noch einen Vorschlag machen darf“? fragt Theresa bescheiden. „Du darfst,“ gestattet ihr Flo großzügig. „Vor fünf Jahren war ich mit meinen Eltern mal in Andalusien. Malaga ist eine große Hafenstadt, die mir gut gefallen hat, wo viele junge Leute sind und wo was los ist. Was haltet Ihr denn davon?“ fragt sie in die Runde. „Au ja, dann gibt’s dort bestimmt auch interessante Diskos und shopping ohne Ende, einverstanden!“ heizt Flo die Debatte an.„Gott sei Dank gibt es dort auch genügend Möglichkeiten für ältere Semester, also auch einverstanden“, wirft Giorgio ein. „Ziel Nummer vier ist auch gebongt,“ stellt Max fest.
„Aber einmal sollten wir uns doch den Luxus erlauben, mal eine Snoby Hochburg zu besuchen!“ wendet Pia ein. „Wir können doch eine Nacht im Hafen von Marbella ankern, Giorgio, das kann doch mal ganz witzig sein, oder was meint Ihr?“ fragt sie ihre Geschwister. „Na ja, wenn es bei einer Nacht bleibt, damit Ihr mal die berühmte goldene Meile entlanglaufen könnt, bin ich einverstanden,“ akzeptiert Giorgio großzügig. „Als nächstes sollten wir vielleicht einen Arabischen Hafen ansteuern, zum Beispiel Casablanca in Marokko könnte doch interessant sein,“ schlägt Pia vor und denkt an den Film mit Humphrey Bogart und Ingrid Bergmann. „Schau mir in die Augen, Kleines!“ sinniert Max zustimmend, auch die anderen finden den Vorschlag gut. „Also Hafen Nummer fünf“, freut sich Theresa „Ganz ohne Streit, wie langweilig.“ wirft Flo ein. „Wenn Du nicht friedlich bist, verkaufe ich Dich in Casablanca an einen Harem, zehn Kamele bekomme ich bestimmt für Dich, wenn Du noch etwas mehr auf die Rippen kriegst, bekomme ich vielleicht auch zwölf!“ Max kann das lästern nicht lassen und bekommt postwendend ein Kissen an den Kopf.
„So und jetzt sollten wir langsam an unsere Atlantiküberquerung denken. überlegt Giorgio. Darum schlage ich einen letzten Hafen auf den Kanaren vor und weiß auch schon welchen. Wir würden unseres Lebens nicht mehr froh werden, wenn wir nicht unsere lieben Nachbarn auf ihrer Finca auf La Palma besuchen würden, wenn wir schon in der Gegend sind. Dr. Emden und seine liebreizende Elisabeth wären sonst tödlich beleidigt. Aber die Emdens kennen die Insel wirklich gut und können uns sicher viel zeigen. Außerdem müssen wir da Wasser, Sprit und Proviant bunkern, bevor wir über den großen Teich schippern!“ er sieht erwartungsvoll in die Runde. „Irgendwelche Einwände?“ Er wartet die aber gar nicht erst ab, sondern spricht gleich weiter: „Okay, dann sind wir uns also einig und die Europatournee liegt fest.“ Das Familienoberhaupt lehnt sich zufrieden zurück. „Was meinst Du Giorgio, wie lange brauchen wir denn bis La Palma?“ läßt sich Theresa vernehmen. „Das kommt darauf an, wie lange wir in den einzelnen Häfen bleiben wollen. An reiner Fahrtzeit rechne ich ungefähr drei bis vier Wochen, wenn der Wind günstig steht, sonst können es auch sechs Wochen werden. Uns drängt ja zum Glück keiner.“
„Was haltet Ihr davon, wenn ich uns schnell eine hausgemachte Pizza in den Ofen schiebe und wir dann weitermachen“? schlägt ihre Starköchin vor und erntet begeisterte Zustimmung. Sie holt aus der Speisekammer ein großes abgedecktes Backblech. Zum Vorschein kommt eine riesige, üppig belegte Pizza Capricciosa, die sie nur noch in den Ofen schieben muss. „Hab ich doch gewusst und deshalb heute morgen schon alles vorbereitet,“ strahlt sie. „Flo, Du bist doch die Beste,“ schlägt Max plötzlich versöhnlichere Töne an.„Was ist eigentlich mit dem Geld für die Reise. Wir müssen doch tausende von Euros mitnehmen, wo verstecken wir die denn?“ grübelt Pia. „Erstens haben wir an Bord einen Safe und zweitens werden wir gar nicht soviel Bargeld mitnehmen, sondern Traveller Schecks, das ist viel sicherer weil man die in jedem Land gegen Bargeld eintauschen kann. Wenn sie geklaut werden,kann kein Ganove damit was anfangen, weil eine zweite Unterschrift bei der Einlösung benötigt wird,“ erklärt Giorgio ihnen.
