Kapitel 19 und 20
19. Uncle Sam is watching you
Drei Tage später, ungefähr auf der Höhe von Key West erwischt sie dann noch eine Flaute. Alle Segel hängen schlaff herunter, die Catalina machte keinerlei Fahrt, sondern dümpelt traurig auf der Stelle. Die Sonne brennt unbarmherzig vom wolkenlosen Himmel. Laurin fängt nervös an zu überlegen, ob er es schaffen wird, rechtzeitig an seinem Arbeitsplatz zu sein. Wenn nicht, würde er seinen Job riskieren, da die Bosse in Amerika mit Feuern nicht zimperlich sind. Pia und Theresa beruhigen ihn: „Wenn diese Flaute länger dauert, haben wir immer noch unsere Motoren. Giorgio rechnet solche Hindernisse immer mit ein, also brauchst Du Dir keine Sorgen zu machen. Wir haben jetzt erst den 6. Dezember.“ Bolle ist beruhigt. Als am späten Nachmittag immer noch kein Lüftchen zu spüren ist, hängt Giorgio sich an den Seefunk und fragt beim Seewetteramt der USA nach, wann Besserung in Sicht sei. „In two or three hour´s”! war die Antwort. „Na Prima, das sitzen wir noch aus,“ meint der Käpt´n lakonisch. Tatsächlich, nach knapp drei Stunden wölben sich die Segel leicht im Wind und ihr Schiff nimmt langsam Fahrt auf. Laurin ist erleichtert und hofft, trotz seiner Angst vor Seekrankheit, das der Wind noch stärker wird. Drei weitere Tage vergehen ohne Probleme. Flo und Bolle verkriechen sich öfter in ihrer Kabine. Der Rest der Crew ist mit lesen, faulenzen oder Wartungsarbeiten beschäftigt.
Am Abend des 10. Dezember laufen sie in den kleinen Hafen von Sarasota ein und bekommen einen Platz am Anfang des Yachthafens zugewiesen.
„Die Hafenbehörde hat gesagt, dass keiner an oder von Bord darf, bevor sie das Schiff nicht abgenommen und unsere Papiere geprüft haben. Typisch Ami!“ brummelt Giorgio. Die Offiziellen lassen die Weltenbummler noch eine halbe Stunde warten, bevor ein Typ im blauen Overall am Kai steht und ruft, dass die Gangway jetzt runter gelassen werden soll. Dann kommen drei, wichtig aussehende Beamte in weißer Uniform mit blauen Schulterlitzen an Bord. Sie fangen in Seelenruhe an, die Schiffs-papiere, Pässe, Visa, Gesundheitszeugnisse, Befähigungsnachweise und sonstigen Kram, der den US Behörden wichtig ist, zu prüfen. Danach wollen sie einen Rundgang durchs Schiff machen, sehen in alle Kabinen, Ecken und Winkel, ob nicht Waffen oder Drogen oder sogar Beides in das gelobte Land eingeführt werden sollen. Dabei en-decken sie Kolumbus, der die hohe Obrigkeit fröhlich anknurrte. „Der Hund muss für drei Monate in Quarantäne.” Bestimmt der Wortführer der Uniformträger. „Nein muss er nicht. Das ist mein Hund und wir sind nur zwei Tage hier und segeln weiter nach Mexiko. Der kommt in keine Quarantäne!“ regt Flo sich auf. „Dann darf er nicht einreisen und bekommt keinen Gesundheitspass der Vereinigten Staaten.“ Erklärt der Wichtige bedeutungsvoll. „Der legt auch gar keinen Wert auf Euer komisches Land!“ funkelt Flo den Beamten böse an. Giorgio schaltet sich schnell ein, um eine Eskalation zu vermeiden. „Ich als Kapitän dieses Schiffes versichere Ihnen, dass der Hund bis zur Abreise das Schiff nicht verlässt“
Der Beamte ist damit zufrieden und will jetzt noch wissen, woher sie kommen und wohin sie wollen. Er nimmt, da er offensichtlich von Hause aus misstrauisch ist, auch noch Einblick in das Logbuch. Nach fast zwei Stunden ist die Prozedur endlich zu Ende und der Wissensdurst der Beamten gestillt. Nun dürfen sie, außer Kolumbus, das ,gelobte Land, USA betreten. „Hat ja nur noch gefehlt, dass die nach meiner letzten Periode gefragt hätten oder wann wir das letzte Mal.. .na Ihr wisst schon was, haben. Blödes Beamtenpack!“ Flo ist immer noch aufgebracht. „Das liegt daran, dass die USA sich überall als Weltpolizisten aufspielen und wahnsinnig überheblich sind. Dadurch haben sie große Angst, dass ihnen irgend ein anders denkender Mensch aus dem Rest der Welt, auf die Finger haut. Sie schotten sich an ihren Grenzen daher völlig ab. Sie selbst dürfen alles, aber die Anderen noch lange nicht!“ macht Giorgio aus seiner kritischen Haltung gegenüber der USA keinen Hehl. Pia hat in dem einen Jahr als Au- pair auch so ihre Erfahrungen gemacht: „Mir ist am meisten dieser völlig überzogene Patriotismus auf den Geist gegangen Genau wie die Esskultur vieler Amerikaner. Überhaupt, mit Kultur haben die das nicht so. Aber es gibt auch Andere und man darf nicht verallgemeinern. Die Familie Pettersson ist jedenfalls schwer in Ordnung und nicht vergleichbar, mit dem Durchschnittsamerikaner!“
Wie aufs Stichwort, rollt jetzt ein weißer Jeep auf den Kai und hält neben der Catalina. Heraus klettern Herr und Frau Pettersson und ihre Kinder. Die springen sofort an Bord um Pia zu suchen. Es gibt ein großes Hallo zwischen Pia und ihrer Gastfamilie. Sie stellt gleich ihre Familie vor. Vom ersten Augenblick entwickeln sich Sympathien auf beiden Seiten. Lars Pettersson ist ein großer, lustiger und jungenhafter Typ mit verschmitztem Lächeln während seine Frau Viviane etwas ruhiger, aber sehr ausdrucksstark ist. Sie ist einen Kopf kleiner als er, mit wunderschönem Gesicht und makellosen Körper. Die 42 sieht man ihr nicht an, sie wirkt eher wie Ende zwanzig. Besonders die beiden Töchter Marie und Cathleen sind ganz aus dem Häuschen, ihre Au Pair Freundin ,Patty, wieder zu sehen. Kolumbus ist auch begeistert über die Abwechselung und tobt kräftig mit. Pia zeigt ihrer Gastfamilie zuerst das Schiff. Anschließend setzen sich alle zum großen Palaver um den Deckstisch. Sie denkt verstohlen, dass ihr Lars Pettersson, trotz des Alterunterschiedes durchaus gefährlich werden könne, wenn er denn nicht schon verheiratet wäre und so eine tolle Familie hätte. Als Flo dann wenig später in ihrer flapsigen Art auch noch meint: „Das ist ja ein toller Typ, den würde ich auch nicht von der Bettkante schubsen. Ist da was zwischen Euch gelaufen oder warum guckst Du, wie ein verliebtes Mondkalb!“
Pia zischt ärgerlich: „Nein, zwischen uns ist nichts gelaufen. Er liebt seine Frau, da passt kein Blatt Papier dazwischen. Im Übrigen weißt Du ganz genau, dass ich mich nie in eine intakte Ehe drängen würde, nun halt die Klappe!“ Blitzt sie ihre Schwester wütend an. Flo geht lieber auf Distanz. Sie kann es aber nicht lassen, im weggehen noch „Ich hab wohl ins Schwarze getroffen!“ hinterher zu schieben. Pia hätte Flo erwürgen können, verdrängt aber ihre trüben Gedanken und gesellt sich wieder zu ihren Gästen.
Lars Pettersson lädt die ganze Familie für den nächsten Vormittag in sein Mote Marine Laboratorium ein und erklärt, dass es sich um ein Meeresaquarium mit Aufzucht und Krankenstation für Meeresbewohner aller Art handelt.
Da das für alle interessant ist, sagen sie begeistert zu. Er läßt es sich auch nicht nehmen, sie persönlich durch das Aquarium zu führen und die Fische und Pflanzen genau zu erklären. „Der größte Teil unserer Arbeit liegt aber in der Forschung!“ versichert er. Dann führt er sie zur Krankenstation, wo man sich liebevoll um die Patienten kümmert. Eine Meeres-schildkröte mit gebrochenem Bein, ein Delphin mit verletzter Schwanzspitze, ein weiterer mit Magenproblemen. Sogar ein Manati (Rundschwanzseekuh) mit einer verletzten Flosse ist da. „Diese Seekühe haben in
Florida leider immer wieder Unfälle durch rücksichtslose Motorboot Kapitäne, obwohl sie streng unter Artenschutz stehen. Aber alle Tiere, die hier landen haben das Glück, dass ihnen bestens geholfen wird, viele Andere haben dieses Glück leider nicht.“ Erzählte Lars betrübt. Einer der Tierärzte bittet Flo, ihm bei einer Operation an einem Delphin Weibchen zu assistieren. Sie soll, während eines kleinen Eingriffs, ständig für genügend Feuchtigkeit sorgen und ist begeistert, wie liebevoll hier mit den Tieren umgegangen wird. Anschließend lädt Lars seine Gäste noch zu einem Lunch zu sich nach Hause ein. Pia ist nach fast zwei Jahren wieder an dem Ort, der über ein Jahr ihr Zuhause war. Sie hat in diesem Haus mit dem großen Garten und dem Blick auf den Golf sehr gern gelebt. Giorgio meint: „Es ist schön zu sehen, wo meine Tochter sich so lange aufgehalten hat. Ich kann jetzt gut verstehen, warum Du von dieser Familie und dem Haus so geschwärmt hast.“
Nach dem Essen sitzen sie noch lange auf der Terrasse bei kalifornischem Wein zusammen und erzählen von Hamburg, dem verrückten Testament und ihrer Aufregenden Reise. Gegen sechs Uhr bringt ihr Gastgeber die Weltenbummler, nach einem herzlichen Abschied zurück an Bord. Frau Pettersson empfahl für den nächsten Tag noch das Ringling Museum of Art oder die Sarasota Jungle Gardens. Theresa meint: Ich würde am liebsten beides sehen, aber reicht die Zeit dafür?“ fragt sie Giorgio. „Na klar, mir geht es genauso, ich denke, wenn wir Morgen früh um 9 Uhr im Museum sind, können wir nach einem kleinen Lunch gegen Zwei Uhr im Jungle Garden aufschlagen. Vielleicht ein bisschen anstrengend, aber wir sind ja ausgeruht!“
So kommt es, dass alle pünktlich um neun Uhr im Museum sind. Hier werden über 600 Gemälde und Skulpturen ausgestellt. Es gehört zu den bekanntesten Museen in Florida. Giorgio ist vor allem von der moderneren Kunst angetan. Nach über drei Stunden verlassen sie das Museum ziemlich müde und verputzen, in einem typisch ameri-kanischem Restaurant, Hamburger. Dann machen sie sich per Taxi zum Jungle Garden auf und sind tief beeindruckt, von der üppigen Pracht und Vielfalt der Pflanzen und Tiere. Unzählige bunte Papageien schwirren ihnen um die Köpfe, Alligatoren, Schlangen und Flamingos vervollständigen das Bild.
Pia und Flo haben die Liebe zu Orchideen von ihrer Mutter geerbt und können sich an der Farbenpracht kaum Sattsehen.Gegen fünf Uhr ist bei Giorgio und Flo der Punkt erreicht, wo sie nicht mehr laufen können und dem Ausgang zustreben, um zurück zum Schiff zu fahren. Auch der Rest der Crew ist geschafft. Laurin verspricht, sie mit einem Gehaltvollen Abendessen wieder zu Kräften zu bringen.
