Kapitel 29 und 30
29. Hongkong der geheimnisvolle Schmelztiegel
Von Kaohsiung nach Hongkong sind es knappe 400 Seemeilen, was in ungefähr vier Tagen zu schaffen sein sollte. Bei der Ausfahrt regnet es in Strömen. Pia, die den Wetterbericht abhört, wird richtig wach, als sie von einem Taifun hört, der sich etwa 1000 Seemeilen südlich von ihnen bildet.Es ist noch nicht richtig erkennbar, in welche Richtung er zieht. Sie informiert sofort den Käpt´n, der anhand der Seekarten überlegt, ob sie abbrechen und zurück in den Hafen fahren, oder weitersegeln sollen. Eine Stunde später hat er die Gewissheit, dass dieser Taifun Richtung Osten auf den Pazifik zieht und für sie keine Gefahr darstellt. Am Mittag klart es auf, die Sonne bringt das nasse Deck zum dampfen und sofort entsteht eine schwüle Luft. Die Mädchen liegen in ihren Bikinis faul in den Hängematten herum. Trotzdem rinnt ihnen der Schweiß in Strömen herunter.
Nach einer Weile geht Pia in ihre Kabine, um in Ruhe mit Arthur zu telefonieren und ihm die ungefähre Ankunft in Hongkong mitzuteilen. Sie vermisst ihn sehr und freut sich wahnsinnig darauf, ihn bald wieder in die Arme zu schließen. Arthur ist etwas verlegen und stottert am Telefon: „Du Darling, es tut mir sehr leid, aber ich muss einen kranken Kollegen vertreten und kann deshalb nicht nach Hongkong fliegen. Aber ich versuche das so schnell wie möglich nachzuholen und komme dann in irgend einen anderen Hafen, wo Ihr gerade seid!“ Pia ist wie vom Donner gerührt und sagt erst mal gar nichts. Doch dann macht sie ihrer Enttäuschung Luft. „Mensch ich habe mich so auf Dich gefreut und mir ausgemalt, was wir zusammen in Hongkong alles unternehmen können. Ich weiß bald nicht mehr, wie Du aussiehst, wie Du riechst und wie Du Dich anfühlst. Kann denn nicht ein anderer Deinen kranken Kollegen ersetzen?“ fragt sie enttäuscht. „Leider nein. Sei nicht traurig, wir werden noch viel Zeit zusammen haben. Ich muss jetzt aber Schluss machen, die Arbeit ruft!“
Er hat einfach aufgelegt und läßt eine völlig verstörte Pia am anderen Ende der Leitung zurück. Sie sinkt auf ihr Bett. Ihr schießen tausend Gedanken durch den Kopf. Ist das wirklich so mit der Vertretung oder liebt er mich vielleicht nicht mehr? Er war so verlegen. Hat er eventuell schon eine Andere? Was hab ich in unserer Beziehung falsch gemacht? Pia bricht in Tränen aus und heult in ihre Kissen. Theresa, die zehn Minuten später etwas aus ihrer Kabine holen will, hört ein heftiges Schluchzen aus Pia´s Schlafgemach. „Was ist denn los Pia, was fehlt Dir?“ „Arthur fehlt mir!“ schluchzt Pia. „Den hast Du doch in ein paar Tagen wieder, das wirst Du doch wohl noch aushalten!“ „Ach quatsch, der kommt nicht. Er muss angeblich Vertretung für einen kranken Kollegen machen. Er war so komisch am Telefon und hat das Gespräch plötzlich beendet. Ich glaube, da ist irgendwas faul, oder ich habe was falsch gemacht, aber ich weiß nicht was.“ Sie heult erneut in ihre Kissen. Theresa nimmt sie in ihre Arme: „Arthur liebt Dich, da bin ich ganz sicher. Mit dem Kerl hast Du einen Volltreffer gelandet. Das interpretierst Du bestimmt völlig falsch und das Du die Schuld jetzt bei Dir suchst, ist absoluter Blödsinn und kann nur uns Frauen passieren. Wer weiß, was dahinter steckt, aber Du wirst es mit Sicherheit irgendwann erfahren!“
Pia beruhigt sich etwas, schmiegt sich eng an Theresa und flüstert „Danke, Du kannst einen wirklich wieder aufbauen!“ Sie küsst Theresa zärtlich auf den Mund. Die erwidert den Kuss nachdrücklich und fordernd. Beide umarmen sich in zärtlicher Erregung. Ihre Lippen und Finger gehen auf Wanderschaft. Pia bringt ihre ganze Enttäuschung über Arthur´s Absage in das Liebesspiel ein, vergisst alles um sich herum und dringt in himmlische Sphären der Lust vor. Nach einer ganzen Weile sinken sie erschöpft in die Kissen und kuscheln sich aneinander.„Du hast eine merkwürdige Art, mich den Kummer vergessen zu lassen, aber sie gefällt mir!“ flüstert Pia zufrieden.
„Du brauchst Dir bestimmt keine Sorgen wegen Arthur zu machen. Ich glaube, dass wir mit unseren Männern viel Glück haben. Unsere gelegentlichen amourösen Eskapaden schmälern unsere Liebe zu ihnen mit Sicherheit nicht, sondern vertiefen sie eher. Das ist eine ganz andere Liebe und ich will auf keinen Fall auf Max verzichten. Zwischen uns Beiden ist es nur wilder, animalischer und wunderbarer Sex. Aber wir müssen die Sache unbedingt für uns behalten, da Männer so was nicht oder nur schwer verstehen können und sonst was da hinein interpretieren!“ Ist Theresa überzeugt. Pia gibt ihr unbedingt Recht. Sie ziehen sich an und schlendern zurück an Deck. „Wo wart Ihr denn so lange!“ Theresa erzählt Giorgio von dem Gespräch mit Arthur und dass sie Pia erst wieder aufbauen musste. „Das ist schade, aber leider nicht zu ändern. Es gibt ja noch mehr Städte auf unserer Route, wo er leicht hinfliegen kann. Zum Beispiel Saigon, Bangkok, Singapur oder auch Kuala Lumpur. Er liebt Dich doch und wird bestimmt in den nächsten Wochen eine Gelegenheit finden!“ tröstet Giorgio seine Tochter.
Eine Stunde später bekommt Giorgio einen Anruf von Lone, die sich erkundigt, wie es ihnen geht und wo sie gerade sind. Giorgio erklärte ihr, dass sie in drei Tagen Hongkong anlaufen. „Dann feiert Ihr also in einer der aufregendsten Städte der Welt!“ stellt Lone fest. „Was sollen wir den Feiern?“ fragt er dagegen. „Na Weihnachten natürlich oder habt Ihr das vergessen!“ „Verdammt, das haben wir tatsächlich vergessen. Aber wenn man so um die Welt gondelt, vergisst man leicht die Wochentage und Monate. Na ja ich habe ja noch drei Tage für´s Geschenke suchen, in Hongkong werde ich schon was finden!“ Wo legt Ihr denn an?“ „Wir haben einen Platz im Yachthafen von Victoria Harbour bekommen!“ erklärt er. Sie erzählen sich, was sie so in den letzten Wochen erlebt haben. Nach einer halben Stunde beenden sie das Gespräch. Kaum hat er aufgelegt, klingelt es wieder. „Hast Du noch was vergessen Lone?“ will Giorgio wissen.