„Was mir gerade einfällt,“ Max sieht seine Schwestern an, „Fände ich es gut, wenn Ihr zusätzlich noch einen Kurs für Seenotrettung macht. Wenn mal was passiert, wisst Ihr wenigstens, was zu tun ist.“ „Ach und der Herr selbst hat so was natürlich nicht nötig.“ empört sich Flo. „Hab ich längst bei der Bundeswehr gemacht, deshalb halte ich das ja auch für so wichtig, weil ich weiß, was Ihr da lernt und wenn wir wirklich mal in brenzlige Situationen kommen, könnt Ihr dadurch vielleicht Euer nichtsnutziges Leben retten,“ giftet er zurück. „Max hat Recht, wenn Ihr das macht, schließe ich mich Euch freiwillig an!“ wirft Theresa ein. „Okay, zu dritt können wir ja vielleicht sogar Spaß dabei haben.“ Flo ist wieder beruhigt, auch Pia nickt zustimmend. „Es geht nicht um Spaß, sondern das Ihr da was lernt, Ihr Knalltüten.“ Er kann es nicht lassen. „Max hat gerade seinen Pizza Anteil verwirkt, wer von Euch möchte den?“, kostet Flo ihre starke Position aus. „Liebes Schwesterlein, ich bin doch nur um Dein Wohl besorgt und will nicht, das Dir auf hoher See was passiert“. Säuselt Max jetzt ganz friedlich. „Sieh mal einer an, wenn´ s ums Essen geht, kriechen die Kerle doch alle zu Kreuze“, steht Pia ihrer Schwester genüsslich bei und deckt den Tisch.
Nach dem Essen landen alle Seekarten, Reise Infos und Atlanten wieder auf dem Tisch und weiter ging´s.
„Ich nehme an, Ihr seid damit einverstanden, wenn wir den kürzesten und auch sichersten Weg in die Neue Welt nehmen. Das bedeutet, wir segeln von La Palma aus zunächst in südwestlicher Richtung und nutzen die Strömung aus. Dann ungefähr kurz vor dem Äquator drehen wir auf Nordwest und segeln Richtung Barbados. Das ist die östlichste Insel der Karibik und daher am ehesten zu erreichen. Diesen Kurs haben mir mehrere erfahrene Segler vorgeschlagen und ich glaube, wir sollten ihn annehmen.” Giorgio greift zum Glas und widmet sich genüsslich seinem Rotwein.„Wie lange rechnest Du für die Atlantik Überquerung?“ will Max wissen. „Wenn die Strömung und die Winde uns gnädig sind, ungefähr drei bis vier Wochen. Wenn wir aber in eine Flaute kommen, was da unten durchaus passieren kann, sind auch sechs bis sieben Wochen drin.“
„Was machen wir den mit dem Essen bei einer so langen Zeit,“ fragt Flo besorgt. „Erstens müssen wir diese Route auch Proviant mäßig genau planen und zweitens kann ich unseren Smutje beruhigen. An Bord befindet sich unter Deck ein größerer Kühlbereich, sogar mit Tiefkühlschrank. Außerdem können wir uns unterwegs auch mal Fische fangen.“ Beruhigt Giorgio. „Lasst uns jetzt mal die Route weiter festlegen.“ „Also Barbados ist gebongt und dann möchte ich Antigua vorschlagen. Eine Au Pair Freundin in Florida kommt daher. Nach den Fotos muss die Insel ein Traum sein. Die können wir mal besuchen.“ Pia schaut Zustimmung suchend in die Runde. „Grundsätzlich wäre ich damit einverstanden, aber vorher sollten wir uns noch eines der schönsten Segelreviere der Welt ansehen, die Grenadinen.