Leinen Los heißt es am nächsten Tag, nachdem Flo und Max noch Proviant eingekauft haben. Der ganz wichtige Mann von der Hafenbehörde ist wieder zur Stelle und drückt seine Ausreisestempel in die Papiere. „Was bin ich froh, einen anständigen Beruf gelernt zu haben und nicht mein Leben mit der Schikane anderer Leute verplempern zu müssen!“ Giorgio steht, als Architekt öfter mit Behörden und deren, teils eigenartigen Vorschriften und unsinnigen Gesetzen auf Kriegsfuß. Sobald sie wieder die Segel gesetzt haben und nichts mehr hören, außer Wind und Wellen, ist aller Ärger vergessen.„In Fünf Tagen, also am 18.ten sind wir in New Orleans Bolle, also kann Dein Boss zufrieden sein!“ verkündet Giorgio.
Am Nachmittag gegen drei Uhr hat Theresa Ruderwache. Nach einer Weile ruft sie: „Was ist denn jetzt los? Das Ruder bewegt sich nicht mehr, Giorgio. Aber ich habe nichts gemacht, wollte nur leicht nach Steuerbord gehen, aber das verflixte Ruder bewegt sich nicht nach rechts und nicht nach links!“ Giorgio überprüft die Ruderanlage, kann aber auch nur feststellen, dass sich nichts mehr bewegt. „Segel einholen!“ ruft er und überlegt den Grund dafür. „Kann es sein, dass sich das Ruderblatt festgesetzt hat?“ fragt Pia. Giorgio schaut etwas ratlos auf den Steuerstand und hofft, dort eine Erleuchtung zu bekommen. Schließlich meint er: „Das ist eigentlich die einzige Möglichkeit. Vielleicht hat sich etwas verfangen. Wir müssen runter und nachschauen!“ Da Pia und Theresa sowieso ihre Bikinis an haben, stellen sie sich zur Verfügung. „Kinder, das ist nicht ungefährlich hier mitten auf dem Meer. Außerdem ist das Meer hier Hai verseucht. Ich möchte, dass nur die besten Schwimmer runtergehen und wer am besten Tauchen kann!“ „Mit den Haien haben wir doch Erfahrungen gesammelt, die bezirzen wir schon, Giorgio!“ ist Pia überzeugt. „Ihr habt Glück gehabt. Keiner weiß, was für Burschen sich hier tummeln und nicht alle Haie sind friedlich!“ Max schlägt vor: „Giorgio, was hältst Du davon, wenn Pia und ich tauchen. Flo uns vom Dingi aus unterstützt und die Hai Wache übernimmt?“ „So könnte es klappen. Also los, zieht Euch das Tauchgeschirr über und lasst das Dingi zu Wasser. Wenigstens ist der Wellengang heute harmlos. Nehmt ein Messer und eine Säge mit, da wir nicht wissen, was das Ruderblatt so eisern festhält. Einer von Euch Beiden taucht am besten vorweg um die Lage zu peilen und berichtet dann, um die richtigen Geräte mitzunehmen.
Theresa und Flo sind schon damit beschäftigt, die Badeplattform abzulassen, um das Dingi ins Wasser zu bringen. Pia will zuerst runter. Hat bereits ihre Tauchflasche überprüft und umgeschnallt. Auch Max ist startklar und hilft seiner Schwester vorsichtig ins Wasser zu gleiten. Sie muss ungefähr drei Meter tauchen um an das Ruderblatt zu kommen. Die Sicht ist gut, aber sie fühlt sich trotzdem nicht ganz wohl im Wasser, da sie hier keinen Grund sehen kann sondern nur in die nachtschwarze Tiefe blickt. Das Giorgio ihr gesagt hat, dass der Meeresgrund hier eine Tiefe von 1500 Metern hat, macht die Sache nicht besser. Aber sie überwindet ihre Beklommenheit und denkt nur: „Es muss ja gemacht werden, wenn wir weiter wollen.“ Als sie das Ruderblatt erkennen kann, sieht sie sofort, dass sich dort ein großer Teil eines alten Fischernetzes verheddert hat, so Gründlich, dass sie ohne Messer keine Chance haben. Unterdessen hält Flo mit ihrer Schnorchelbrille eifrig Ausschau nach Haien. Sie haben verabredet, wenn ein Hai auftaucht, würde sie den Dingi Motor anlassen. Das Geräusch kann man unten gut hören und sie sind gewarnt.Zurück an der Badeplattform berichtet Pia, was sie entdeckt hat. Max holt zwei große Sägemesser herbei, gleitet ebenfalls langsam ins Wasser und folgt Pia zum Ruderblatt der Catalina.
Das Netz ist so fest um das Blatt gewickelt, das sie Mühe haben, die einzelnen Seile zu lösen. Sie konzentrieren sich so auf ihre Arbeit, dass sie alles um sich herum vergessen. Plötzlich hören sie den Motor des Dingis und schauen erschrocken um sich. Pia entdeckt direkt unter der Oberfläche einen großen Hai, der sich offensichtlich dafür interessiert, was den hier los ist und neugierig bis auf zwei Meter Abstand heran kommt. Sie deutet ihrem Bruder, dass er weiter schneiden soll und sie die Deckung zum Hai übernimmt. Max ist nicht wohl dabei, aber er sagt sich, dass diese Arbeit gemacht werden muss, wenn sie hier nicht verschimmeln wollen. Die Hälfte haben sie bereits geschafft, als sie vom Hai gestört werden. Pia versucht mit ruhigen Bewegungen den Hai nicht aggressiv zu machen und stellt bald fest, dass der nur neugierig ist und offensichtlich keinerlei bösartige Absichten hegt.
„Du bist ein lieber Hai und nicht böse und hungrig bist Du jetzt auch nicht“ versucht Pia dem Hai ein zu suggerieren. Der dreht plötzlich ab, um gleich darauf wieder auf Pia zu zu schwimmen. Unmittelbar vor ihr dreht er sich auf den Rücken und schwimmt unter ihr durch. Da Pia, außer ihrem Bikini und den Sauerstoffflaschen auf dem Rücken, nichts anhat, fühlt sie an ihrem Bein schmerzhaft die raue Unterseite des Hais. Der dreht sich erneut und beäugt sie ausgiebig aus zwei Metern Abstand. Dann taucht er urplötzlich ab und ist in der Dunkelheit des Meeres verschwunden. Pia weiß nicht, ob sie weinen oder lachen soll. Sie ist unendlich erleichtert, dass diese Gefahr vorüber ist, aber findet die Begegnung mit diesem gefährlichen Räuber auch faszinierend und hat sie irgendwie genossen. Max der unbeirrt weiter an dem Fischernetz säbelt, ist jetzt fertig und hält die Reste als Trophäe vor sich. Beide machen, das sie zum Dingi kommen. Flo und der Rest der Mannschaft sind erleichtert, das nichts passiert ist.
„Mensch Pia, ich hab solche Angst um Euch gehabt, wie noch nie in meinem Leben!“ heult Flo vor Erleichterung, da sie alles aus nächster Nähe beobachtet hat. Max berichtet über ihre Erlebnisse unter Wasser und meint: „Wie Pia das mit dem Hai gemacht hat, war allererste Sahne. Der Typ war ja richtig verliebt in unsere Schwester. Na ja, bei dem knackigen Anblick auch kein Wunder. Das kann nur ein Männchen gewesen sein!“ meint er und sieht Pia voller stolz an. „Es ist schon toll, welche Ruhe Pia bei diesen Viechern ausstrahlt.“ staunt Max. Giorgio probiert sofort die Steuerung aus und ist sehr zufrieden mit dem Ergebnis. „Ich bedanke mich im Namen der Reederei und der ganzen Besatzung!“ ruft er fröhlich. Dann läßt er Segel setzen und die Reise geht weiter.
Am 18. Dezember, verkündet Giorgio gegen Mittag, dass sie in etwa vier Stunden New Orleans erreichen. Bolle ist einerseits glücklich, rechtzeitig wieder an seinen Arbeitsplatz zu kommen, andererseits auch unglücklich, da er bald von seiner geliebten Flo Abschied nehmen muss. „Ich werde heute Abend nochmal ein Abschiedsdinner kochen, mit allem drum und dran!“ verkündet Laurin gerade. Flo, der es ähnlich geht, malt sich die Zeit ohne Bolle gerade in den düstersten Farben aus, als ihr ein Gedanke kommt. „Wenn Du mit Deinem Überraschungsmenü fertig bist, werde ich Dir eine Überraschungsnacht bescheren, auch mit allem drum und dran!“ säuselt sie ihm verliebt ins Ohr. Bolle küsst sie vor Freude, schaut sich verlegen um, ob keiner das gehört hat. Er stellt entsetzt fest, dass Giorgio sie angrinst. „Keine Sorge, ich war auch mal jung und verliebt. Ich weiß also, wie das ist und wünsche Euch einen wirklich schönen, romantischen Abend!“
Der Hafen von New Orleans ist einer der größten der USA und zieht sich weit den Mississippi hinauf.
Sie bekommen einen Liegeplatz im nördlichen Innenhafen und müssen ein gutes Stück den Old Man River hochfahren. Auf Grund des Gewirrs von Kanälen und Hafenbecken, ist Giorgio erstmals froh, nach GPS fahren zu können. Nach über einer Stunde finden sie endlich den richtigen Liegeplatz, genau zwischen zwei Containerriesen. Sie fühlen sich zum ersten Mal mit ihrer Catalina richtig winzig, in Mitten der großen Pötte. Die Kaimauern sind hier so hoch, dass sie ebenerdig aussteigen können, was Giorgio überhaupt nicht begeistert, da dadurch jeder leicht an Bord kommen kann.Er ahnt schon, was jetzt kommt. Kaum hat er zu Ende gedacht, stehen auch schon zwei Uniformierte vor dem Schiff, klettern an Bord und spulen das gleiche Programm ab, wie in Sarasota.
Kolumbus darf wieder nicht von Bord. Als wenn er es Verstehen würde, bellt er die Uniformträger wütend an. Da sie aber schon US Stempel von Sarasota in ihren Papieren haben, geht es diesmal etwas schneller. Doch die gründliche Untersuchung des Schiffes lassen sich die Uniformierten nicht entgehen. Giorgio sieht auf die Rechnung mit den Liegegebühren und schluckt. „Die spinnen doch, die Ami´s, 1000 Dollar sollen wir hier pro Tag bezahlen. Das ist ja Wucher. Das mache ich nicht mit, dann werden wir Morgen früh wieder raus fahren, auf Reede liegen und fahren jeden Tag mit dem Dingi rein!“ schäumt er und funkelt die Beamten böse an. „Giorgio, schau noch mal genau hin. Das ist nicht pro Tag, sondern die Gesamtzahlung für die zehn Tage Liegezeit, die Du angegeben hast. Außerdem inklusive Steuern. Da kannst Du doch nicht meckern, oder?“ Giorgio sieht sich den Zettel genauer an und muss seinem Sohn Recht geben. „Na gut, hab ich mich halt zu früh aufgeregt. I´m so sorry.“ entschuldigt er sich kleinlaut bei den Behördenvertretern.