„Hier ist Arthur und nicht Lone!“ hört er aus dem Hörer. Bevor Giorgio was sagen kann, spricht Arthur schnell weiter. „Giorgio, ich brauche Deine Hilfe. Ich habe mir eine Überraschung ausgedacht, aber ich glaube, dass ich einen riesigen Unsinn verzapft habe!“ Er erzählte von dem Telefonat mit Pia und dass er sich das nur ausgedacht hat, um Pia in Hongkong überraschen zu können. „Ich habe keinen kranken Kollegen und will, wenn Ihr ankommt, schon am Kai stehen und sie in die Arme schließen. Ich habe gemerkt, dass sie sehr traurig ist und bitte Dich darum, sie wieder aufzubauen, ohne was von unserem Gespräch zu verraten. Ich möchte Weihnachten nicht ohne den liebsten Menschen verbringen, den ich habe!“ „Ist Ok Arthur, das Gespräch bleibt unter uns. Ich werde mein Möglichstes tun, um Pia aufzuheitern!“ Er freut sich natürlich für Pia, dass sie Weihnachten mit Arthur verbringen kann. Andererseits ist er traurig, das Lone nicht auch bei ihm ist. Er vermisst sie sehr und die vielen Telefonate in der letzten Zeit können seine Sehnsucht nach ihr nicht ausgleichen.
Flo steht unterdessen in ihrer Kombüse und versucht sich an den Rezepten, die sie in Taipeh bekommen hat. Nach dem dritten Versuch hat sie den Bogen raus und ist mit ihren Ergebnissen ganz zufrieden. Sie ist nur froh, dass sie in letzter Minute noch reichlich Tofu eingekauft hat und jetzt ihre Lieben damit verwöhnen kann. Drei Tage später, am 21. Dezember läuft die Catalina unter vollen Segeln in die Bucht von Victoria Harbour ein. Die Traumkulisse von Hongkong liegt direkt vor ihnen.
Theresa, die am Ruder steht, sucht mit Giorgios Hilfe und GPS den Yachthafen, wo ihnen ein Liegeplatz zugewiesen wurde. Sie haben die Segel eingeholt und tuckern langsam in die vorgegebene Richtung. „Das ist ja hier fast so voll wie auf den Hamburger Elbbrücken!“ staunt Theresa angesichts der vielen Dschunken, Lastkähne, Barkassen und Ausflugsdampfern. Mittendrin wieder kleine Boote, randvoll beladen mit Obst, Gemüse oder kompletten Garküchen, die geschäftig herum wuseln. Endlich entdecken sie den Yachthafen mit der langen Pier. Giorgio sieht eine Lücke zwischen einer wunderschön restaurierten, alten malaysischen Dschunke und einer modernen, großen Motoryacht. Die Pier ist zwar recht breit, aber mit allem möglichen Bootszubehör, Holzteilen und Gerümpel voll gestellt. Nur direkt vor den Pollern ist eine drei Meter breite Schneise freigelassen, so dass man wenigsten mit einem Auto ans Schiff kommen kann. Ganz vorne, in der nähe der Dschunke steht eine große Holzkiste. Davon halb verdeckt, lehnt ein Mann und sieht interessiert dem Anlegemanöver der Catalina zu. Giorgio ahnt bereits wer das ist, obwohl er Arthur noch nicht richtig erkennen kann. „Pia und Max, werft die Bug und Heckleinen rüber und lasst die Gangway runter!“ gibt er seine Kommandos.
Pia steht am Bug und wirft dem Mann, der da steht, die Bugleine zu. Der Typ hat seinen breitkrempigen Hut tief ins Gesicht gedrückt. Pia kann sein Gesicht nicht erkennen. Er fängt die Leine geschickt auf und befestigt sie fachmännisch am Poller. Nachdem auch das Heck vertäut ist, schieben Pia und Max die Gangway an die richtige Stelle und kurbeln sie herunter. Der Typ sitzt jetzt auf dem Poller, an dem er die Bugleine befestigt hat und starrt ins Wasser. Als Pia die Gangway hinunterklettert, um unten das Schild „Privat“ zu befestigen, kommt Bewegung in den Mann. Er steht jetzt hinter Pia und nuschelt leise „Darf ich mir das Schiff mal ansehen?“ „Das Schiff ist nicht zu besichtigen!“ Entgegnet Pia gereizt, weil sie diese Frage schon so oft gehört hat. „Vielleicht macht die schöne Lady für mich eine Ausnahme?“ Flüstert es jetzt direkt an ihrem Nacken. Pia wirbelt ärgerlich herum und will dem Kerl eine die passende Antwort geben. In dem Moment reißt Arthur seinen Hut vom Kopf. Pia ist so überrascht, dass sie eine Weile braucht, ihn zu erkennen. „Du Esel, Du hast mich so traurig gemacht, als Du Deinen Besuch abgesagt hast!“ Sie knufft ihn heftig, reißt ihn an sich und küsst ihn leidenschaftlich. Sie ist überglücklich, in Arthurs Armen zu liegen und merkt, wie sehr sie ihn vermisst hat und wie sehr sie ihn bereits liebt. Dann zieht sie Arthur die Gangway hoch und ruft dem Rest der Crew zu: „Arthur ist hier, er ist doch gekommen, ist das nicht toll!“ Er wird stürmisch begrüßt und fühlt sich sofort wieder heimisch auf der Catalina.
Giorgio hat unterdessen die Einreiseformalitäten erledigt und schlendert mit Kolumbus und Felicia den Pier hoch, zur Catalina. Als er am Schiff ankommt hält ein Taxi hinter ihm. Heraus klettert eine elegante Dame, die jetzt vom Fahrer einen Koffer in Empfang nimmt. Sie dreht Giorgio den Rücken zu. Er ist viel zu sehr mit seinen Hunden be-schäftigt, als dass er auf das Taxi geachtet hätte. An der Gangway angekommen, löst er die Leinen von Felicia und Kolumbus und will an Bord gehen. Die Hunde rennen jedoch sofort auf die Frau zu und führen einen Freudentanz auf. In diesem Moment ruft die Frau: „Haben Sie noch Platz für eine allein reisende Dame?“ erst jetzt fällt der Groschen. Er stammelt geistreich: „Lone Du, aber wir haben doch erst telefoniert. Du hast mir nichts gesagt, dass Du nach Hongkong kommst!“ „Dann wäre es ja keine Überraschung gewesen!“ entgegnet Lone ungerührt. „Freust Du Dich denn wenigstens, oder soll ich in einem Hotel einchecken?“ „Das fragst Du noch, das wird das schönste Weihnachten seit langem. Ich bin überglücklich!“ Er drückt sie an sich und gibt ihr einen langen, innigen Kuss.