Wenn wir da ungefähr eine Woche von Insel zu Insel kreuzen, haben wir Karibik pur und können ausgiebig schwimmen und schnorcheln. Danach fände ich Pias Vorschlag mit Antigua gar nicht schlecht, da die einzelnen Inseln sehr unterschiedlich sein sollen.“ Hierüber wird schnell Einigkeit erzielt. Als weitere Stationen legen sie die Inseln St. Martin, Puerto Rico und die Dominikanische Republik fest.
Dann fragt Giorgio: „Wohin wollt Ihr dann überhaupt, in Richtung Florida und die US Küste entlang, nach Mexiko, Costa Rica und so weiter, oder in Richtung Mittelamerika nach Venezuela, Kolumbien. In beiden Fällen würden wir danach durch den Panamakanal fahren um zum Pazifik zu kommen!“ „Es gibt auch noch eine dritte Möglichkeit,“ weiß Max. „Wir können auch an der Südamerikanischen Ostküste runter segeln, nach Brasilien, Argentinien und um Kap Horn herum in den Pazifik. Das hat nur Vorteile,“ meint er mit einem schrägen Blick auf seinen Vater. „In Rio können wir uns auf der Copacabana von den schönsten Mädchen der Welt verwöhnen lassen. Um Kap Horn segeln, bringt uns Ruhm und Ehre ein und wir zählen dann zu den berühmten Cap Horniers!“ Ein weiteres Kissen landet an seinem Kopf, diesmal von Theresa und ein giftiger Blick hinterher. Giorgio nimmt den Ball auf und meint leicht grinsend: „Die Copa Cabana wäre natürlich verlockend, aber um Kap Horn fahre ich mit einer Horde von Leichtmatrosen bestimmt nicht. Auf Ruhm und Ehre kann ich zur Not verzichten.“ Die vier Leichtmatrosen fühlen sich in ihrer Ehre gekränkt und maulen sichtlich.Nach einigem hin und her einigen sie sich endlich auf die Route USA, Mexiko und Panama.
Sie wollen auf jeden Fall auch Saratoga in Florida anlaufen um Pias Au Pair Familie zu besuchen. Max und Theresa, als Jazzfans drängt es zur Wiege des Jazz, nach New Orleans. Aber vor allem Flo will nach New Orleans, da zu der Zeit ihr geliebter Laurin dort in einem Luxushotel seine Kochkünste erweitert.„Dann weiter nach Texas und langsam die Mexikanische Küste runter, um Yucatan herum Richtung Guatemala, Honduras, Costa Rica, zum Panamakanal.“ Die Passage durch den Panamakanal ist Giorgio noch nicht ganz klar. Er will darüber noch erkundigen einziehen.„Ich würde wahnsinnig gern zu den Galapagos Inseln segeln und die Riesenschildkröten besuchen“. wünscht sich die Tier Närrin Pia.„Einverstanden, aber dann schlage ich noch die Küste von Ecuador, Peru und Chile vor, damit wir auch etwas südamerikanisches Flair mitbekommen. Die Landschaft muss dort traumhaft sein. Von Chile aus können wir den Sprung über den Pazifik wagen, also Richtung Westen segeln, zunächst zu den Oster Inseln und dann in die Südsee eintauchen.
Die Inseln der Südsee sind schon immer mein Traum und ich habe nie gedacht, sie einmal vom eigenen Schiff aus erleben zu können.“ schwärmt Giorgio. Pia überlegt mit Blick auf den Globus: „Du Pap´s, bevor wir zu den Galapagos und dann nach Südamerika segeln, sollten wir zuerst noch die Mittelamerikanische Westküste hoch bis San Franzisko. Was meint Ihr, was das für ein erhebendes Gefühl sein wird, im eigenen Schiff unter der Golden Gate Bridge hindurch zu segeln.“ Alle schauten sich zustimmend an und Max meinte: „Na klar, sonst hätten wir von den USA viel zu wenig gesehen.“
„Das würde aber einen ganz schönen Umweg bedeuten, dafür brauchen wir mindestens zwei Monate länger. Wir sollten uns das, wenn wir durch den Panama Kanal sind nochmal überlegen!“ schlägt Giorgio vor. „Welche mittelamerikanischen Häfen interessant sind, müsste uns doch eigentlich Dein Vater sagen können, Theresa!“ überlegt er und denkt an den Kaffeehandel von Herrn Lauritzen. Flo schnappt sich inzwischen den Atlas und sucht in dem Gewirr der vielen kleinen Inselchen, die in ihrem Atlas wie Sandkörner im riesigen Ozean aussehen, die passenden Südsee Ziele aus. „Wenn wir von Osten kommen, würde die erste Insel die Osterinsel sein.“entdeckt Flo. „Genau und von dort aus fahren wir zu den Marquesas, nach Tahiti, zu den Cook Inseln und nach Tonga. Wenn wir dem König von Tonga sagen, das wir aus Hamburg kommen, werden wir bestimmt als Ehrengäste behandelt, da er auch, so weit ich weiß, Ehrenbürger von Hamburg ist, und die Stadt sehr liebt. Danach geht es weiter, Richtung Fidschis. Irgendwo dazwischen werden wir die Datumsgrenze überqueren. Zum Schluss dieser Etappe würde ich Neuseeland empfehlen, was haltet Ihr davon?“ Giorgio holt tief Luft und schaut sich fragend um.