Das Abschiedsdinner, was Laurin gezaubert hat, ist Spitzenklasse. Als Vorspeise eine Kräutersuppe mit exotischen Gewürzen, als Hauptgang gibt es die Nationalspeise von New Orleans, Crawfish e´touffee. Das ist ein Fisch, Gemüseeintopf mit Flusskrebsen, Reis, Pfeffer, Chili und vielen Kräutern. Als Nachspeise fährt er selbstgemachtes Cassata Eis mit gebackenen Honigbananen auf. Giorgio überlegt: „Bolle, ich werde mit Deinem Boss reden müssen, damit er Dich freistellt. Auf so einen Spitzenkoch können und wollen wir nicht mehr verzichten!“ meint er scherzhaft. Flo schlägt sofort in die Kerbe ein und ruft: „Genau, Bolle soll an Bord bleiben und für uns Kochen!“ Dann hält sie inne und überlegt unsicher: „Aber, was soll ich dann machen. Fürs Kochen bin eigentlich doch ich zuständig?“ Pia und Theresa lachen sich schief, während Max versöhnlich vorschlägt: „Lass man Schwesterlein, bekoch` Du uns mal schön weiter. Du machst dass ja auch nicht schlecht. Wenn wir ab und zu mal unseren Starkoch einfliegen lassen, bleibt das was Besonderes!“ Flo läuft, angesichts des brüderlichen Kompliments, wieder zu alter Form auf: „Hast Du was ausgefressen oder warum bist Du plötzlich so nett?“ fragt sie Max.
Bevor es zu einem handfesten Geschwisterstreit ausartet, fragt Giorgio schnell dazwischen: „Was für ein Programm hat mein Herr Sohn denn für New Orleans
zusammengestellt?“ „Ich habe mir gedacht, dass wir auf jeden Fall French Quarter besuchen. Die Mädels wollen mit Sicherheit in die Bourbon Street wegen der Partys dort!“ „Ja und ich möchte unbedingt in den Garden Distrikt. Da kann man einen Hauch vom Winde verweht nachempfinden, weil es dort noch so viele tolle, alte Villen gibt. Außerdem sollten wir uns unbedingt einige der alten Jazzkeller reinziehen. Schließlich hat Louis Armstrong hier gewirkt!“ schlägt Theresa vor. „Ja und dann ist noch das New Orleans Museum of Art sehenswert und die North Carrollton Avenue. Danach hat Tennessee Williams sein Drama, Endstation Sehnsucht, benannt.“ ergänzt Max. „Hier gibt es doch diese bunten, alten Straßenbahnen. Hab ich mal in einem Film gesehen. Damit sollten wir unbedingt durch die Stadt fahren!“ macht Flo sich bemerkbar.„Da New Orleans die Welthauptstadt des Jazz ist, möchte ich auf jeden Fall davon einiges mitkriegen und nehme an, Theresa und Max auch?“ fragt Giorgio.„Ja aber dann ist da ja noch unsere Verlobung und Weihnachten und in drei Tagen kommen meine Eltern. Wir müssen noch einiges einkaufen und vorbereiten, ich glaub New Orleans wird ganz schön stressig!“ vermutet Theresa.
„Wie habt Ihr Euch eigentlich Eure Verlobung gedacht?“ will Pia wissen. „Mit Euch allen und meinen Eltern hier an Bord. Gemütlich und Romantisch. Wer hat schon die Möglichkeit, sich auf so einem Traumschiff zu verloben. Und am Abend wollen Mam und Pap´s Euch in das Hotel von Bolle zu einem festlichen Dinner einladen. Das ist dann gleichzeitig ein Weihnachts- und Verlobungsdinner!” erklärt die schon immer etwas praktisch veranlagte Theresa. „Gut dass ich das weiß. Dann kann ich ja auch meine kulinarischen Vorbereitungen treffen.“ meint Flo, schnappt sich gleich einen Block und schreib auf, was sie hierfür noch braucht. „Na, dann bin ich ja froh, dass wir hier 10 Tage bleiben, bei dem Riesenprogramm. Aber mir soll es Recht sein. In dieser Stadt kommt bestimmt keine Langeweile auf.“ verkündet Giorgio fröhlich. Flo sieht Laurin mit unschuldigem Blick an: „So, jetzt bin ich müde, komm Bolle, lass uns schlafen gehen. Du musst ja schließlich morgen wieder in Dein blödes Hotel!“ Sie steht auf und zieht ihn mit sich. „Ach ja, muss Liebe schön sein!“ verkündet Max und bekommt postwendend die passende Antwort von Theresa. „Wenn Du dass jetzt schon nicht mehr weißt, hinterlässt meine Liebe wohl keinen großen Eindruck bei Dir. Ich glaub, ich überlege mir das mit der Verlobung doch noch mal!“ funkelt sie ihn mit gespielter Empörung an. Max legt sofort seinen Arm um sie und küsst sie Leidenschaftlich. Dann flüstert er: „Ich glaub, wir sind auch müde!“ steht lächelnd auf und zieht Theresa sanft hinter sich her.
„Und wir beiden Singles genehmigen uns jetzt eine gute Flasche Wein!“ schlägt Giorgio Pia vor. Daraus wird seit langem mal wieder ein ausgiebiges und intensives Vater Tochter Gespräch. Giorgio fällt schon seit einiger Zeit auf, dass seine Älteste wesentlich ruhiger und stiller geworden ist. Er vermutet, dass Pia darunter leidet, dass ihre Geschwister tolle Partner gefunden haben und sogar schon an Familienplanung denken, während bei ihr noch niemand in Sicht ist.Sie sitzen auf dem Achterdeck und erzählen und diskutierten die halbe Nacht über die Liebe im Allgemeinen, Pias Beziehungen im Besonders, über die bisherige Reise, was sie noch erwarten würde und vieles mehr. Dieses Gespräch hat Beiden gut getan und sie schlurfen gegen zwei Uhr todmüde aber zufrieden in ihre Kajüten.
Am Morgen hat der Himmel seine Schleusen geöffnet. Es regnet in Strömen.
Laurin macht sich, noch ziemlich müde von Flo´s Überraschungsnacht, landfein und auf den Weg, seinen Dienst im Hotel Windsor Court in der Gravier Street anzutreten. Er hat ein Riesenglück, hier einen Job bekommen zu haben, da die Küche zu den besten der USA zählt und er hier noch viel lernen kann. Flo, aus dem selben Grund auch noch müde, sitzt mit mürrischem Gesicht daneben und denkt an die kommenden Wochen und Monate, ohne ihn. Er tröstet sie:„Solange Ihr hier noch vor Anker liegt, komme ich doch jeden Abend zu Dir und dann machen wir da weiter, wo wir aufgehört haben!“ lächelt er süffisant. „Das halte ich nicht durch.“ stöhnt Flo.
Da der Regen nicht weniger wird, beschließt Giorgio die Einkäufe für das Schiff, für Weihnachten und die Verlobung auf Heute vorzuverlegen. Es gibt genug Malls, wo wir unter Dach Shoppen können, erklärt er. Seine Crew fügt sich widerspruchslos. Giorgio hat für die Tage in New Orleans einen Van gemietet, so dass Einkäufe und Ausflüge kein Problem sind. Voll bepackt, mit Proviant, Geschenken und Deko Sachen für Weihnachten und die Verlobungsfeier, kommen sie Stunden später zur Catalina zurück. Es regnet den ganzen Tag, also ist es genau das richtige Wetter für Einkäufe.
Die nächsten beiden Tage verbringen sie mit Besichtigen der Stadt, insbesondere French Quarter und dem Museum of Art. Theresa, Max und Giorgio zieht es am Abend in die Jazzkeller, während Pia und Flo sich in verschiedenen Diskos austoben wollen. Da Flo noch keine 21 Jahre ist, haben sie am Eingang Probleme mit den Türstehern, die Pia aber mit ihrem verführerischsten Lächeln entkräften kann.Giorgio fühlt sich in seine Studentenzeit zurückversetzt, als er mit seinen Kommilitonen die Jazzbuden in Hamburg und Berlin unsicher gemacht hat. Besonders der New Orleans Style hat es ihm angetan. Die beinahe Verlobten sind nach dem klassischen Jazz genauso verrückt wie er.
Dann kommt der 22. Dezember und Theresa fährt mit Max zum Flughafen um ihre Eltern abzuholen. Das Flugzeug ist bereits vor einer halben Stunde gelandet, aber die Einreisekontrollen können, wie in den USA üblich, bis zu zwei Stunden dauern. Sie haben Glück, Theresa kann ihre Eltern bereits 10 Minuten später in die Arme schließen. Es gibt ein großes Hallo da sie sich zehn Monate nicht gesehen haben. Theresa will alles Neue über Hamburg hören und berichtet dann ausführlich über die Erlebnisse ihrer bisherigen Reise. Max quält sich unterdessen mit dem Van durch den dichten Verkehr Richtung Hafen und Catalina. Den Eltern verschlägt es die Sprache, als sie das Schiff sehen. Ihr Vater meint anerkennend: „Das ist ja vielleicht ein Pott, jetzt verstehe ich auch, warum Ihr alle so scharf darauf wart, diese Reise zu machen. Da hätte ich auch keine Sekunde gezögert. Mann, ist das eine Technik!“ staunt er. Frau Lauritzen interessiert sich mehr für den Salon, die Pantry und die Kabinen.
Sie beneidet ihre Tochter ein bisschen um diese tolle Reise. Alle haben viel zu erzählen und sitzen bis tief in die Nacht bei Kalifornischem Rotwein. Irgendwann trinken sie Brüderschaft. „Ich bin der Heinrich und meine bessere Hälfte hört auf den Namen Evelyn!“ verkündet Heinrich Lauritzen. „Wie Ihr alle heißt, weiß ich ja schon!“ Dann verabreden sie, die Weihnachtsfeier und die Verlobung am Nachmittag des 25. auf dem Schiff zu feiern und als Krönung am Abend ein festliches Dinner im Hotel Windsor Court zu veranstalten. Bolle hat von seinem Chef die Genehmigung bekommen, das Dinner im Hotel selbst auszurichten und Flo hierfür als Beiköchin zu engagieren.
Giorgio kommt am nächsten Tag strahlend mit einem echten Weihnachtsbaum zurück und erzählt, wie schwierig es im Land des unbegrenzten Plastik Kitsch ist, so etwas zu ergattern. Die Weihnachtsstimmung in der Stadt ist so ganz anders, als sie es von Deutschland gewohnt sind. Beschwingtheit und Fröhlichkeit ist hier das Motto, was bei 29° im Schatten und Wassertemperaturen von 27° natürlich nicht schwer fällt. Am Heiligen Abend fahren sie zu einem, in der nähe liegenden Strand und albern den halben Tag im Wasser herum. Bolle ist im Hotel, wegen der vielen Weihnachtsessen nicht abkömmlich, so dass Flo diese Nacht, zu ihrem Ärger alleine verbringen muss. Nachdem sie sich aus Überzeugung geweigert hat, den Traditionellen Truthahn auf den Tisch zu bringen, gibt es Abends ein üppiges Buffet mit überwiegend Vegetarischen und einigen Fischdelikatessen. Obwohl Giorgio und Max nicht unbedingt die größten Fan´s der vegetarischen Küche sind, schmeckt es den Beiden hervorragend gut.Langsam tragen die Bemühungen der Mädchen, die Fleischeslust der Männer zu reduzieren, Früchte. Evelyn Lauritzen hat ihrem Heinrich schon vor Jahren fleischlose Kost verordnet, seitdem fühlt er sich gesundheitlich deutlich besser und ist von vegetarischem Essen restlos überzeugt..