Dann schnappt er sich ihre Koffer und schiebt sie die Gangway hoch. Oben angekommen ruft Giorgio: „Hey Männer, wir haben noch einen Gast!“ Seine Crew starrt ungläubig auf Lone, stürmt dann fröhlich auf sie zu. Sie überhäufen Lone, alle gleichzeitig mit vielen Fragen, so dass Lone kein Wort versteht. Pia, Flo und Max freuen sich für ihren Vater, gerade Weihnachten nicht allein zu sein. Sie mögen Lone ausnehmend gern und hoffen, Lone und ihre Töchter als zukünftige Familiener-weiterung zu bekommen. Als das Gepäck verstaut und ausgepackt ist, sitzen sie zusammen an Deck und stoßen auf ihr Wiedersehen an. „Wie lange kannst Du bleiben?“ will Giorgio wissen. „Mein Rückflug ist am 30. Dezember. Wenn Ihr früher weiter wollt, gehe ich noch in ein Hotel!“ „Kommt gar nicht in Frage. Wir bleiben bis Silvester hier und segeln dann nach Vietnam. Wenn ich Dich schon hier habe, lasse ich Dich bestimmt nicht so schnell los!“ Entrüstet er sich und zieht sie, ohne großen Widerstand, in seine Kabine.
Auch Pia und Arthur feiern ihr Wiedersehen. Sie ziehen sich ziemlich bald in ihre Kabine zurück um ihr Glück ungestört genießen zu können. Am Morgen darauf sitzen sie, etwas übernächtigt, an Deck beim Frühstück und beraten das Besichtigungsprogramm für diese geheimnisvolle Metropole. Flo möchte erst mal Shoppen, da sie viel über die tollen Möglichkeiten gehört hat, in Hongkong günstig Klamotten, Schmuck und Schuhe kaufen zu können. Lone und Giorgio überlegen sich ihr anzuschließen, da Giorgio hofft, im letzten Moment noch Weihnachtsgeschenke für seine Lieben zu finden. „Bevor wir Shoppen gehen, sollten wir uns, nach altbewährter Methode eine Stadtrundfahrt gönnen, um einen besseren Überblick zu bekommen!“ schlägt er vor. Vom Beamten der Hafenbehörde hat er den Tipp bekommen, auf jeden Fall Ladies Market in Hongkong zu besuchen. Dieser Nachtmarkt beherbergt unter Anderem den größten Jade Markt in ganz Hongkong.
Giorgio hofft für seine Mädels dort passende Geschenke zu finden. Er sucht auch ein Geschenk für Lone und ist deshalb ganz froh, Flo, als Modeberaterin, an seiner Seite zu haben. Pia und Arthur wollen die Stadtrundfahrt mitmachen, dann aber ihr eigenes Programm durchziehen. Theresa und Max überlegen, zuerst mit dem Bus auf den Victoria Peak zu fahren um sich von dort oben einen Überblick über Central Hongkong, Victoria Harbour und Kowloon zu verschaffen. Für morgen Abend hat Giorgio für alle, auf einem der schwimmenden Restaurants in Victoria Harbour, einen Tisch gebucht. Er hat eine Empfehlung für eine alte chinesische Dschunke bekommen. Dort soll es das beste chinesische Essen von ganz Hongkong geben. Nur mit viel Glück hat er noch eine Reservierung bekommen.
Die Stadtrundfahrt, zunächst mit der Star Ferry, dann mit dem Bus läßt sie aus dem staunen nicht herauskommen. Hongkong hat nur wenig Fläche zum Ausdehnen. Man ist deshalb gezwungen, in die Höhe zu bauen. Immerhin leben hier über sieben Millionen Menschen auf relativ kleiner Fläche, was dazu führt, dass hier die höchsten Lebenshaltungskosten der Welt zu finden sind. Überall wimmelt es von Menschen, Vespas, Lastkarren und Autos. Trotzdem hat man das Gefühl, das alles in geordneten Bahnen verläuft. Die Stadt, mit ihren modernen Wolkenkratzern,dazwischen kleine, bunte, alte Holzhäuser. Schmalen dunklen Gassen, die sich mit sechsspurigen Straßen abwechseln, fasziniert die Weltenbummler. Sie nehmen sich vor, in den nächsten Tagen tiefer in diese bunte, fremdländische Welt einzutauchen. Lone klammert sich eng an Giorgio. Sie ist glücklich, ihn wieder zu haben.
Nur Flo blickt etwas düster drein. Als Pia sie fragt, was los sei, mault sie verdrießlich: „Ihr seid jetzt alle als Pärchen unterwegs, nur ich bin allein. Bolle ist am anderen Ende der Welt und ich kann sehen, wo ich mit meinem Frust bleibe!“ Giorgio zuckt zusammen und ruft: „Ach ich Depp, habe ich glatt vergessen. Laurin hat vorhin angerufen, Du sollst ihn mal zurückrufen!“ „Das hättest Du mir auch vorhin sagen können, jetzt habe ich mein Handy auf dem Schiff gelassen. Mensch Vater, Du wirst alt!“ Flo sieht ihn vorwurfsvoll an. „Hat er denn wenigstens gesagt was er will?“ „Nee, aber er klang ganz fröhlich. Um meine Vergesslichkeit wieder gut zu machen, kannst Du meinen Sabbelkasten benutzen!“ Er reicht ihr sein Gerät und Flo hämmert in die Tasten. Fünf Minuten später ist sie wie ausgewechselt. Es sprudelt aus ihr heraus: „Bolle hat seine Ausbildung in New Orleans beendet. Er hat ein tolles Empfehlungsschreiben von seinem Chef bekommen und sich damit im Eastern Orientel Hotel in Singapur beworben und ist genommen worden. Er fängt am ersten Januar an und hat bis dahin Urlaub. Er kann einen Direktflug nach Hongkong bekommen und am Heiligabend hier sein. Am 30. ten Dezember muss er weiter nach Singapur. Ist das nicht toll?“ Sie ist ganz aus dem Häuschen und überglücklich. „Auf das die Bude voll werde!“ feixt Giorgio. „Was mir übrigens gerade einfällt. Wir müssen noch zur Deutschen Botschaft um die restlichen Visa und sonstigen Papiere abzuholen. Das müssen wir unbedingt morgen machen, bevor die Herrschaften in ihren Weihnachtsurlaub verschwinden!“
Theresa und Max haben nach langem durchfragen endlich den richtigen Bus zum Victorias Peak gefunden. Sie genießen da oben die grandiose Aussicht über Hongkong, die vorgelagerten Inseln und vor allem, wo man mal nur zu zweit zu sein. Bei der Rückfahrt steigen sie in Kowloon aus, um die Stadt zu Fuß zu erforschen. Das Leben spielt sich hier mehr in kleineren Straßen ab, während die Breiteren von Bürogebäuden gesäumt werden. Hier ist sogar noch etwas vom alten Hongkong zu sehen, mit bunten, Holzhäusern, bestückt mit kleinen Läden und Restaurants. Schmale, dunkle Gassen, durch die höchstens Vespas fahren können, beherrschen das Bild und machen auf Theresa und Max einen leicht verruchten Eindruck. Aber irgendwie fasziniert sie dieses Treiben auch. Sie tauchen tief in dieses Gassengewirr ein. Obwohl heller Tag, dringt bis hier nur schummriges Licht vor. Auch hier herrscht lebhaftes Gedränge. Max warnt Theresa: „Pass bloß auf Deine Tasche auf!“ Die wichtigen Papiere hat Max sowieso vorsichtshalber im Brustbeutel unter seinem Hemd aufbewahrt. Das Geld tief in den Hosentaschen vergraben und sonst nichts wertvolles bei sich.