„Na dann tun wir halt unserem alten Vater den kleinen Gefallen und segeln ihn durch die Südsee“, meint Flo großzügig. Ihre Geschwister und Theresa nicken nur. „Das sind alles solche Traumziele und wir können alle während einer einzigen Reise sehen.“ schwärmt Theresa voller Vorfreude.„Ich glaube, hier sollten wir unsere Routenplanung erst mal abbrechen, da wir bis dahin mit Sicherheit schon weit mehr als ein Jahr brauchen, wenn nicht sogar zwei Jahre. Wir wollen uns ja die Länder auch in Ruhe anschauen um Land und Leute kennen zu lernen.
Es hat daher wenig Sinn, jetzt weiter zu planen, da sich in dieser Zeit zu viel ändern kann und Visa auch nie unbegrenzt gültig sind. Ich bin deshalb der Meinung, das wir von Neuseeland aus, die nächsten Etappen unserer Reise planen sollten und die nötigen Papiere mit Hilfe der dortigen Botschaft anfordern.“ Schlägt Giorgio vor. Alle Crewmitglieder sind einverstanden, da sich in diesem Moment keiner von ihnen richtig vorstellen kann, überhaupt so weit zu kommen. Das ganze phantastische Abenteuer, was da auf sie zukommt, übersteigt ihre Vorstellungskraft, zumindest zum jetzigen Zeitpunkt, noch erheblich. „Jetzt haben wir bald erst mal Weihnachten, dann noch knapp acht Wochen Vorbereitungszeit und die werden wir auch voll brauchen,“ rechnet Giorgio.
„Nachdem wir unsere Route bis Neuseeland festgelegt haben, werde ich in den nächsten Tagen, mit Hilfe von Theo, die nötigen Papiere beantragen. Ihr stellt alles Nötige an Informationen zu unseren Reisezielen, am besten in einer Mappe, chronologisch zusammen. Die Idee mit der Pinnwand nehmt bitte ernst und schreibt alles drauf, was Euch einfällt. Wir besprechen das dann gemeinsam!“
Die Weihnachtszeit vergeht wie im Fluge. Die sonstige Besinnlichkeit bleibt diesmal weitgehend auf der Strecke. Familie Lindner beschäftigt sich hauptsächlich mit Planungen und Reisevorbereitungen. Es gibt ja auch zu Hause so einiges zu klären und zu bedenken, wenn man mehrere Jahre weg ist. So legt Giorgio gemeinsam mit Theo die Orte und Zeiten der Postlageradressen fest, wohin die nachgesandte Post, wann geschickt werden soll. Max flirtet solange mit Frau Herzig, bis diese endlich schwach wird und zusichert, sich um ihre Wohnung zu kümmern, nach dem Rechten zu sehen, die Blumen zu gießen und den Briefkasten von Werbung zu befreien. „Junge, Du hast Glück, das ich so ein gutmütiger Mensch bin und auch meine eigene Wohnung noch nicht aufgeben werde. Da muss ich schließlich auch nach dem Rechten sehen. Ich weiß doch noch gar nicht, ob ich mich auf Amrum wohl fühlen werde, darum behalte ich meine Wohnung vorerst.“ erklärt sie.