Am 25. beginnt die gemeinsame Bescherung stimmungsvoll unter dem echten Tannenbaum an Deck. Bei Pia, Flo und Giorgio kommt nun doch Wehmut auf, da alle an frühere Weihnachten mit Charlotte denken müssen.Max hat keine Zeit für trübe Gedanken, sonder fiebert seiner Verlobung entgegen. Nachdem die Geschenke ausgepackt und der Weihnachtspunsch eingeschenkt ist, erhebt er sich und fragt seine Theresa vor allen anderen feierlich: „Meine liebste Theresa, Du bist die Frau, die ich mir in meinen Träumen immer vorgestellt habe. Ich bin so froh, dass meine Träume mit Dir wahr werden. Du teilst so viele Interessen mit mir, hast dieselben Ansichten und Empfindungen, Du bist klug, humorvoll und wunderschön. Und, Du wäscht mir ab und zu, wenn ich über das Ziel hinaus schieße, auch mal den Kopf. Du hast noch so viele weitere, positive Attribute, die ich hier aber nicht alle nennen möchte. Das sind einige der Gründe, weshalb ich mich vor über zwei Jahren in Dich unsterblich verliebt habe und warum im Laufe der Zeit bei mir eine tiefe Liebe zu Dir entstanden ist. Mit Dir möchte ich mein weiteres Leben verbringen und alt werden. Darum frage ich Dich jetzt, Theresa, Juanita Lauritzen, willst Du meine Frau werden?“ Er fummelt verlegen ein kleines Kästchen aus der Hosentasche, klappt es auf und überreicht es seiner Liebsten.
Theresa steht auf, sieht verlegen in die Runde, während Tränen der Rührung in ihren Augen stehen. Dann blickt sie auf den Ring in dem Kästchen, sieht Max an und sagt mit leiser Stimme: „Max, ich liebe Dich. Ich habe Dich vom ersten Augenblick an geliebt und in der Zeit unserer Gemeinsamkeit ist meine Liebe zu Dir nur noch stärker geworden. Wir sind in dieser Zeit durch viele Prüfungen gegangen, die unserer Liebe aber nichts anhaben konnten. Mit Dir möchte ich eine Familie gründen und alt werden. Deshalb sage ich, Ja, Jaaa ich will!“ Sie fliegt ihm um den Hals und küsst ihn leidenschaftlich.
Die anderen sitzen, tief bewegt daneben. Pia, Flo und Evelyn haben ebenfalls Tränen in den Augen. Selbst Giorgio und Heinrich kämpfen mit ihren Gefühlen. Dann gratulieren alle den Verlobten und stoßen mit dem Weihnachtspunsch auf die Verlobung an. „Wann und wo wollt Ihr denn heiraten?“ fragt Heinrich, da er als Brautvater ja die Hochzeit ausrichten will. „Keine Angst Pap´s, Ihr müsst nicht um die halbe Welt fliegen um mich unter die Haube zu bringen. Max und ich haben vor, mit unseren Familien und allen Freunden in Hamburg zu heiraten, wenn wir in ungefähr zwei Jahren zurück sind. Auch mit der Nachwuchsplanung wollen wir uns Zeit lassen. Wir möchten erst mal einen anständigen Beruf haben, bevor wir Kinder in die Welt setzen. Wir müssen denen ja auch was bieten können!“ lacht sie. Dann drängt Giorgio zum Aufbruch in das Hotel Windsor Court um das, von Bolle und Flo kreierte Verlobungsmenü zu genießen.
Als sie dort ankommen, empfängt sie ein livrierter Butler und geleitet sie in einen festlich geschmückten Raum im Südstaatenstil. Dort ist eine ebenso festlich dekorierte Tafel aufgebaut.
Mit dem Essen hat Bolle sich, mit Flo´s Hilfe selbst übertroffen. Es gibt ein komplett vegetarisches fünf Gänge Menü, mit Zutaten, die niemanden Fleisch vermissen lassen und ihnen weitgehend unbekannt sind. „Viele unserer Zutaten kommen aus der Asiatischen Küche, wo man viel mehr vegetarisch isst, als bei uns oder hier in USA!“ erklärt er fachkundig. Zum Dessert wird noch eine gebackene Eisbombe serviert. Als der Restaurant Chef sich bei Herrn Lauritzen erkundigt, ob alles zu ihrer Zufriedenheit war, loben sie den Koch in den höchsten Tönen. „Thank you, we are very happy with our Bölle from Germany. He is a very good Cooker and the young Lady too!” lobt der Manager die Beiden in den höchsten Tönen. Flo strahlt mit Bolle um die Wette.
Nach dem Essen fahren sie zur Catalina zurück. Giorgio köpfte zur Feier des Tages eine Flasche Champagner. Die Eltern von Theresa erzählen witzige Anekdoten aus Mittelamerika, wo Heinrich beim Kaffeeinkauf oft zu tun hat. Später ziehen sich Theresa und Max diskret zurück. Flo ruft ihnen frech hinterher: „Ich wünsche Euch eine vergnügliche Verlobungsnacht. Treibt es nicht zu doll und denkt dran, dass ich nebenan wohne und meinen Schönheitsschlaf brauche!“ Heinrich lacht und meint: „Das Mädel ist richtig, die hat die Schnauze auf dem rechten Fleck!“ Außer dem Wachhabenden, in diesem Fall Giorgio, verschwinden alle bald in ihren Kojen.
Den darauffolgenden Tag verbringt Theresa mit ihren Eltern und Max mit einer ausgiebigen Stadtrundfahrt und Besuchen in verschiedenen Jazz Lokalen in French Quarter. Giorgio und Pia zieht es in das Museum of Art und anschließend in das
legendäre Café´du Monde. Flo will zuerst die Pantry aufklaren und sich dann gründlich ausschlafen, um sich am Abend mit ihrer Familie und den Lauritzens in der berühmten
Bourbon Street ins Party Getümmel zu stürzen.
Am folgenden Tag sind alle feiermüde und hängen schläfrig im Salon oder an Deck herum. Evelyn ist schon beim packen, da sie am nächsten Tag ganz früh am Flughafen sein müssen. Daher fällt die Abschiedsfeier am Abend relativ kurz, aber herzlich aus.„Ich weiß nicht, ob ich das jetzt zwei Jahre ohne Dich aushalte, Theresa!“ jammert Evelyn. Heinrich meinte dazu: „Ach lass mal Lienchen, wenn der Trennungsschmerz zu groß wird, fliegen wir einfach dahin, wo diese Seebären gerade sind, schließen unsere Tochter in die Arme und feiern kräftig wiedersehen!“
Flo hat sich mit Bolle ein letztes Mal in ihre Kabine zurückgezogen und sprechen intensiv über ihre Zukunft. Sie hat einen Moment überlegt, ihr Hobby kochen zum Beruf zu machen und Bolles Chef um einen Ausbildungsplatz zu fragen. Dann überlegt sie: „So aus Spaß zu kochen ist ja schön, aber wenn ich jeden Tag für Fremde kochen muss, verliere ich wahrscheinlich die Lust daran. Daher werde ich lieber einen anständigen Beruf lernen und später, wenn Du Dein Sterne Restaurant hast, mein Hobby bei Dir einbringen. So und nun will ich Dich noch ein letztes Mal vernaschen, denn daran verliere ich nie die Lust!“ meint sie und sieht ihn verliebt an.
Früh morgens um fünf fährt Max die Lauritzens zum Flughafen und verabschiedet sie, nicht ohne die mahnenden Worte seiner zukünftigen Schwiegereltern: „Pass bitte gut auf unsere Tochter auf und kommt gesund wieder nach Hamburg!“Später am Vormittag, nachdem sie noch ausreichend Sprit gebunkert, Giorgio die Hafengebühren bezahlt und die obligatorischen Stempel in den Ausreisepapieren sind, heißt es wieder „Leinen los und auf zu neuen Ufern“. Langsam löste die Catalina sich von der Kaimauer und biegt kurz darauf nach Steuerbord in den Mississippi ein. Nach einer weiteren Stunde erreichen sie den Golf von Mexiko. Der Käpt´n setzt alle Segel.
Es gibt nun eine lange Diskussion über ihre nächsten Ziele bis Giorgio entschlossen erklärt: „Ihr könnt machen was Ihr wollt, aber ich fahre keinen Hafen der USA mehr an. Diese völlig übertriebene Einreisekontrolle und die Überheblichkeit der Amis, anderen Völkern gegenüber, regt mich auf. Ich will nicht verallgemeinern. Es gibt auch viele nette und gebildete Amerikaner, aber dass Gros kommt mir ziemlich ungebildet und rücksichtslos vor. New Orleans und Sarasota sind ja schön, aber nun ist es Genug. Wir sollten jetzt über den Golf nach Yucatan segeln und uns dort die alten Majas, oder das, was von ihnen übrig geblieben ist, ansehen. Davon haben wir mehr und tun auch noch was für unsere Bildung, oder was meint Ihr?“ Giorgios Abneigung dem Amerikanischen Lebensstil gegenüber hat seinen Ursprung nicht bei den spät 68.ern, sondern kam eher aus den letzten 20 Jahren. Er ist seit vielen Jahren an der Börse und Finanzpolitik interessiert und hat selbst etwas Geld in Aktien angelegt. Er beobachtet schon lange, wie die Amerikaner immer hemmungsloser und aggressiver Finanz und Börsenmanipulationen im großen Stil betreiben, und so die Wirtschaft der ganzen Welt beeinflussen. Alles natürlich nur zum eigenen Profit und Vorteil. „Die ollen Majas haben mich schon immer interessiert, ich bin damit einverstanden!“ ruft Flo. Auch Theresa, Max und Pia erklären die Idee für gut.
„Also, dann Kurs Südsüdwest!“. „Ich schätze, dass wir für die 900 Seemeilen etwa sieben Tage brauchen, wenn Neptun mitspielt.“ „Das wird er schon, Du hast doch den besten Draht zu ihm!“ meint Flo fröhlich. Nach den vielen Feiern und Besuchen an Bord ist in den nächsten zwei Tagen groß reinemachen angesagt. Außerdem muss die Ankerwinsch (Die Ankerwinde ist eine Winsch zur Übertragung großer Zugkräfte) am Heck repariert und ein Wackelkontakt an der Segelhydraulik im Steuerhaus beseitigt werden. Nach zwei Tagen blitzt es wieder in allen Ecken. Der Käpt´n ist mit seinen “Männern“ sehr zufrieden. „Na dann kann das Neue Jahr ja kommen!“ ruft er und deutet damit an, dass heute Silvester ist. Der Rest der Crew hat das völlig vergessen. Flo überlegt sich entsetzt sofort ein Silvester Buffet.
Am Abend ist es um sie herum völlig dunkel. Weit und breit kein Schiff zu sehen, kein Stern am Himmel und auch der Mond hält sich versteckt. Pia und Theresa haben die Catalina bis über die Toppen geschmückt und hell erleuchtet. Flo hat ein köstliches Buffet vor dem Ruderhaus aufgebaut. Giorgio spendiert zur Feier des Tages karibische Fruchtcocktails und Champagner. Da das Meer relativ ruhig ist, können sie problemlos auf Deck feiern. Kurz vor Mitternacht hat der Himmel ein Einsehen, die Wolkendecke verschwindet und ein sichelförmiger Mond kommt zum Vorschein. Der wunderbare Sternenhimmel der Tropen wird sichtbar. Das Meer leuchtet jetzt silbern und schafft eine, kitschig schöne Atmosphäre. Max verschwindet unter Deck und kommt gleich darauf mit einer dunklen Holzkiste zurück. Nachdem sie sich Punkt zwölf gegenseitig Glück für das Neue Jahr und die weitere Reise gewünscht, und zu geprostet haben, holt Max vorsichtshalber die Segel ein. Dann öffnet er seine Kiste, zaubert etliche Feuer-werksraketen heraus, steckt sie in Flaschen und zündet sie, zur Begeisterung aller, an.
„Oh, ist ja toll, wo hast Du die denn her. Hast Du die etwa aus Hamburg mitgebracht?“ will Theresa wissen. „Nee, die habe ich in New Orleans gekauft. Ich denke ja schließlich mit.“ Die nächste Viertelstunde sehen sie sich verzückt das Feuerwerk an. Giorgio ist stolz auf Max, dass der darauf geachtet hat, vorher die Segel einzuholen und auch keine roten Feuerwerkskörper abzubrennen, da die auf dem Meer leicht für Seenot Raketen gehalten werden können. Plötzlich sehen sie ganz weit entfernt auf der Backbordseite einige bunte Raketen hochgehen, können aber das Schiff dazu nicht erkennen. „Na, so ganz allein sind wir also doch nicht!“ stellt Theresa beruhigt fest.