Sie lassen sich in der Menge treiben und sehen interessiert in die Auslagen der kleinen, größtenteils offenen Geschäfte. Orientalische Gewürze, gefälschte Uhren, chinesische Medizin, Elektronische Geräte und vieles mehr, werden angeboten. Die Gasse wird schmaler und noch dunkler. Max entdeckt jetzt eine kleine, typisch chinesische Bar und flüstert Theresa zu: „Das sieht ja aus wie eine Opiumhöhle aus einen Hollywood Film, da gehen wir jetzt rein und trinken einen Tee, das ist bestimmt interessant!“ „Ich weiß nicht, ich finde die Spelunke etwas unheimlich!“ „Ach am helllichten Tag kann uns doch nichts passieren, dazu sind hier zu viele Menschen!“ beruhigt er. Er zieht seine Verlobte zielsicher hinter sich her und sucht vorsichtshalber einen Tisch in der Nähe des Ein-gangs. Eine sehr leicht bekleidete, hübsche Chinesin fragt nach ihren Wünschen und serviert dann, nach endlosen Minuten ihren Tee. Der riecht leicht nach Orchideen und schmeckt etwas bitter. „Jetzt weiß ich, warum wir so lange warten mussten, die doofe Nuss hat bestimmt den Teebeutel zu lange drin gelassen, darum ist der Tee jetzt so stark!“ vermutet Max. Sie sehen sich verstohlen in der Bar um und stellen fest, dass sie alles Andere als sauber ist. An den Wänden hängen vergilbte Fotos von Boxern und grell geschminkten Mädchen. Nachdem sich ihre Augen an das schummrige Licht gewöhnt haben, entdecken sie, das hinten am Bartresen noch zwei dunkle Gestalten herumlungern und sich leise unterhielten. Beide sehen immer wieder auf Theresa, die mit ihrer exotischen Schönheit auffällt. „Max, lass uns schnell bezahlen und dann abhauen, ich fühle mich hier nicht wohl!“ flüstert Theresa, der diese Blicke unangenehm sind. „Mir geht es ähnlich, aber ich bin so müde, lass uns noch einen Moment ausruhen!“ gibt Max zurück. Dann sieht er verwundert, wie Theresa plötzlich auf ihrem Sessel zusammensackt. Er will ihr helfen, bricht aber im selben Moment selbst zusammen und landet unsanft auf der Tischplatte.
Als er wieder zu sich kommt, stellt er verwundert fest, dass er auf einer alten, verwitterten Bank, unter einer großen Akazie am Rand einer viel befahrenen Straße sitzt. Theresa, die neben ihm auf der Bank liegt, macht keine Anstalten, wieder aktiv am Leben teilzunehmen und wirkt wie tot. Erst jetzt merkt er, das ihre Bluse aufgeknöpft und die Halskette, die er ihr in Rio zur Versöhnung geschenkt hat, verschwunden ist. Nun kriecht die Angst in ihm hoch, das Theresa vielleicht vergewaltigt wurde. Er sieht vorsichtig unter ihren Rock und stellt erleichtert fest, das ihr Slip noch ordnungsgemäß an der richtigen Stelle sitzt und nichts von einer Vergewaltigung zu erkennen ist. Dann sieht er, das ihre Handtasche weg ist und fühlt voller Schreck nach seinem Brustbeutel. Der ist zum Glück noch da, aber das Geld in seiner Hosentasche hat zwischenzeitlich den Besitzer gewechselt. In ihm kriecht eine Mischung aus Angst, Wut und Verzweiflung hervor. Er versucht erst mal Theresa wach zu bekommen. Nach bangen Minuten schlägt sie endlich die Augen auf und sieht Max verstört an. „Was ist los, wieso sind wir hier?“ Sie schaut ihn ratlos an. „Die Schweine müssen uns was in den Tee getan haben. Wir sind ausgeraubt und hier abgelegt worden. Das Geld ist weg und Deine Halskette und die Tasche auch. Zum Glück haben sie meinen Brustbeutel nicht gefunden. Unsere Papiere und Kreditkarten haben wir also noch. Aber wo wir hier sind, weiß ich nicht!“
„Wir müssen sofort die Polizei rufen!“ Theresa ist jetzt hellwach und leicht in Panik. „Was soll das bringen, wir haben weder den Namen der Bar noch einen Straßennamen und dahin zurück finden wir bestimmt auch nicht. Selbst wenn wir die Bar wiederfinden würden, streiten die ab, uns jemals gesehen zu haben!“ Max legt seinen Arm um Theresa und versucht sie zu trösten. Wir können noch froh sein. Es hätte noch viel schlimmer kommen können. Stell Dir vor, sie hätten Dich in irgend ein Bordell nach Macao verschleppt, zum Anschaffen gezwungen und mich mit Betonschuhen im Hafen versenkt. Die haben nur ein bisschen Geld, Schmuck und Deine Handtasche mit Schminkzeug und Handy erbeutet. Das lässt sich alles verschmerzen. Jetzt suchen wir erst mal ein Taxi und fahren zum Schiff zurück!“ Theresa beruhigt sich langsam und gibt Max Recht. Nach einer ganzen Weile kommen die Beiden mit dem Taxi bei der Catalina an, bezahlen den Fahrer per Kreditkarte und stehen sofort vor dem nächsten Problem. Die Schlüssel für den Zugang zur Catalina sind auch weg. Mit ein bisschen klettern kommen sie zwar die Gangway hoch und werden von Felicia und Kolumbus freudig begrüßt. Aber weiter kommen sie nicht und müssen notgedrungen auf den Rest der Crew warten.