Ende Januar – Flo, Pia und Max büffeln eifrig für ihre Segel Ausbildung. Die beiden Notiz Themen an der Pinnwand in der Küche sind schon auf je neun Zettel angewachsen, eng beschrieben. Alles, was erledigt ist, wird durchgestrichen. In Giorgios Arbeitszimmer und im Flur stapeln sich etliche Gerätschaften, Vorräte und Kleidungsstücke, die unbedingt mit müssen und täglich kommt neues dazu. Auch Kolumbus merkt, dass was im Busch ist, Er ist wesentlich aufgeregter als sonst, muss fast doppelt so oft nach unten und schwänzelt den Kindern dauernd um die Beine, um nur nicht in Vergessenheit zu geraten. „Wie wollen wir das alles eigentlich nach Porto Maurizio bekommen, Giorgio?“ fragt Pia plötzlich. „Ich habe mir gedacht, wir mieten zwei größere Autos, am besten Richtung VW Bus oder so was, bei einem der großen Vermieter mit Einwegmiete. Eins fährt Max und eins ich. Wir gondeln dann durch die Schweiz bis zur Küste runter und geben die Autos dort wieder ab. Unser Auto wäre erstens viel zu klein und zweitens den Wagen dort zwei Jahre oder länger stehen zu lassen, ist in Italien ja wohl nicht empfehlenswert.“
„Was ist eigentlich mit den Klamotten?“ fällt Flo ein. „Ich muss mir unbedingt noch was zum anziehen kaufen!“ „Natürlich, das arme Kind hat gar nichts anzuziehen!“ höhnt Max. „Halt Dich da raus, Du Esel, davon verstehst Du sowieso nichts, Du bist ja bloß ein Mann.“ regt Flo sich auf. Giorgio macht, dass er aus der Tür kommt, da ihm dieses Thema zu heiß wird. Max tippt sich nur an die Stirn und verschwindet in seinem Zimmer. Da sie nun keinen Zuhörer mehr hat, verfinstert sich Flo´s Laune zusehends. Pia und Theresa, von denen sie sich eventuell Beistand erhoffen kann, sind unterwegs, ihre Freundin Alexa mit ihrem Vater auf der Möbelmesse in Köln und mit ihrem Freund Bolle kann sie das Thema Mode auch nicht besprechen, denn der ist schließlich auch nur ein Mann. In dem Moment kommt Frau Herzig aus der Waschküche zurück und sieht Flo mit finsterem Gesicht im Flur stehen. „Kind, was ist Dir denn über die Leber gelaufen?“ fragt sie. Nachdem Flo ihre Nöte erzählt hat und bei Frau Herzig am Küchentisch sitzt, versucht die sich mal wieder als Seelentröster. „Kindchen, Du hast doch überhaupt keinen Grund zum Trübsal blasen.“ meint sie und stellt Flo als Medizin gegen schlechte Laune eine heiße Schokolade hin. „Du hast eine Reise vor Dir, wie sie nur sehr wenigen vergönnt ist. Du hast einen Kleiderschrank, voll der schönsten Sachen und Du brauchst an Bord doch nur wenig. In der meisten Zeit reichen doch Bikini oder T-Shirt, da kannst Du Dir ja noch ein Paar kaufen. Ansonsten nimmst Du bequeme Sachen mit und wenn Ihr irgendwo mal schick ausgeht, hast Du doch etliche aufregende Kleider. Außerdem solltest Du noch einige wärmere Sachen mitnehmen, für kältere Gegenden. Außerdem findest Du in anderen Ländern bestimmt auch schicke Klamotten, die dann der neueste Schrei sind, also brauchst Du jetzt doch nicht mehr viel“ . Flo´s Miene hellt sich zusehends auf, was zum einen an Frau Herzig´s Seelen Massage und zum anderen an ihrer unübertrefflichen Schokolade liegt.„Henriette, hilfst Du mir beim zusammenstellen von meiner Reisegarderobe?“ fragt sie mit unschuldigem Blick. „Na klar mein Mädchen, das kriegen wir schon hin.“ Sie weiß, dass Flo das Thema Mode überaus wichtig ist und sie mit dem Zusammenstellen ihrer Kleidung, besonders vor Reisen so ihre Schwierigkeiten hat.Flo nimmt sich vor, sobald Alexa wieder da ist, mit ihr einen ausgiebigen shopping Bummel zu machen und nach mindestens zwei Bikinis, einem Badeanzug und T-Shirts zu fahnden. Im Übrigen muss sie Frau Herzig Recht geben. Das es in anderen Ländern auch Boutiquen gibt und vielleicht sogar noch schickere Klamotten, hat sie überhaupt noch nicht bedacht.