Der Wind kommt aus unterschiedlichen Richtungen, daher leider auch aus Süden und so müssen sie häufig kreuzen. Aber nach weiteren vier Tagen kommt am Nachmittag tatsächlich die Küste von Yucatan in Sichtweite.
Kapitel 20
20. Bananen und anderen Früchtchen
Eigentlich wollten sie nach Cancun, aber Reiseleiter Max hat entdeckt, dass Cancun heute nur noch Touristenrummel bedeutet. So segeln sie weiter. Da sie sich unbedingt die Maya Tempel von Tulum ansehen wollen, suchen sie dort einen kleinen Hafen, wo sie Ankern können. Ein solcher Hafen ist aber nicht in Sicht. An der Küste können sie jetzt über dem Strand die schöne Tempelanlage aufragen sehen, aber ankern können sie da nicht. „Wir werden noch um die kleine Landzunge da vorn herumsegeln, vielleicht finden wir dort einen Ankerplatz. Sonst müssen wir bis zur nächsten größeren Stadt und dort unser Glück versuchen!“ hofft Giorgio.
Kaum um die Landzunge herum, sehen sie nur dichten Dschungel. Davor einen wunderschönen weißen Sandstrand. „Also, werden wir so weit heranfahren, wie das Echolot es zulässt und dort ankern. Dann schippern wir mit dem Dingi an Land und sehen, ob es dort einen Weg zum Tempel gibt. Wenn nicht, fahren wir mit dem Dingi wieder um die Landzunge herum und entern den Tempel vom Strand aus!“ verkündet Giorgio. Da der Meeresgrund schnell flach wird, muss die Catalina bereits 200 Meter vor dem Strand ankern. Sie machen sich Landfein, entern das Dingi und tuckern Richtung Strand. Dort angekommen, stellt Pia schnell fest, dass es zwar einige Trampelpfade gibt, die aber nicht zum Tempel sondern in die entgegengesetzte Richtung führen. Zwischen Strand und Tempel ist nur dunkelgrüner, nahezu undurchdringlicher Dschungel. „Wir müssen zurück und den Wasserweg nehmen!“ ruft sie Giorgio zu. Also wieder rein ins Dingi und eine Viertelstunde um die Landzunge herum, zum Maya Tempel schippern. Als sie dann aussteigen und zu dieser alten Tempelanlage hoch blicken, sind sie fasziniert von dieser vollkommenen, uralten Architektur. Dieses alte Castillo besteht außer dem Castillo noch aus dem Tempel des herabsteigenden Gottes, dem Tempel des Windes und dem Tempel der Fresken. Auf drei Seiten ist die Anlage von einer hohen Mauer geschützt und nur zum Meer hin offen.
„Diese Anlage wurde von den Mayas um 1200 gebaut und ist die einzige Majastätte, direkt am Meer. Leider können wir nicht mehr alles besichtigen, da große Teile geschlossen sind, wegen Einsturzgefahr!“ erklärt Max. Aber dass, was noch zugänglich war, beschäftigt die Fünf bis zum Einbruch der Dunkelheit. Sie sind nicht allein. Touristen aus aller Welt stiefeln ebenfalls durch das alte Gemäuer, aber das tut der Begeisterung über diese alte Kultur bei Giorgio und seinen “Männern”, keinen Abbruch.
In völliger Dunkelheit schippern sie mit ihrem Dingi zurück zur Catalina, was gar nicht so einfach ist, da sie kaum die Hand vor Augen sehen können und eine Lampe natürlich vergessen haben. Der Mond versteckt sich wieder einmal hinter Wolken.
Pia kommt schließlich auf die Idee, nach Kolumbus zu rufen, in der Hoffnung, dass sein Gebell ihnen anzeigt, wo das Schiff liegt. Das klappt auf Anhieb. Giorgio fährt den Rest nur nach Gehör. Als sie endlich an Bord sind, vollführt Kolumbus wahre Freudentänze und tut so, als wenn sie ein Jahr weg waren. Sie sitzen, mit tropischen Drinks bewaffnet, an Deck und lassen die Eindrücke von Tulum auf sich wirken. Es ist stockdunkel. Nur auf dem Tisch brennt ein kleines Windlicht.
Max erzählt gerade spannend von der Blütezeit der Mayas. Flo und Pia finden seine Informationen über die verschiedenen Reiseziele schon seit einiger Zeit gar nicht mehr so blöd, sondern eigentlich hilfreich und interessant. „Großer Bruder, Du machst den Fremdenführer wirklich nicht schlecht. Durch Deine Infos kann man sich ein viel besseres Bild machen!“ lobt Flo gerade, als Theresa aufschreckt und leise ruft: „Seht mal, da drüben am Strand ist jemand, dort sind zwei Lichter.“ „Wer soll denn da sein, da ist doch nur Dschungel?“ fragt Max. Pia, die von allen die besten Augen hat, flüstert: „Mensch, da drüben liegt ein Boot vor Anker.“ Sie deutet auf eine etwa 15 Meter lange Motoryacht, die völlig unbeleuchtet, am anderen Ende der kleinen Bucht liegt und kaum zu erkennen ist. „Eigentlich kann das nur wieder irgendein zwielichtiges Gesindel sein. Wer treibt sich sonst mitten in der Nacht hier am Rande des Dschungels herum.“ vermutet Giorgio. „Da die Grenzen von Honduras, Guatemala und Nicaragua nicht allzu weit weg sind, können das durchaus Schmuggler sein. Oder es sind harmlose Fischer, die sich aufs Nachtangeln vorbereiten!“ überlegt er weiter. Flo ist wieder in ihrem Element und flüstert aufgeregt: „Es ist doch unsere Bürgerpflicht, da mal nachzuschauen. Wenn es wirklich Verbrecher sind, müssen wir die Polizei zu holen, oder?“ Pia, die sich von ihrer Schwester anstecken läßt, überlegt schon weiter: „Wir können mit unserem Schlauchboot rüber paddeln, das macht keinen Lärm. Und dann schleichen wir uns vorsichtig am Strand entlang zu den Lichtern!“
„Ihr habt wohl zu viel Sonne abgekriegt. Dadurch ist Euer Gehirn verschmort. Habt Ihr von solchen Leuten immer noch nicht genug. Denkt doch mal an Recife!“ schimpft Giorgio. „Dass hier ist doch was ganz anderes, Giorgio. Hier haben wir das Überraschungsmoment auf unserer Seite und tun vielleicht auch noch ein gutes Werk!“ widerspricht Flo ihrem Vater. „Vielleicht ist das ja auch nur ein Liebespärchen, was mal allein sein will?“ überlegt Theresa. „Oder es wird jemand entführt, vielleicht sind das auch Mädchenhändler, oder es steckt jemand in Schwierigkeiten, da müssen wir doch helfen.“ wirft Max ein. Giorgio passt die ganze Diskussion nicht, aber so ganz kann er die Argumente seiner Kinder auch nicht wegwischen. Er überlegt, wie man mit dieser Situation am besten umgeht. Theresa, die die ganze Zeit die Lichter am Strand beobachtet, stellt fest, dass sie sich nicht verändert haben.
Nach einer Weile hat Giorgio einen Entschluss gefasst und sagt: „Also gut, gehen wir dem Geheimnis auf den Grund. Aber leise und vorsichtig, damit nicht anschließend wir in Schwierigkeiten stecken. Vier Mann paddeln rüber. Einer bleibt beim Schlauchboot, die Anderen schleichen sich vorsichtig und leise zu den Lichtern. Bleibt im Schutze des Dschungels, aber passt auch auf eventuelle Schlangen oder sonstiges Viehzeugs auf. Ihr nehmt Sprechfunkgeräte mit und gebt sofort Bescheid, wenn Ihr was entdeckt habt. Ich bleibe hier und rufe über Seefunk die Küstenwache oder die Polizei, wenn es nötig wird. Oder, wenn alle Stricke reißen, kann ich auch noch mit dem Dingi kommen. Max, Du leitest die Aktion drüben. Du Theresa bleibst beim Schlauchboot und passt auf, dass Dich und das Boot niemand sieht!“ Er macht eine Pause und überlegt weiter: „Pia und Flo, Ihr spielt nicht die Helden, sondern folgt den Anweisungen Eures Bruders. Der hat immerhin Erfahrung in Vaterlands Verteidigung. Passt um Himmels Willen auf und bringt nicht Euer eigenes Leben in Gefahr!“ Gibt Giorgio seine Anweisungen.
Pia und Max machen bereits das Schlauchboot klar, während Theresa und Flo sich vorsichtshalber noch dunkle Sachen anziehen, um nicht aufzufallen. Pia verhüllt ihre blonden Haare mit einem schwarzen Tuch, hat schwarze Jeans und ein schwarzes T- Shirt an. Max eine dunkle Hose und ein schwarzes Hemd übergezogen. Alle Vier klettern jetzt in das Boot und paddeln leise Richtung Strand. Giorgio ist absolut nicht wohl bei der Sache und fragt sich, ob es nicht besser gewesen wäre, er wäre allein, oder nur mit Max rüber gefahren. Aber die Mädchen so allein auf der Catalina zurück lassen ist auch nicht gut. Ich hoffe, dass alles ganz harmlos ist, sagt er sich selbst.
Die Vier sind jetzt am Strand angekommen und halten sich im Schatten der Felsen am Ufer. Theresa zieht das Boot zwischen zwei kleine Felsen und versteckt sich ganz in der Nähe so, dass sie den ganzen Strand überblicken kann. Pia, Flo und Max laufen schnell zum Rand des Dschungels und dann so vorsichtig und leise wie möglich Richtung Westen. Theresa kann sie schon nach ganz kurzer Zeit nicht mehr erkennen.Giorgio hat ihnen vorsichtshalber Waffen und Messer mitgegeben, damit sie sich im Notfall verteidigen können.
Nach ungefähr fünf Minuten kommen die Drei den Lichtern näher und erkennen, dass es zwei Fackeln sind, die im Sand stecken. Von Menschen keine Spur. Max schleicht sich, soweit wie möglich heran. Er deutet seinen Schwestern an, zurückzubleiben und auf sein Zeichen zu warten. Dann sieht er kurz vor sich einen schmalen Trampelpfad, der in den Dschungel führt und entdeckt dort frische Fußspuren. Er winkt Pia und Flo. Eine halbe Minute später sind beide völlig geräuschlos neben ihm. Pia will gerade die Fußspuren genauer untersuchen, als sie aus dem Dschungel heraus Stimmen hören, die langsam näher kommen.
Es müssen mehrere Männer sein. Max schätzt die Entfernung auf höchstens 50 Meter. Flo, Pia und Max weichen in das Gestrüpp zurück und warten auf die Männer. Sie sind froh, dass es so dunkel ist. Auch die Catalina ist von hier nicht zu erkennen.
Es dauert jedoch noch mindestens drei Minuten, bis die Männer den Strand betreten.
Flo zählt fünf Männer, die zwei große Kisten und drei dicke Plastiksäcke schleppen und ganz vorn an der Wasserkante ablegen. Zwei der Männer haben automatische Gewehre über der Schulter. Da sie sich jetzt im Schein der Fackeln aufhalten, kann Pia die Kerle gut erkennen und flüstert Max und Flo zu: „Die sehen ganz schön unheimlich aus, mit ihren Knarren. Um diese Zeit gehen die mit Sicherheit keiner sauberen Arbeit nach.“ Die Männer fühlen sich völlig unbeobachtet und unterhalten sich laut auf Spanisch. „Flo, schleich Dich vorsichtig zurück und hol Theresa, damit sie übersetzen kann. Das Boot können wir im Moment allein lassen. Wir müssen wissen, was die reden. Bitte sei vorsichtig aber beeile Dich trotzdem.“ Flo robbt vorsichtig denselben Weg zurück und hat Theresa bereits drei Minuten später erreicht. Sie schleicht sofort mit ihr zurück zu Max und Pia.