Als Lone und Giorgio mit Flo im Schlepptau nach weiteren drei Stunden, voll bepackt mit Einkaufstüten endlich zurückkommen, ist die Laune von Max und Theresa nahe am Nullpunkt. Nachdem sie erzählt haben, was ihnen passiert ist, ernten sie das volle Mitgefühl der Neuankömmlinge. „Seid froh, das Euch nichts schlimmeres passiert ist!“ meint Lone. „Ja schon, aber ich muss mir unbedingt ein neues Handy kaufen und Schminke auch. Das die Halskette von Max weg ist, stimmt mich auch nicht gerade fröhlich!“ jammert Theresa. „Das zeigt mir, dass wir noch besser aufpassen müssen und so wenig Wertsachen wie möglich mit an Land nehmen. Wenigstens Eure Pässe und wichtigsten Papiere sind noch da, sonst wäre das eine endlose Lauferei geworden!“ freut sich Giorgio. Am Abend ziehen die Sieben los, um auf Nachtmärkten, vor allem dem Ladies Market nach Geschenken zu suchen. Dort angekommen, macht Arthur einen Vorschlag: „Da wir ja alle auf der Suche nach Geschenken sind, schlage ich vor, die Pärchen anders aufzuteilen. Giorgio geht mit Theresa, Lone und Flo kommen mit mir und Max geht mit Pia. Dann hat jeder eine neutrale Beratung, alle können in Ruhe stöbern und die Überraschungen sind nicht verraten. In zwei Stunden treffen wir uns wieder hier!“ „Du kannst ja richtig gute Ideen haben!“ staunt Max, der die ganze Zeit überlegt, wie er Theresa eine neue Halskette kaufen kann, ohne das sie es gleich mitbekommt. Auch die Anderen finden die Idee gut und ziehen in der vorgeschlagenen Aufteilung los.
Der Ladies Market ist riesig, überwiegend mit Schmuckhändlern bestückt, die teilweise billigen Ramsch, aber auch schöne und teure Stücke anbieten. Man muss kräftig handeln, um akzeptable Preis zu bekommen und verdammt aufpassen, das man nicht über´s Ohr gehauen wird. Giorgio hat es vor allem die Jade, die hier reichlich angeboten wird, angetan. Er sucht nach ausgefallenen und wertvolleren Stücken. Aber auch Saphire, Smaragde, Rubine und viele seltene Edelsteine werden reichlich angeboten. Zwei Stunden später treffen sie sich am Ausgangspunkt und begeistert und überwältigt, von dem tollen Angebot. Es wurden zwar nicht alle Wünsche erfüllt, aber das Meiste kann abgehakt werden.
Nun schlendern sie zum nächsten Nachtmarkt, ganz in der Nähe, wo hauptsächlich Textilien und elektronische Geräte angeboten werden. Theresa ersteht sofort ein neues Handy, Giorgio wird sogar bei einigen Ersatzteilen für die Takelage der Catalina fündig. Nachdem sich bei Allen langsam Hungergefühle einstellen, steuert Lone zielsicher eine sauber aussehende Garküche am Rand des Nachtmarktes an. Das Angebot ist zwar klein, aber sieht gut aus. Sie bestellen einmal die Karte rauf und runter, stellen alles in die Mitte des alten Tisches und probieren sich quer durch alle Platten und Schüsseln. Giorgio spendiert dazu Tsing Tao Bier. Sie genießen das Essen mehr, als in manchem Luxusrestaurant.
Die Tage in Hongkong verlaufen wie im Fluge. Das chinesische Essen auf der Dschunke im Hafen ist ein voller Erfolg. Sie lernen Speisen kennen, die sie noch nie vorher gesehen, geschweige gegessen haben. „Es schmeckt hervorragend, aber ich frage wohl besser nicht, was wir da alles gegessen haben. Nachkochen werde ich das nicht können!“ überlegt Flo.
Nachdem am Heiligabend endlich auch Laurin eingetrudelt ist, unternehmen die vier Paare einiges gemeinsam. Sie feiern Weihnachten harmonisch im Salon der Catalina. Dann machen sie eine witzige Vergnügungstour durch Hongkong bei Nacht. Dabei lernen sie zwangsläufig einige, etwas anrüchigere Etablissements kennen und erleben manch kuriose Momente. Hongkong bei Nacht beeindruckt sie stark.
Giorgio interessiert sich besonders für die hiesige Architektur, da meistens nach den Regeln des Feng Shui gebaut wird. Er überlegt, ob diese Regeln sinnvoll sind und wie man sie auf Europa übertragen kann. Er hat in Lone eine interessierte Gesprächspartnerin. Auch das Hongkong Museum of Art mit chinesischen Exponaten sehen sie sich gemeinsam an. Giorgio stellt beglückt fest, das Lone auch dieses Hobby mit ihm teilt. Flo und Laurin finden neben ihrem Nachholbedarf in Sachen Liebe genügend Zeit, ihrem gemeinsamen Hobby, dem Kochen intensiv zu frönen. Das festliche Weihnachtsmenü zaubern die Beiden ohne fremde Hilfe und werden vom Rest der Besatzung mit Lob überschüttet.
Dann kommt der 30. Dezember und somit der Abschied von Lone und Laurin. Es fällt allen schwer, sich von einander zu trennen. Besonders Lone leidet unter der Trennung und hat ständig Tränen in den Augen. Giorgio nimmt sie in den Arm und versucht zu trösten. „Für Deinen Kummer habe ich eine gute Medizin. Was hältst Du davon, wenn wir uns in ein paar Wochen im Oman wiedertreffen . Wenn wir im Hafen von Muskat liegen, werden wir uns die Stadt ansehen und anschließend gemeinsam durchs Land reisen um das Flair von tausend und einer Nacht einzufangen. Wir fahren bis Salala, dort können uns die Kinder wieder aufsammeln. Von Muskat bis Salala werde ich das Kommando Hilfskapitänin Pia und Steuermann Max übergeben, das kriegen die schon hin, was meinst Du?“ Jetzt bricht Lone richtig in Tränen aus und stammelt glücklich: „Giorgio, Du bist der Beste. Das ist eine tolle Idee. Vielleicht kann ich dann die Zwillinge mitbringen, die können die Crew der Catalina verstärken. Mit sechs Mann Besatzung sollten sie das hinkriegen!“ „Das ist ein guter Plan, bring die Zwillinge mit!“ Giorgio mag die Beiden und hofft insgeheim, bald sechs bildhübsche Mädchen in der Familie zu haben.