Mitte Februar büffelten die Lindner Kinder jede freie Minute für ihre Prüfung am 27. ten. Die Seenotrettungsausbildung haben die beiden Mädchen und Theresa bereits Ende Januar erfolgreich hinter sich gebracht. Die Stimmung unter den Geschwistern ist etwas gereizt, jedes schiefe Wort wird zum Anlass für Streitereien genutzt. Giorgio sieht sich das ein paar Tage mit an, dann platzte ihm die Hutschnur. Flo und Max streiten sich gerade lautstark in der Küche darüber, ob das ordentliche zusammenlegen der Segel auftakeln oder auftuchen heißt. Max meint auftakeln weil das ja schließlich zum Segel setzen gehört und Flo ist sich sicher, auftuchen gelernt zu haben. „Du blöder Macho musst nur immer das letzte Wort haben!“ „Und Du Doof hast keine Ahnung von der Christlichen Seefahrt und wirst das auch nie lernen!“ Giorgio fährt lautstark dazwischen und brüllt: „Wenn Ihr nicht sofort aufhört mit der ewigen Streiterei wegen solch dämlicher Kleinigkeiten, mache ich alles Rückgängig und fahre ohne Euch. Palmiotta und Luigi werden bestimmt dankbar sein, wenn ich die mitnehme. Seit zwei Wochen geht das nun schon so. Ich hab langsam die Nase voll. Entweder benehmt Ihr Euch wie zivilisierte Mitteleuropäer oder Ihr könnt hier bleiben. Ich habe Verständnis dafür, dass Ihr kurz vor der Prüfung nervös seid, aber das ist noch lange kein Grund, Euch und Eure Umwelt zu terrorisieren. Im Übrigen hat Flo Recht. Das ordentliche zusammenlegen der Segel heißt auftuchen!“ Er holt tief Luft und verschwindet mit lautem Türen knallen in seinem Arbeitszimmer. Natürlich weiß er, dass sie bei nicht vollzähligem Antritt der Reise die Erbschafts Bedingungen nicht erfüllen, hofft aber, dass die Kinder darüber nicht so schnell stolpern. Flo und Max sehen sich mit ungläubigen Gesicht völlig verstört an. Flo fragt: „Sind wir wirklich so schlimm? So wütend habe ich Giorgio schon lange nicht mehr erlebt. Aber er hat wohl recht, wir müssen uns ein bisschen am Riemen reißen, oder was meinst Du?“
„Giorgio hat Recht, wegen so einer blöden Prüfung dürfen wir uns nicht so hängen lassen. Wir sollten den Rest lieber zu dritt büffeln. Wir schaffen die Prüfung nächste Woche am besten, wenn wir gelassen bleiben. Schließlich haben wir schon ganz andere Probleme gemeinsam durch gestanden, oder?“ Max ist sichtlich bestürzt, auch Flo blickt schuldbewusst durch die Gegend. Pia, die kurze Zeit später wiederkommt, erzählen sie von dem Wutausbruch ihres Vaters. Sie meint: „Recht hat er leider, diese Prüfung ist doch nicht alles und selbst wenn wir sie alle nicht bestehen, wäre das kein Beinbruch. Giorgio hat doch so ein Patent und für uns ist es in erster Linie wichtig, das wir uns die Kenntnisse angeeignet haben und nicht unbedingt das Prüfungsergebnis“. „Richtig, für schlechte Laune gibt´s wirklich keinen Grund, wenn ich an unser Abenteuer denke. Außerdem ist es wichtig, dass wir auch während unserer Reise zusammenhalten und uns nicht wegen jedem Schiet streiten. Wir müssen uns heute Abend bei Giorgio entschuldigen, oder was meint Ihr?“ fragt Flo. „Einverstanden.“ raunzen beide erleichtert.