Die Kerle warten offensichtlich auf irgendwas. Max vermutet, dass dieses Etwas vom Meer kommen würde. Theresa kann gut verstehen, was die Männer erzählen und übersetzt sofort. „Die warten auf ein Boot, was um Mitternacht hier sein soll. Der da hinten links erzählt, dass seine Frau ihn nervt und er sie am liebsten um die Ecke bringen würde. Sein Kumpel daneben meint, dass er das doch ruhig machen soll, Weiber gäbe es doch genug. Die Zwei da vorn unterhalten sich über die Qualität des Stoffes, der ihnen diesmal wesentlich besser gelungen wäre, als beim letzten Mal..
„Also doch. Wir haben es hier mit Drogenschmugglern zu tun. Ich Wette, dass irgendwo da hinten im Dschungel ein Labor ist, wo sie den Mist herstellen. Aber fünf Mann, mit Automatischen Waffen, sind für uns ne Nummer zu groß. Wir wissen nicht, was da noch vom Meer her kommt.“ flüstert Max. „Pia schleich Dich soweit zurück, dass Du Giorgio informieren kannst und die Kerle das Knacken des Sprechfunks nicht mitkriegen. Nimm Flo mit und wartet in der Nähe unseres Bootes. Theresa und ich bleiben noch hier auf dem Horchposten, in der Hoffnung noch mehr zu erfahren und um auch das Boot zu sehen, auf dass die Kerle offensichtlich warten.“ bestimmt Max. Flo und Pia verschwinden lautlos im Dschungel. Als Giorgio endlich das Sprechfunkgerät hört, antwortet er sofort und ist gespannt, was Pia und Flo zu berichten haben. „Also habt Ihr doch den richtigen Riecher gehabt. Ich werde sofort die Küstenwache verständigen und melde mich dann wieder!“ flüstert Giorgio.
Max und Theresa kauern im hohen Gras am Rand des Dschungels und beobachten die Schmuggler. Plötzlich hören sie ein leises Brummen, was schnell lauter wird. Sehen können sie nichts aber das Brummen wird lauter und kommt näher. Dann erkennt Theresa ein großes Luftkissenschiff, welches sich langsam auf den Strand direkt vor ihnen schiebt. Das Brummen erstirbt. Eine gespenstische Stille macht sich breit. Aber nur kurz, den die fünf Männer vor ihnen, versuchen jetzt mehrere Leitern, die bis dahin im Dickicht versteckt waren an das Schiff anzulegen. Dort wird eine große Luke geöffnet und heraus treten drei weitere Männer, die von den Kerlen am Strand freudig begrüßt werden.
„Was sagen die?“ will Max wissen. „Der Eine, oben an der Reling will wissen, wie viel sie diesmal laden können. Der Große hier am Strand ruft ihm zu, “Rund 500 Kilo kannst Du mitnehmen.” Dann ruft der oben zurück, dass er, wie immer einen Aktenkoffer mit fünf Millionen Dollar für die Kerle am Strand dabei hat. Max bekommt es jetzt doch mit der Angst, weil ihm klar wird, dass diese Verbrecher, angesichts der größe dieses Deals keinerlei Hemmungen hätten, sie zu töten, wenn sie hier entdeckt würden. „Lass uns schnell hier verschwinden aber vorsichtig und leise.“ raunt er Theresa ins Ohr. Er schiebt sie vor sich her und achtet sehr darauf, keinerlei Geräusche zu machen. Dieser Rückzug ist keine Sekunde zu früh. Einer der Männer geht direkt auf die Stelle zu, an der sie vor ein Paar Sekunden noch gekauert haben und pinkelt dort ins Gras. Theresa und Max liegen einige Meter weiter flach auf dem Boden. Theresa betet inständig, dass jetzt nicht noch eine Schlange aufkreuzen möge. Der Kerl ist zum Glück gedanklich zu sehr abgelenkt und achtet nicht weiter auf das niedergetrampelte Gras.
Eine Minute später dreht er sich um und geht zu seinen Kumpanen zurück. „Los, weg hier!“ Max hilft Theresa hoch und beide laufen geduckt zurück zum Schlauchboot, wo Pia und Flo warten. „Wir können jetzt nicht zur Catalina zurück. Wenn das Schiff wieder ablegt und vielleicht einen Scheinwerfer anmacht, sehen sie uns in dem Boot. Das wäre unser Ende.“ Erklärt Max. In diesem Moment knackt der Sprechfunk und sie hören Giorgios Stimme. „Ich habe mit der Mexikanischen Küstenwache gesprochen. Die sind sehr interessiert daran und schicken zwei Schnellboote mit je 30 Männern. Sie brauchen ungefähr 20 Minuten bis hierher. Habt Ihr Neuigkeiten, die ich noch weitergeben kann?“ fragt er. „Ja, wir haben es mit gefährlichen Drogendealern zu tun und haben uns sicherheitshalber zurückgezogen, trauen uns aber nicht mit dem Schlauchboot zu Dir zu kommen, da wir dann entdeckt werden können.“ berichtet Theresa. Dann erzählt Sie Giorgio alles, was sie gehört und gesehen hat. „In Ordnung. Bleibt versteckt, bis die Küstenwache die Lage unter Kontrolle hat.“ flüstert Giorgio und ruft nochmal die Küstenwache, um die neusten Infos weiterzugeben. Er hofft, dass die Gangster die Catalina nicht doch noch entdecken und alles ein böses Ende nehmen würde.
Selbst von ihrem Versteck aus können sie die Kerle noch hören, aber Theresa versteht nicht mehr, was gesprochen wird. Dass die Ganoven die schweren Kisten mit Hilfe von Seilen an Bord des Luftkissenschiffes wuchten, können sie schwach erkennen, da die Szene jetzt gut beleuchtet ist. Sie fühlen sich offensichtlich völlig sicher, was Theresa zu der Frage bringt: „Wenn die sich so sicher fühlen, kann es da nicht sein, dass die Polizei oder die Küstenwache mit denen unter einer Decke steckt, oder ist das nur Dummheit?“ Max gibt die Frage sofort an Giorgio weiter.
„Da könnte Theresa sogar Recht haben, ich hab mich schon gewundert, dass der Typ am anderen Ende keine genauen Koordinaten abfragt, so als wüsste er genau, wo das gerade passiert!“ Giorgio schießen jetzt tausend Gedanken durch den Kopf. Vor allem, wie er seine Familie am schnellsten aus der Gefahrenzone bringen kann. Dann gibt er knappe und präzise Anweisungen. „Lasst sofort das Schlauchboot zu Wasser, klettert rein und kommt so schnell wie möglich hier her. Am Besten, Ihr legt oder hockt Euch ins Boot um auf der Wasseroberfläche möglichst wenig sichtbar zu sein. Sobald Ihr hier seid, werden wir so geräuschlos wie möglich, die Kurve kratzen. Da die Ankerketten schon die ganze Zeit stramm gespannt sind, heißt dass, das wir eine ablandige Strömung haben und daher ohne Motor aufs Meer kommen. Wenn der Himmel weiter so Wolkenverhangen bleibt, können wir Glück haben, dass die Ganoven uns nicht sehen und wir vor Eintreffen der Küstenwache über alle Berge sind. Also beeilt Euch!“
Die Mädchen und Max holen sofort das Boot aus dem Versteck und kauern sich tief auf den Boden, sodass sie in der Dunkelheit kaum zu erkennen sind. Nur die Hände mit den Paddeln schauten raus und die Nasenspitze von Flo, die am Bug den Kurs angibt. Nach drei Minuten sehen sie unmittelbar vor sich die Konturen der Catalina aufragen. Flo ruft leise: „Giorgio, wir sind da.“ Sie hieven das Boot sofort auf die Badeplattform, während Pia und Max zum Bug rennen um Giorgio beim Aufholen der Anker zu helfen. Sie müssen verdammt aufpassen, das die Ankerketten nicht laut rasseln. Wie er vorausgesagt hat, bewegt sich die Catalina sofort Seewärts. Je weiter sie vom Land wegkommen, um so stärker wird die Strömung. Da es an Bord völlig still ist, können sie zehn Minuten später das Geräusch von einem starken Schiffsmotor hören. „Das wird das Schiff der Küstenwache sein. Eigentlich wurden ja zwei Schiffe angekündigt. Also irgendwas stimmt da nicht!“ meint Giorgio.
In dem Moment erhellten starke Suchscheinwerfer die ganze Bucht. Das Luftkissenschiff und ein zweites, dunkles Schiff, sind noch schwach zu erkennen. „Was bin ich froh, dass wir da weg sind. Spätestens jetzt hätten die uns gesehen!“ Pia ist sichtlich erleichtert. Sie sind schon soweit entfernt, dass sie von dem Lichtkegel nicht mehr erfasst werden, aber noch nicht weit genug, um die Motoren anzulassen. „Setzt alle kleinen Hilfssegel, die zeichnen sich nicht so stark gegen den Himmel ab und unterstützen die Strömung.“ Ordnet der Käpt´n an. „Es kann ja alles ganz harmlos sein, aber merkwürdig ist es dennoch. Da die Korruption gerade hier eines der größten Übel ist, sind wir lieber vorsichtig. Zum Glück habe ich in der Aufregung vergessen, den Schiffsnamen zu nennen. Sie haben mich auch nicht danach gefragt, also sind wir nicht so schnell zu identifizieren.“ hofft Giorgio. Weitere zehn Minuten später riskiert er, die Motoren anzulassen und gibt Kurs Westwestsüd bekannt.
„Unser nächstes Ziel ist Puorto Barrios in Guatemala!“ bestimmt er. Von der Küstenwache oder den Schmugglern ist nichts mehr zu sehen und zu hören. Giorgio meint: „Wir werden uns nicht mehr melden, gerade hier in Mexiko ist der Drogenschmuggel viel zu gefährlich. Ich möchte uns da nicht mit reinziehen. Entweder es ist harmlos, dann sitzen die Gangster, dank unserer Hilfe jetzt fest und das Drogenlabor wird ausgehoben, oder aber die Küstenwache macht gemeinsame Sache mit den Ganoven. Dann wären wir in größter Gefahr gewesen. Das ist es sicher nicht wert. Sollen die doch selber sehen, wie sie klar kommen!“ Vor allem, die Mädchen registrieren eigentlich erst jetzt, in welcher Gefahr sie waren. Flo macht spontan für alle einen Beruhigungstee. „Wenn ich daran denke, was wir in den letzten Monaten schon für Gangster erlebt haben, reicht´s mir eigentlich!“ meint Pia. „Wir werden den Rest der Nacht durchfahren und sind dann am nächsten Abend hoffentlich in Guatemala, es sind ungefähr 280 Seemeilen. Je weiter wir von Tulum weg sind, umso besser,“ überlegt Giorgio. Er und Flo Übernehmen die ersten zwei Stunden die Wache. Max und Pia wollen die nächsten zwei steuern. Giorgio schärft ihnen ein, außerhalb der zwölf Meilen Zone zu bleiben. Theresa bietet sich an, da sie keine Wache mehr schieben muss, das Frühstück zu machen. Bereits am Nachmittag erreicht die Catalina das Guatemaltekische Hoheitsgebiet und bekommt einen Liegeplatz im Hafen von Puerto Barrios zugewiesen.