Arthur will mit Pia noch ins neue Jahr hinein feiern und fliegt erst am Neujahrstag zurück nach Borneo. Pia sieht diesem Tag mit traurigen Gefühlen entgegen, aber Arthur weiß Rat und erklärt ihr: „Ich kann billig nach Kuala Lumpur fliegen. Wenn Ihr in Malakka anlegt, komme ich wieder an Bord. Dann nehme ich mir ein paar Tage Urlaub und segele mit Euch bis Phuket. Da gibt es wieder eine gute Verbindung nach Borneo. Aber nur, wenn Du jetzt wieder lachst!“ Pia bleibt nichts anderes übrig, da sie die Aussicht, Arthur schon so bald wieder zu sehen, in Hochstimmung versetzt. Auch Flo ist trotz des Abschieds von Laurin guter Dinge, da ihr Vater versprochen hat, in Singapur Station zu machen, sie ihn also bald wiedersehen wird.Theresa schlägt vor, noch einen Spaziergang im berühmten Botanischen Garten von Hongkong zu machen, um sich von den seltenen Pflanzen und Fischen ablenken zu lassen. Giorgio schnappt sich die Hunde: „Dann kommt. Heute bleibt die Küche kalt, wir essen unterwegs. Kolumbus und Felicia freuen sich auch, mal wieder richtig in der Natur herumzutoben!“
Am Silvesterabend lädt Giorgio seine Besatzung zu einem festlichen Dinner ins Grand Harbour Hotel ein. Das Restaurant in der 53. Etage bietet einen grandiosen Blick über Stadt und Hafen. Also genau richtig um das faszinierende Feuerwerk von Hongkong zu bewundern. Die Mädchen haben sich zur Feier des Tages in ihre schönsten Abendkleider geworfen und sehen verführerisch aus. Giorgio hat, genau wie Max und Arthur einen dunklen Anzug an und sogar eine Fliege umgelegt. Es ist für seine Crew ein ungewohntes Bild, da er sonst nur leger oder sportlich daherkommt.
„Nach dem Essen und dem Feuerwerk beginnt eine Etage tiefer ein Silvesterball. Ich freue mich, mal wieder mit meinen Töchtern und Theresa das Tanzbein zu schwingen!“ erklärt Giorgio fröhlich. Vor dem Essen werden Dim Sum, die berühmten chinesischen Kleinigkeiten gereicht, um den Appetit anzuregen. Dann folgt ein exklusives internationales Buffet, bei dem jeder auf seine Kosten kommen kann. Nach diesem köstlichen Dinner und einem spektakulären Feuerwerk, was synchron sowohl in Victoria Harbour, wie auch in Kowloon abgebrannt wird, gehen sie über eine
breite Freitreppe eine Etage tiefer in den Ballsaal. Die nächsten Stunden toben sie beim Tanzen alle angefutterten Kalorien wieder ab. Giorgio tanzt hauptsächlich mit seiner Jüngsten und genießt die neidischen Blicke der übrigen männlichen Gäste. „Die denken bestimmt, Du bist mein reicher, älterer Liebhaber!“ lacht Flo. Am Mittag fährt Arthur zum Flughafen. Pia fällt der Abschied, trotz wissen um das baldige Wiedersehen, schwer. Sie vergießt einige Tränen. Da Giorgio jetzt drängt, die Catalina seeklar zu machen und am nächsten Vormittag in See stechen will, hat sie nicht viel Zeit Trübsal zu blasen und wird durch die Arbeit abgelenkt.
Am Morgen sind sie schon früh auf den Beinen, da etliches an Proviant eingekauft werden muss. Gegen
Zwei lösen Theresa und Pia endlich die Leinen und springen an Bord. Giorgio wendet die Catalina mit
dem Seitenstrahlruder und läßt sofort Segel setzen. „Zu diesem schönen Hafen gehört ein schön raus geputztes Schiff!“ ruft er fröhlich.
Die tausend Meilen nach Saigon berechnet er mit etwa neun bis elf Tagen und hofft auf gutes Segelwetter.
Bei der Ausfahrt aus Victoria Harbour winken ihnen viele Menschen zu. Giorgio läßt zum Dank das Signalhorn ertönen. Flo, die sich in der Hängematte räkelt, ruft ihm staunend zu: „Was ist denn mit Dir los, das hast Du ja noch nie gemacht, ich wusste gar nicht, das wir so was haben!“ Nachdem das Festland am Horizont immer kleiner wird, kommen gleich mehr Wind und höhere Wellen auf. Sie segeln Südsüdwest, haben den Wind von achtern und erreichen stolze 13 Knoten.
Kapitel 30.
30. Horrorfahrt im chinesischen Meer
Drei Tage später ist die Catalina auf der Höhe der tropischen Paracel Inseln, die zu China gehören.
Giorgio kann durch sein Fernglas tolle Sandstrände ausmachen und würde am liebsten vor einer dieser paradiesischen Inseln ankern. Er traut sich aber nicht, da er nicht weiß, ob die Inseln bewohnt sind oder überwacht werden und er für die Volksrepublik China keine Visa hat, sondern nur für die Sonderzone Hongkong. Also segeln sie vorbei. Theresa schlägt vor, wenn sie schon nicht am Strand baden können, wenigstens die Badeplattform runter zu lassen, um im Meer zu schwimmen. Also holt Giorgio wunschgemäß die Segel ein und läßt die Catalina in den Wellen treiben. „Bei dem Wellengang ist das nicht ganz ungefährlich. Das Schiff ist viel unruhiger als während der Fahrt. Die Gefahr besteht, dass ihr beim Schwimmen gegen das Schiff geschleudert oder abgetrieben werdet!“ befürchtet Giorgio. Sie stehen auf der Badeplattform und prüfen die Lage. Auf Grund ihrer bisherigen Erfahrungen mit dem Meer siegt letztendlich die Vernunft. Sie sparen sich das erfrischende Bad im Meer für später auf. Max zieht die Plattform wieder hoch.
In der Nähe der Catalina hören sie plötzlich Motorengeräusche. Als sie wieder oben an Deck sind und Giorgio gerade die Segel hissen will, entdeckt er zwei schnelle Motoryachten, die kurz hinter einander herfahren und direkten Kurs auf die Catalina nehmen. „Das ist bestimmt die chinesische Coast Guard, die prüfen will, ob wir ihrem gelobten Land auch nicht zu nahe kommen!“ vermutet er. Als die Yachten näher kommen sieht er, dass es sich um zwei schnelle Phersing Yachten handelt, die über starke Motoren verfügen. Die schneeweißen Schiffe mit drei dunkelroten Streifen am Rumpf sehen schnittig und elegant aus. Eine steuert die Backbordseite, die Andere die Steuerbordseite der Catalina an. Giorgio wird schlagartig misstrauisch, da er an beiden Booten keinerlei Aufschrift oder Kennung entdecken kann. Auch die Landesflagge am Heck fehlt. Ihm wird schlagartig klar, das diese Besucher nicht mit freundlichen Absichten kommen. Er schreit: „Männer, denkt an Casablanca, die wollen uns überfallen, schafft sofort die Waffen herbei!“ Max, Pia und Theresa stürzen blitzartig den Niedergang runter, um die Waffen zu holen. Sie sind noch nicht ganz unten, als ein Megaphon ertönt und jemand in einer nicht verständlichen Sprache zu ihnen rüber brüllt. Dann sind die Yachten auch schon längsseits. Auf jedem Boot machen sich zwei Männer fertig, ihr Schiff zu entern.