Plötzlich stellen die Drei fest, dass das gemeinsame Lernen und gegenseitige Abhören wesentlich schnellere und bessere Ergebnisse bringt, als vorher mit ihrer Streiterei.Am Tag der Prüfung, fahren sie früh um sieben, etwas aufgeregt, zur Seefahrtschule an der Elbchaussee. Pünktlich um acht Uhr werden sie, gemeinsam mit 9 anderen Kandidaten, zum schriftlichen Teil hereingebeten. Ab zehn Uhr soll dann der mündliche Teil folgen. Ab 12 Uhr gibt´s eine Mittagspause und von zwei bis vier Uhr ist noch ein praktischer Teil im Museumshafen Oevelgönne angesetzt. Anschließend werden dann die Ergebnisse verkündet. Die schriftliche Prüfung wird von Pia und Flo, spielend bewältigt, während Max bei zwei Fragen etwas Probleme hat. Im mündlichen Test ist es anders herum. Max kann jede Frage wie aus der Pistole geschossen beantworten während Pia zwei und Flo sogar drei Fragen nicht ganz richtig erklären können. Kurz vor zwei trifft man sich bei den Segelschiffen unten an der Elbe wieder. In der Praxis können alle Drei richtig punkten und fast alle Forderungen erfüllen. Dann kommt der große Moment, wo die Zeugnisse verteilt werden. „Ist ja wie in der Schule, ätzend!“ flüstert Flo ihren Geschwistern zu. „Patricia Lindner!“ ruft der Prüfer. Pia geht mit wackligen Knien zu ihm, kassierte eine 2,5 und hat damit die Prüfung bestens bestanden. Sie wirft vor Freude die Arme in Luft und jubelt. „Florentine Lindner!“ wird Flo nach vorn gerufen und erhält eine 2,8. Flo strahlt. Die Erleichterung ist ihr anzumerken.„Maximilian Lindner!“ Der Prüfer blickt Max an und der schlurft, etwas zitternd nach vorn und bekommt eine 2,9. Auch ihm fällt ein Stein vom Herzen. „Bestanden haben alle bis 4,0 und was unter 3,0 ist, hat ein gutes Ergebnis erreicht. Meinen Glückwunsch an die, die bestanden haben. Den anderen biete ich die Möglichkeit, diese Prüfung im April zu wiederholen.“ Der Prüfer winkt in die Runde und verschwindet.
„Der Herr der Schöpfung hat das schlechteste Ergebnis erzielt!“ feixt Flo fröhlich. „Bild Dir bloß nichts auf diese 0,1 Punkte ein. Du bist ja fast noch im Schulbetrieb drin, während ich schon einige Jahre raus und vom lernen entwöhnt bin,“ versucht Max die Situation zu rechtfertigen. „Ja natürlich, der Herr im fortgeschrittenen Alter ist ja bereits leicht verkalkt. Wir müssen froh sein, das er überhaupt mit uns jungem Gemüse mithalten kann.“ neckt Pia und wirft einen mitleidigen Blick auf ihren Bruder. „Weiber! knurrt der nur verächtlich und macht, dass er aus dem Raum kam. Auf der Rückfahrt versucht Pia die Wogen wieder zu glätten, in dem sie meint: „Das wichtigste ist doch wohl, das wir jetzt alle drei unser Hochseepatent haben und Giorgio entlasten können. Außerdem fühle ich mich jetzt dieser Reise viel mehr gewachsen als vorher und habe dadurch mehr Sicherheit, Ihr etwa nicht?“ schaut sie fragend ihre Geschwister an. „Ja, ist schon richtig, geht mir genauso“ meint Max, auch Flo nickt bestätigend. Zu Hause angekommen, sieht Frau Herzig die drei erwartungs-voll an, keiner verzieht eine Miene, so dass sie unsicher fragt: „Na, wer von Euch hat denn nicht bestanden?“
„Alle!“ Max schaut sie mit bewusst traurigem Gesichtsausdruck an und freut sich an dem entsetzten Gesicht von Frau Herzig. „Ich meine, alle haben bestanden!“ ergänzt er genüsslich grinsend. „Ihr schlimme Bande!“ schimpft sie und wirft mit Apfelsinenschalen nach ihnen. „Aber trotzdem meinen Glückwunsch, da seid Ihr auf Eurer Reise ja wenigstens zu etwas nutze!“ In dem Moment kommt Giorgio in die Tür und will sofort wissen, wie die Prüfung gelaufen war. „Pia und ich haben die Sache mit Bravour gemeistert, während Max die Prüfung nur ganz knapp bestanden hat!“ behauptet Flo frech. „Lass Dir nichts erzählen, Giorgio, das doofe Huhn hat nur um 0,1 Punkte besser abgeschnitten als ich und Pia hat auch nur 0,4 Punkte mehr.“ entrüstet sich Max. Kommt mal in mein Arbeitszimmer!“ lotst Giorgio die drei zur Tür. „Also, erst mal von mir herzlichen Glückwunsch zur Prüfung. Hab eigentlich auch nichts anderes erwartet und bin froh, jetzt drei gestandene Seebären an meiner Seite zu haben. Wie geplant, werden wir in einer Woche, am sechsten März aufbrechen und haben bis dahin noch viel zu tun.