Es ist ein Naturhafen in der Bucht von Bahia de Amatique. Der einzige Hafen an der Ostküste von Guatemala. Er liegt in einem Tropischen Umfeld, mit vielen Palmen und blühenden exotischen Bäumen Sie machen an einer langen, ins Meer ragenden Mole fest und staunen über die fünf großen, weißen Schiffe auf der anderen Seite der Mole. Reiseleiter Max klärt die Unwissenden sofort auf: „Puerto Barrios ist der größte Hafen in der ganzen Gegend für Bananenumschlag nach Europa und Nordamerika. Die weißen Kähne sind also alles Bananendampfer.“ Er entdeckt auch gleich ein Schiff einer Hamburger Reederei, die sich auf Bananentransport spezialisiert hat und ihnen genau gegenüber liegt. Auf ihrer Seite der Mole ist die Catalina allein, wenn man von zwei kleinen Hafenschleppern absieht. Auf dem Kai gibt es ein lebhaftes Gewusel. Teilweise werden die Bananenstauden noch lose verladen, Teilweise bereits in Kühlcontainern. Kräne schwenken hin und her und der ganze Kai ist voll gestellt mit Bergen von Bananenstauden und Containern, dass sie Mühe haben durchzukommen.
Max hat als Besichtigungsprogramm die Maya Ruinen von Quirigua und die alte spanische Festung Castillo de San Felipe de Lara in Rio Dulce vorgeschlagen. „Das Riesenreich der Mayas zog sich immerhin von Yucatan über ganz Mittelamerika bis nach Peru hin, also sollten wir uns nach Möglichkeit schon etwas mehr ansehen, als nur einen Tempel. Und wie die ollen Spanier gelebt hatten, als sie die Mayas überfallen haben, ist auch einen Besuch wert oder?“ Max sieht in die Runde. „Ist ja gut Brüderchen, machen wir ja. Ist schon toll, wie Du um unsere Bildung besorgt bist.“ spottet Flo. Also holt Giorgio am nächsten Tag wieder mal einen Mietwagen. Die Maya Ruine sind ganz in der Nähe, schon etwas verfallen, aber verschaffen ihnen dennoch einen interessanten Einblick in ihre Mystische Lebensweisen.
Die spanische Festung ist 10 Kilometer weiter auf einem Felsen, hoch über dem Meer. „Hier wird man direkt zurück versetzt in die Zeit der Eroberer und kann sich vorstellen, wie die Spanier zur Landseite versuchten die Mayas zu bezwingen und zur Meeresseite sich gegen Seeräuber verteidigen mussten.“ staunt Pia. „Die Seeräuber kamen erst später, als in Europa bekannt wurde, dass hier viel Gold zu holen war. Eigentlich waren die spanischen Eroberer auch nichts anderes als Piraten. Sie haben die Mayas überfallen, getötet und ihr Gold geklaut!“ verbessert Giorgio. Auf dem Rückweg machen sie einen kleinen Umweg durch eine hügelige, abwechslungsreiche Landschaft. Sie fahren Größtenteils auf unbefestigten Straßen.
Am Nachmittag bummelt die Crew noch ein bisschen durch Puerto Barrios, suchen sich dann ein Restaurant und wollen die typische Guatemaltekische Küche kennenlernen. Der Wirt, fast so breit wie lang, brachte ihnen eine riesige Platte Enchiladas mit Käse und Hühnchen Füllung, dazu die hier obligatorischen Frijoles, schwarze Bohnen, Avocados und Güisquil, das ist ein Gemüse, was man nur in Mittelamerika kennt. Zu trinken gibt´s Atoles, ein Gebräu aus Mais, Reis und Kochbananen, was Giorgio und Max sehr gewöhnungsbedürftig finden und sich doch lieber „Dos Servecas“ bestellen. Den Mädchen aber schmeckt es. Am Morgen darauf ergänzen Giorgio, Theresa und Flo im Supermercado und auf einem kleinen Gemüsemarkt ihre Vorräte. Sie schleppen gleich eine ganze Staude Bananen an. Kurze Zeit später stürzt Theresa aufgeregt an Deck und ruft: „Ich habe gerade den Mexikanischen Sender Radio Yucatan gehört. Die berichten von der Zerschlagung eines großen Drogenkartells in der Nähe von Tulum. Die haben ein Drogenlabor ausgehoben, über acht Tonnen Stoff sichergestellt, etliche Millionen Dollar gefunden, zwei Yachten beschlagnahmt und zwölf Ganoven verhaftet. Das soll einer der größten Drogenfunde der letzten Fünf Jahre sein. Von uns haben die kein Wort gesagt!“
„Das ist auch gut so. Kein Mensch weiß doch, ob dass alle Ganoven waren oder ob noch welche frei rumlaufen und sich dann womöglich an uns Rächen wollen. Dass sollen die Mexikaner schön unter sich ausmachen. Aber Ihr könnt stolz auf Euch sein, dass letztendlich Ihr diese Kerle entdeckt und zur Strecke gebracht habt. Die können jedenfalls kein Unheil mehr über die Menschheit bringen!“ Giorgio ist sichtlich erleichtert und froh, sich doch in der Mexikanischen Küstenwache getäuscht zu haben. „Als nächsten Hafen möchte ich La Ceiba in Honduras anlaufen. Max vielleicht kannst Du was darüber raus kriegen!“ hofft Giorgio. „Ay ay Sir“ flötet Max und schnappt sich seinem Computer zur Recherche. Theresa hilft ihm, da alles nur auf spanisch ist. Sie segeln etwa drei Meilen vor der Küste und können gut erkennen, dass sich dichter Regenwald mit steilen Felsen und Bergen abwechselte. Dazwischen weiße Traumstrände, die völlig Menschenleer sind. Eine tolle exotische Landschaft.
Theresa und Max haben einige Vorschläge ausgearbeitet: „Also Leute, es gibt dort ein sehenswertes Schmetterlings Museum und mehrere Nationalparks. Der Interessanteste ist wohl der Pico Bonito Nationalpark mit tropischen Regenwäldern, gemäßigten Klimazonen in den Bergen, die bis 2500 Meter hoch sind. Außerdem tolle Wasserfälle, ähnlich wie auf Jamaika und eine intakte Tier und Pflanzenwelt!“ erklärt Theresa. „Und wie geht das, kann man da mit dem Auto hin oder müssen wir alles zu Fuß latschen?“ will Flo wissen.„Die haben schon darauf geachtet, dass Du Dich nicht überanstrengst Flo. Selbstverständlich kann man mit Auto oder Bus dahin fahren. Es gibt verschiedene Parkplätze. Du kannst Dir die Stellen für Fußkranke, die Dich interessieren, selber aussuchen,“ spöttelt Theresa. Max fügt hinzu: „Die Stadt selbst ist ein bekannter Badeort mit schönen Stränden. Einen richtigen Hafen haben die nicht.
Höchstens eine Mole. Wir werden wohl wieder auf Reede liegen müssen.“ „Also, so ein richtiger Regenwald, mit tropischen Tieren und Pflanzen interessiert mich schon.“ verkündet Pia. Flo und Giorgio schließen sich ihr an. „Gut, wir werden heute Abend auf Reede liegen und Morgen in den Nationalpark aufbrechen. Morgen Abend gehen wir an Land essen, damit die arme Flo nach ihrem anstrengenden Fußmarsch nicht auch noch kochen muss. Übermorgen ziehen wir uns noch das Schmetterlings Museum rein und fahren danach weiter!“ verkündet der Capitano. Früh am nächsten Morgen brechen sie mit ihrem Dingi auf. An einem kleinen Steg machen sie fest und gehen Richtung Zentrum. Bald finden sie eine große Busstation, wo Theresa nach einer Busverbindung in den Nationalpark fragt.
Der Fahrer erklärt, dass sie bei ihm richtig sind und läßt sie einsteigen. Zehn Minuten später fahren sie durch eine Typisch mittelamerikanische Kleinstadt, mit vielen bunten Holzhäusern, viel Verkehr und noch mehr Hektik. Nach weiteren zehn Minuten schraubt sich der Bus langsam die Hügel hinauf. Felder und Äcker werden seltener, der Regenwald dafür dichter. Eine gut ausgebaute Sandpiste führt schnurgerade durch die Bäume hindurch. Nach etwa zehn Kilometern kommen sie auf eine Lichtung mit mehreren Holzhäusern und einem großen Parkplatz. Hier ist die Verwaltung des Nationalparks, die Information, eine Erste Hilfe Station, Restaurant, der obligatorische Souveniershop, und ein kleines Tierkrankenhaus. Verschiedenen Tourenvorschläge sind auf einem quitschgelben Schild aufgemalt. Die Weltenbummler verschaffen sich einen Überblick, was sie sich ansehen wollen. Sie entscheiden sich für eine geführte Regenwaldtour mit einem Ranger. Diese Tour soll vier Stunden dauern. Wenn sie dann noch Lust haben, wollen sie noch zu den großen Wasserfällen und haben diesmal vorsichtshalber auch Badezeug dabei.
Sie erwischen einen netten, blonden und großgewachsenen Ranger, der nachdem er hört, dass sie deutsch sprechen ruft: „Ick werd varrückt. Ihr seid ja aus Deutschland. Det ham wa hier nich so oft. Ick bin aus Balin und leb schon über 20 Jahre hier. Wat macht Ihr denn hier und woher kommt Ihr?“ „Wir sind aus Hamburg, aber groß geworden bin ich auch in Berlin!“ Giorgio erzählt dann von ihrer Weltreise und will anschließend wissen, was ihn hierher verschlagen hat. „Also, ick bin der Otto und Ihr könnt Du zu mir sajen. Ick bin früh von zu Hause wech, war früher Ranger in Kanada und hab da meene Olle, äh ick meene Frau kennen jelernt. Die is von hier. Ja und denn hab ick den Job hier jekriecht, bei der Parkverwaltung und det macht mir schon vielle Spaß. Jeder Tach is hier anders. „Haben Sie, äh ich meine Du denn kein Heimweh nach Berlin?“ erkundigt sich Pia. „Ne eijentlich nich, aber ick fahre alle zwee Jahre nach Deutschland und besuche die bucklige Verwandtschaft,“ lacht er.
Dann hat er sie in dem großen Jeep verstaut und kurvt los. Jetzt geht es nur noch über schmale, holprige Sandpisten. Ottos Gäste werden ordentlich durchgeschüttelt. „Zuerst fahrn wa mal zu ner Stelle, wo et denn nur noch zu Fuß weiterjeet. Aber keene Angst, det wird keene jroße Wanderung. Ick zeich Euch ne Stelle, wo die Papageien und Affen leben, mit nem kleenen Wasserfall, det is richtig paradiesisch da!“ schwärmt er. Eine viertel Stunde später haben sie das Ziel bereits erreicht und klettern aus dem Jeep,„Na denn folcht mir ma unauffällich!“ lacht Otto, der jetzt auch mit Sprechfunk und Machete bewaffnet ist.
Der Weg wird zum Pfad, der allerdings gut zu gehen ist. Die Pflanzen am Boden reichen bis dicht an den Weg heran und stehen so eng beieinander, dass der Boden kaum zu erkennen ist. Die Etage darüber beherbergt höhere Sträucher und kleine Bäume. In der obersten Etage spannen die großen Regenwaldbäume ein dichtes, undurchdringliches Blätterdach, durch das kaum ein Sonnenstrahl fällt und alles darunter in diffuses Licht taucht. Es ist feucht heiß hier und treibt allen den Schweiß aus den Poren.
Die Tiere des Regenwaldes machen ein Höllenspektakel. Keiner der Weltenbummler kann richtig erkennen, wer da Lärm macht oder woher der kommt. Otto geht fröhlich voran und erklärt seinen Park ausführlich in allen Einzelheiten. „Der kennt bestimmt jede Pflanze und jeden Wurm persönlich und mit Vornahmen!“ vermutet Flo leise. Nach ein paar Minuten Fußmarsch kommen sie an eine kleine Lichtung und hören schon von weitem Wasser rauschen. Das Blätterdach über ihnen lichtet sich und gibt den Blick auf einen, ungefähr zehn Meter hohen Wasserfall frei. Unten ist ein kleiner, klarer See, der Flo sofort zum Baden animiert.