Giorgio steht einen Moment fassungslos am Ruder, versucht dann das Ruder herum zu reißen um den Kerlen das Entern zu erschweren. Jetzt sieht er auch, das mehrere schwere Waffen auf die Catalina gerichtet sind. Er überlegt fieberhaft, wie er die Situation zu seinen Gunsten ändern kann. Max, Theresa und Pia kommen geduckt zurück an Deck und haben mehrere Gewehre und Pistolen dabei. Ihnen folgt Flo, die den Eimer Fett, den sie in Casablanca gekauft haben, mitbringt und sofort anfängt, das Deck und den Rumpfbereich mit Fett zu begießen. Giorgio starrt entsetzt auf die großkalibrigen Kanonen, die auf ihr Schiff gerichtet sind und fragt sich, ob Gegenwehr überhaupt sinnvoll ist. In dem Moment schwingen zwei Männer von der Yacht auf der Backbordseite Seile mit Enterhaken zur Catalina hinüber, die sich an der Reling verhaken. Die Kerle springen augenblicklich hinterher, können aber, auf Grund des Höhenunterschieds nur die Bordwand erwischen. Dort hat das Fett bereits seine Wirkung entfaltet und bietet den Ganoven keinen Halt. Sie strampeln am Seil und versuchen sich langsam daran hochzuziehen. Flo will gerade mit der Machete das Seil kappen, als Giorgio sieht, das direkt eine der Kanonen auf sie gerichtet ist. „Flo, lass es, wirf Dich hin und mach dass Du aus dem Gefahrenbereich kommst!“ Flo gehorcht widerwillig und robbt langsam zurück. Unterdessen brüllt der Kerl am Megaphon ununterbrochen irgendwelche Befehle, die keiner der Catalina Besatzung verstehen kann. Giorgio vermutet, das es irgend eine arabische Sprache ist. Sicher ist er aber nicht.
Da sowohl Max, wie auch Pia und Theresa ihre Waffen auf die Angreifer gerichtet haben, verlieren die jetzt ihre Geduld. Die Steuerbordyacht gibt einen gezielten Schuss auf die unteren Rahen des Großmastes ab. Holz splittert, Teile der Rahen fallen auf das Deck und die Fock hängt schlaff am Mast herunter. „Lasst die Waffen fallen, es hat keinen Sinn mehr. Ich fürchte, wir müssen uns ergeben!“ Giorgio ist verzweifelt und hat Angst um das Leben von Theresa und seinen Kindern. Pia und Theresa legen die Waffen vorsichtig auf das Deck. Max tut das Gleiche, schleudert aber sein Gewehr und die Pistole danach wütend mit den Fuß über das Deck. Beide Waffen rutschen tief unter die Backkiste und sind nicht mehr zu sehen. In diesem Moment haben bereits vier Mann die Catalina geentert. Zwei halten die Fünf in Schach, während die Anderen anfangen,
zunächst Giorgio und Max und dann die Mädchen mit mitgebrachten Seilen zu fesseln. Giorgio hofft, das sie mit den Mädchen einigermaßen vernünftig umgehen, muss aber, fast ohnmächtig vor Wut, mit ansehen, wie die Kerle mit ihnen keineswegs zimperlich umgehen. Es bereitet ihnen offensichtlich sogar Vergnügen, in ihre schmerzverzerrten Gesichter zu schauen.
Dann sammeln sie die, an Deck liegenden Waffen ein, durchsuchen das ganze Schiff und sperren die Hunde in eine der Achterkabinen. Nachdem sie alles durchsucht haben, gibt einer ein Zeichen zur Backbordyacht. Sofort klettert ein weiterer Mann zur Catalina rüber. Das ist offensichtlich der Anführer. Ein dunkler, ungepflegter Typ mit schwarzem Vollbart, nicht unbedingt ein Sympathieträger. Er sieht sich die Fünf genau an, baut sich dann vor Giorgio auf und brüllt in schlechtem Englisch: „Du gefangen. Schiff jetzt mein Kommando. Weiterfahren erst, wenn Geld zahlen. Wir zwei Millionen US Dollar wollen. Du jetzt schweigen!“ Giorgio bleibt die Luft weg. Er überlegt fieberhaft, wie sie aus dieser Situation raus kommen sollen. Ihm fällt absolut nichts ein. Zwei der Kerle machen sich jetzt an der Maschine zu schaffen und starten die Motoren. Langsam fährt die Catalina in Richtung Paracel Islands und steuert eine kleine, offen-sichtlich unbewohnte Insel an. Die beiden Motoryachten als Gefolge immer neben her. „Die fühlen sich so sicher, dass die chinesische Coast Guard wohl nicht in der Nähe sein kann.“ flüstert Giorgio. Zwei der Ganoven halten die Catalina Besatzung mit modernen Maschinengewehren in Schach. Flo hat die gefährliche Situation offenbar noch nicht richtig erkannt.
Sie schreit den Anführer an, dass er sie augenblicklich losbinden soll und vom Schiff verschwinden. Sie hat den Satz noch nicht beendet, da ist der Kerl schon bei ihr und schlägt ihr mit dem Handrücken voll ins Gesicht. „Ich sagen Du schweigen!“ schreit er sie an. Flo schreit vor Schmerz auf und Giorgio sieht entsetzt, das sie aus der Nase blutet und ihre Lippe aufgeplatzt ist. „Du Schwein, lass meine Schwester in Ruhe!“ ruft jetzt Max aufgebracht. Er bekommt umgehend die Faust des Kerls zu spüren. „Wenn noch ein Wort von Euch, der Erste wird erschossen!“ Der Anführer sagt das ganz ruhig. Alle merken, dass er es ernst meint und sagen lieber nichts mehr. Eine halbe Stunde später haben sie die kleine Insel erreicht, ankern eine knappe Meile davor, zwingen die Fünf recht unsanft in ein Beiboot zu klettern und werden an Land gebracht. Die Insel ist eigentlich paradiesisch schön, mit üppiger Vegetation und herrlichem Sandstrand. Aber keiner hat einen Blick dafür. Die Gangster schleppen sie in einen Palmenwald. Erst, als sie fast davor stehen, erkennen sie eine geräumige Hütte, aus Bambusstangen und Palmwedeln, grob zusammengezimmert. Sie werden hinein gestoßen.