Wir haben ja besprochen, am vierten noch ein großes Abschiedsfest für unsere Freunde und Nachbarn zu geben. Dabei ist mir siedend heiß eingefallen, das wir auch Frau Herzig in Ihren Ruhestand verabschieden müssen. Wir brauchen noch ein schönes Abschiedsge-schenk für sie, fällt Euch da was Sinnvolles ein?“ Daran haben die Drei vor lauter Prüfungsstress natürlich nicht gedacht und überlegen jetzt krampfhaft, was ihr Freude machen könnte. „Was haltet Ihr denn von einer schönen Armbanduhr?“ schlug Flo vor. „Abgelehnt, ist zu doof,“ ist Max überzeugt. „Wie wäre es denn mit einer tollen Reise nach Österreich. Da fährt sie doch gern hin?“ versucht Pia Ihr Glück. „Auch doof, da war sie schon oft, ist doch nichts besonderes mehr,“ entscheidet Flo. „Vielleicht sollte das einen Bezug auf ihr künftiges Leben auf Amrum haben“ grübelt Giorgio. „Ich hab´s, wir schenken ihr eine Jahreskarte mit der Bahn von Amrum nach Hamburg und zurück. Sie will doch sowieso alle paar Wochen hier noch nach dem rechten sehen.“ Max denkt wieder mal praktisch. „Wenn wir sie bitten, ab und zu nach unserer Wohnung zu schauen, ist ja wohl das mindeste, das wir dann auch die Fahrtkosten übernehmen. Also, die Jahreskarte bekommt sie sowieso.“ „Ich hab´s!“ Flo springt aufgeregt auf „Es soll doch etwas sein, was auch einen Erinnerungs-wert an uns hat. Was haltet Ihr den von einem schönen Strandkorb für ihren neuen Garten?“ „Klasse Flo, die Idee ist gut. ich sehe sie schon gemütlich in einem blau-weißen Strandkorb in der Sonne sitzen und stricken. Seid Ihr einverstanden?“ Giorgio sieht auf Pia und Max und beide sind begeistert. „Okay, dann organisierst Du das bitte, Max. Sieh zu, das der Korb auch gleich nach Amrum geliefert wird.“ Giorgio hat außerdem geplant, Frau Herzig die alte Standuhr aus ihrem Flur zu schenken, da Sie deren Klang so liebte.
Die Wohnung und der große Keller werden immer voller mit allen möglichen Sachen, die sie mitnehmen wollen. Flo hat sich einen Plan gemacht, welche Küchenutensilien sie unbedingt mitnehmen muss um auch an Bord „ihre Mannschaft“ richtig bekochen zu können. Sie be-riet sich darüber stundenlang mit Frau Herzig und plündert die heimischen Küchenschränke immer mehr. Giorgio hat noch einige große Seesäcke besorgt, da das vorhandene Gepäck bei weitem für solch eine Reise nicht ausreichte.Theresa holt, mit Max Hilfe, nach und nach ihr Gepäck zu ihnen rüber um es hier gleich einladen zu können. Im Grunde sieht es, bis auf Küche und Wohnzimmer alles nach Abreise aus. Pia besorgt noch einige bestellte Seekarten, die erst im letzten Moment gekommen waren und versucht, auf diversen Konsulaten, die immer noch nicht erteilten Visa loszueisen. Im Umgang mit Behörden oder offiziellen Dienststellen ist sie bestens geeignet, da sie mit ihrem Aussehen, ihrer ruhigen und freundlichen Art jeden, auch noch so schläfrigen Beamten, zum Leben erwecken kann. Da sie jedoch auch hartnäckig ist, hat sie in den meisten Fällen keine Probleme, ihre Wünsche durchzusetzen. So hat sie fast alle Visa zusammen, außer von Guatemala. Aber auch hier hat Pia soviel Eindruck hinterlassen, das der glutäugige, stellvertretende Konsul höchstpersönlich verspricht, die Visa am nächsten Tag noch in die Wohnung zu bringen.
07. – Ein tränenreicher Abschied