Otto meint: „Ick würd dazu nich raten, meene kleene. Det is keen Badewasser. Hier jibts allerlei Getier, wat nur daruf wartet Dein Blut auszusaujen. Außerdem jibts hier Schlangen, die keene Angst haben, sich ins Wasser zu stürzen und die sind denn schneller als Du.“ Er setzt sich auf einen der Felsen, die hier liegen. Giorgio, Theresa und Max machen es ihm nach. Flo und Pia setzen sich auf einen anderen Felsen, dicht am Wasserfall und hoffen, so etwas von der erfrischenden Gischt abzubekommen.
Nach einer Weile dreht Pia sich auf dem Stein um und läßt ihre Beine über die Felskante Richtung Wasser baumeln. Otto erklärt gerade die verschiedenen Papageienarten, die hier zu sehen sind, als Pia einen gellenden Schrei ausstößt und blitzschnell von ihrem Felsen runter springt. „Eine Schlange, eine Schlange hat mich gebissen. Auch Flo ist aufgesprungen und ruft aufgeregt: „Da ist das Vieh. Sie ist rot gelb geringelt und mindestens 2 Meter lang. So ne Scheiße!“ Pia humpelt zu Giorgio
und zeigt die Bisswunde über ihrem linken Knöchel. „Das tut so weh!“ stöhnt sie und hat Tränen in den Augen. Otto hechtet sofort zu dem Felsen, hinter dem die Schlange noch in der Sonne liegt und stellt fest, dass es sich um eine Korallenotter handelt, leider von der giftigsten Sorte. Nun zeigt sich, dass Otto ein erfahrener Ranger ist. Er gibt sofort knappe Anweisungen: „Da hat sich die Pia leider die jiftigste Sorte ausjesucht. Wir müssen sofort zurück, zur Station. Da können wir een Antivenin spritzen, also een Immunserum. Wenn wir nix jeben oder uns nich beeilen, kann sie daran sterben. Aber in der Station haben wir für alle Schlangenarten Gejenjifte. Also los!“ Er schnappt sich Pia, die nur noch wimmert: „Das brennt so doll!“ Giorgio trägt sie vorsichtig an den Beinen und Otto hält sie unter den Achseln. Beide laufen, so schnell sie können und der Pfad es zuläßt, zurück zum Wagen. Flo, Max und Theresa hetzen hinterher. Nach wenigen Minuten sind sie am Jeep, legen Pia vorsichtig auf einen Rücksitz und sausen los. Per Sprechfunk hat Otto die Station informiert. Das Antiserum liegt schon bereit, als sie nach zehn Minuten dort ankommen. Pia hat jetzt das Bewusstsein verloren und hängt schlaff in Giorgio´s Armen. In der Erste Hilfe Station legen sie Pia sofort auf eine Liege. Ein Sanitäter spritzt ihr das Gegengift in das Bein. Tief besorgt fragt Giorgio den Sanitäter, wie es jetzt weitergeht. Otto übersetzt: „Det Antivenin soll innerhalb ener halben Stunde Wirkung zeijen. Et is zum Jlück noch nicht so fille Zeit verjangen, seit dem Biss. Wir haben enen Krankenwagen jeordert, der sie ins Krankenhaus nach La Ceiba fährt. Da is man auf solche Fälle einjestellt, wird ihr helfen und die Wunde richtig versorjen. Mit etwas Jlück kann sie Morjen schon wieder nach Hause, äh ik mene an Bord.“ Als kurze Zeit später die Ambulancia ankommt, ist Pia immer noch Bewusstlos. Giorgio und Theresa fahren mit. Er ruft Max zu, er soll mit Flo an Bord warten. Sobald es was Neues gibt, werde er sich melden.
Mit heulender Sirene geht es in wilder Fahrt Richtung Krankenhaus. Theresa übersetzt die Fragen der Sanitäter. Giorgio ist froh, sie als Dolmetscherin an seiner Seite zu haben. Das Hospital besteht aus einem älteren, gepflegten Bau. Alles macht auf sie einen einfachen aber sauberen Eindruck. Pia wird sofort in die Notaufnahme geschoben und gründlich durchgecheckt. Der Biss am Fuß ist jetzt dick und entzündet. Sie bekommt noch zwei weitere Spritzen, die Wunde wird ausgewaschen und mit einer speziellen Salbe behandelt.
Theresa und Giorgio, die unruhig auf dem Flur auf und ab laufen, sind in tiefer Sorge ob Pia das tatsächlich überstehen wird. Als der Arzt dann endlich herauskommt, hängen sie gebannt an seinen Lippen. „Also, es war gut, dass wir so schnell handeln konnten, dadurch wird sie mit höchster Wahrscheinlichkeit überleben. Zwei Stunden später wäre sie nicht mehr zu retten gewesen, da ausgerechnet diese Schlangenart hochgiftig ist. Aber, da sie kurz nach dem Biss bereits ein Gegengift bekommen hat, wird sie sich schnell erholen. Sie wird bald wieder aufwachen, aber bestimmt noch einige Fieberschübe haben, was sich bis Morgen deutlich verbessern wird. Wenn alles gut geht, kann sie in ein bis zwei Tagen wieder entlassen werden. Nur die Wunde am Fuß muss noch eine Weile weiter behandelt werden. Dafür bekommen sie eine Spezialsalbe mit!“ Er drückt Giorgio und Theresa die Hand und verabschiedet sich.
„Mann, bin ich erleichtert. Mir fällt ein Stein vom Herzen,“ strahlt Giorgio. Theresa fängt vor Erleichterung an zu weinen. Giorgio ruft sofort Max und Flo an und verkündet die frohe Botschaft. Dann dürfen sie zu Pia rein, die gerade wieder zu sich kommt und Giorgio und Theresa verwirrt ansieht: „Was ist passiert, wo bin ich hier?“ fragt sie. Giorgio erzählt ihr die ganze Geschichte. „Ja, jetzt weiß ich wieder. Ich hab mich auf den Stein gesetzt. Die Schlange muss dahinter gelegen haben. Als ich mich gedreht hatte und meine Beine baumeln ließ, hat sie sich bestimmt bedroht gefühlt und zugebissen. Oh Giorgio, dass tat höllisch weh. Ich merk es immer noch, aber jetzt ist es auszuhalten. Mir ist nur so fürchterlich heiß und meine Glieder tun mir weh!“ seufzt sie und hat Schweißperlen auf der Stirn. Theresa erklärt ihr, was der Arzt gesagt hat und fügt hinzu: „Morgen können wir Dich vielleicht wieder an Bord holen, also, wenn Du denkst, dass Du Dich erst mal drücken kannst, liegst Du schief!“ frotzelt sie. „Ach ist das schön. Giorgio Du weißt doch, das ich keine Krankenhäuser mag, also holt mich hier schnell wieder raus. Aber jetzt bin ich so müde und werde erst mal schlafen. Sie hat ein leuchtend grün gepunktetes Nachthemd vom Hospital bekommen. Das unterstreicht ihre blonden Haare und ihre tiefbraune Haut positiv und läßt sie fast wie ein Modell wirken. Giorgio und Theresa verabschieden sich. Sie wissen Pia dort in guten Händen. Erleichtert fahren sie mit einem Taxi zu ihrem Steg und rufen Max an, sie abzuholen.
Am nächsten Morgen drängt Giorgio früh zum Aufbruch. Theresa hat mit dem Arzt telefoniert und hört, dass es Pia deutlich besser geht und sie abgeholt werden kann. Theresa und Giorgio sind bereits um halb zehn im Hospital und lassen sich vom Arzt die letzten Instruktionen geben, wie Pias Behandlung weiter gehen soll. „Das Gift haben wir gut aus dem Körper bekommen. Sie ist noch schwach. Es kann auch nochmal zu leichten Fieberschüben kommen. Also soll sie sich ausruhen und vor allem das Bein hochlegen. Drei mal täglich den Verband wechseln und mit dieser Salbe einreiben!“ Er drückt Theresa eine große Tube in die Hand und einen Karton mit Spezialverbänden. Dann wird Pia vom Arzt höchstpersönlich in einem Rollstuhl bis zum Taxi gefahren. Giorgio bedankt sich für die gute Behandlung und den tollen Service. Zurück an Bord freuen sich Flo und Max, ihre Schwester wieder in die Arme schließen zu können. Flo bringt Pia, gefolgt von einem, in Freudentänzen ausbrechenden Kolumbus, sofort in ihre Kabine und ordnet Bettruhe an. Pia ist froh, wieder in ihrem eigenen Bett zu liegen. Sie schnappt sich erst mal ihr Handy und ruft Freundin Naina in Hamburg an, um zu berichten. Kolumbus liegt zufrieden neben ihrem Bett und schnarcht.
Giorgio bleibt bei Pia an Bord, während Theresa, Flo und Max sich das Schmetterlings Museum ansehen. „Diese Viecher können wenigstens nicht beißen!“ meint Flo. Abends wechselt Max den Verband. „Mensch, dass ist ja noch ganz dick und entzündet!“ staunt er. „Ja, das tut auch ganz schön weh, aber der Arzt hat gesagt, in drei Tagen würde es abschwellen und wäre dann deutlich besser!“ hofft Pia. „Mensch Pia, wir haben uns gar nicht bei Otto bedankt, der hat ja bei Dir vollen Einsatz gezeigt.“ meint Theresa „Ich rufe mal bei der Ranger Station an, vielleicht ist er ja da oder man kann ihm unseren Dank ausrichten. Schon spricht sie mit den Rangern. Da Otto unterwegs ist, läßt sie herzliche Grüße und vielen Dank ausrichten. Sie haben bereits als Dank eine zweckgebundene Spende von 1000 Dollar an die Nationalpark Verwaltung geschickt.
Giorgio und Max kommen mit dem Dingi vom Wasser holen sie zurück. Giorgio hat entschieden, in diesen tropischen Ländern kein Wasser aus Tanks zu kaufen, sondern Aqua sin Gas in großen Plastikflaschen. „Man weiß nie genau, welche Qualität das Wasser hier hat und ich möchte keine Rache Montezumas hier an Bord erleben. Deshalb kaufen wir nur Trinkwasser in großen Flaschen. Das ist zwar umständlicher aber sicherer. Morgen früh segeln wir weiter nach Puerto Limon in Costa Rica!“ ergänzt Giorgio noch. Max macht sich noch am selben Abend an die Recherche zu diesem Hafen und verkündet: „Leute, die Stadt ist ja ganz schön, aber im Hafen stapeln sich die Kreuzfahrer. Alles große Pötte, wollen wir uns das wirklich antun?“ fragt er mit Blick auf Giorgio. Der blickt in die Runde, liest in den Minen Skepsis und meint: „Dann lasst uns lieber einen anderen Hafen suchen. Durch die Turis ist da nur alles voll und teuer. Wenn in Costa Rica keine Hafen zu finden ist, düsen wir eben durch nach Panama!“
Gegen Acht Uhr am Morgen lichten sie die Anker und tuckern eine halbe Meile seewärts. Dann hisst Max die Segel und gibt Kurs Ostsüdost vor. Sie segeln außerhalb der zwölf Meilen Zone, da sie dort auf bessere Winde hoffen und erreichen immerhin 10 Knoten Geschwindigkeit. „Wir segeln jetzt bis in die Höhe von Puerto Cabo in Nikaragua und drehen dann auf Südkurs. Nicaragua möchte ich nicht anlaufen. Wir haben auch keine Visa für das Land. Also richtet Euch jetzt auf ungefähr vier bis fünf Tage Fahrtzeit ein,“ erklärt der Käpt´n.