In einem Raum stehen mehrere Pritschen, in dem Anderen sind Stühle, ein Tisch und eine Kochstelle mit diversen Vorräten und Wasserflaschen. „Wir sind bestimmt nicht die Ersten, die hierher verschleppt wurden,“ vermutet Giorgio. Zwei der Kerle bauen sich am Eingang auf, die Maschinengewehre im Anschlag. Die anderen Beiden nehmen allen die Fesseln ab. „Los ausziehen!“ bellt der Anführer. Pia denkt zunächst, sich verhört zu haben, da schreit der Kerl erneut: „Alles ausziehen, ich gesagt!“ Giorgio kommt als Erster der freundlichen Aufforderung nach und steht kurz darauf nur mit Unterhose im Raum. Max tut es ihm widerwillig nach und stellt sich neben seinen Vater. Da die Mädchen keine Anstalten machen, sich vor den Männern auszuziehen, gibt der Anführer seinen Kumpanen einen Wink. Einer stürzt sich auf Theresa, der Andere auf Pia und reißen Beiden die Shirts mit kräftigen Ruck herunter. Mit einem zweiten Ruck folgten die Bh´s, Shorts und Slips. Das geht so schnell, dass die Mädchen überhaupt nicht an Gegenwehr denken und jetzt fassungslos an ihren nackten Körpern herunter sehen. Dann kommt Flo dran, die fast zur Salzsäule erstarrt ist. Während der eine ihr Shirt und BH herunterreißt, zerfetzt der Andere ihren Rock und den Slip. Flo schreit auf und fängt hemmungslos an zu heulen. Die Kerle sehen genüsslich auf die nackten Mädchen. „Auf Bett legen!“ herrscht der Anführer sie an. „Ihr Hosen ausziehen und auch auf Bett legen!“ brüllt er weiter zu Giorgio und Max gewandt.
Giorgio hat eine wahnsinnige Angst um die Mädchen, Alles sieht danach aus, das die Kerle sich jetzt auf sie stürzen wollen. Er überlegt fieberhaft, wie das verhindert werden kann. Der Anführer durchsucht akribisch die zerrissene Kleidung und findet, außer zwei Handys, nichts was ihn interessiert. Dann geht er zu den Pritschen, wo die Mädchen, angesichts der erwarteten Vergewaltigung ängstlich vor sich hin wimmern. Er sieht jede mit prüfendem Blick an und ebenso die Männer. Giorgio fürchtet das Schlimmste, traut sich aber nicht zu handeln, da er immer noch die Warnung der Ganoven im Ohr hat, einen von ihnen zu erschießen. Dann tritt der Anführer vor Giorgio und bellt: „Ihr jetzt allein auf Insel. Essen und Trinken hier. Wir fahren weg jetzt und wenn zurück, dann Geld bezahlen. Wir haben Wache auf Schiff. Wenn Ihr wollt schwimmen zu Schiff, werdet sofort erschossen!“ Dann winkt er seinen Männern, dreht sich um, stapft zum Strand und tuckert mit dem Boot zurück zu seinen Yachten.
„Warum mussten wir uns ausziehen, Giorgio?“ will Pia wissen. Angesichts dieser Schmach ekelt sie sich immer noch. „Ich denke, das hat zwei Gründe. Sie wollen wissen, ob wir was bei uns tragen um Hilfe holen zu können. Außerdem will er uns demütigen und zeigen, das er der Chef ist und wir nach seiner Pfeife zu tanzen haben!“ „Ich hab fest damit gerechnet, dass die uns vergewaltigen!“ Theresa zittert immer noch, wenn sie daran denkt.„Versucht Ruhe zu bewahren, zieht Euch erst mal, so gut es geht was an. Dann untersuchen wir systematisch diese Hütte und die Insel um eventuell etwas zu finden, was uns helfen kann, zu überleben. Wir müssen gemeinsam nachdenken, wie wir aus dieser Scheiße wieder rauskommen!“ versucht Giorgio seine ,Männer, zu beruhigen. Theresa, die noch oft an ihre Entführung in Brasilien denkt, überlegt: „Wir müssen unbedingt darüber nachdenken, wer diese Kerle sind, was sie für Ziele verfolgen und wie unsere Überlebenschancen sind!“
Nachdem sich Giorgio und Max ihre Hosen angezogen haben, versuchen sie gemeinsam die zerrissenen Stofffetzen von Pia, Theresa und Flo soweit zusammen zu basteln, das sie ihre Blößen wenigstens einigermaßen bedecken können. Max durchsucht unterdessen die Hütte, findet außer Lebensmitteln, Getränken und ein paar Waschutensilien, wenig brauchbares. Unter einem Regal entdeckt er einen kleinen Karton mit etwas Werkzeug und einer Rolle Bindfaden. „Hiermit könnt Ihr Eure Höschen zusammenbinden!“ überlegt er. Giorgio ergänzt: „Zum Glück ist es hier warm. Die Naturvölker hatten früher auch nicht mehr an. Also flicken die Mädchen notgedrungen ihre Slips und laufen sonst Nackt durch die Gegend. Nachdem sie ihre Scham abgelegt haben, können sie diesem Zustand sogar etwas positives abgewinnen.Max, Pia und Giorgio erkunden in der Zwischenzeit die ganze Insel, während Theresa und Flo die Umgebung der Hütte absuchen.
Pia schlurft suchend durch das Unterholz. Sie weiß eigentlich nicht, wonach sie suchen soll. Nach einer Weile fällt ihr Blick auf eine kahle Stelle im, sonst grünen Umfeld. Hier ist bestimmt etwas vergraben worden, vermutet sie und ruft laut nach Giorgio. In der Zwischenzeit haben Flo und Theresa ungefähr 50 Meter von der Hütte entfernt, einen, notdürftig getarnten, Verschlag gefunden. Darin sind Schaufeln, Äxte und diverses Werkzeug versteckt, was ihnen vielleicht noch nützlich sein kann. Giorgio steht nun vor der kahlen Stelle und ist auch überzeugt, das hier etwas vergraben wurde. „Wir brauchen Schaufeln oder ähnliches. Wenn wir keine finden, müssen wir halt mit den Händen buddeln!“Kurz darauf hören sie Flo rufen. Nach wenigen Minuten stehen die Mädchen mit Schaufel und Axt bewaffnet vor ihnen. Max fängt an zu buddeln, schon nach kurzer Zeit stößt er auf etwas hartes. Vorsichtig legt er die Stelle frei und blickt
entsetzt auf Knochen. Nachdem sie alles freigeschaufelt haben, durchzieht sie das nackte Grauen. Vor ihnen liegt eine Grabstelle mit acht Leichen, die alle noch nicht stark verwest sind. Es waren sechs Männer und zwei Frauen, die alle erschossen wurden, da sie in allen Schädeln große Einschusslöcher erkennen können. „Schaufelt das Grab schnell wieder zu!“ ordnet Giorgio jetzt an. Nur 50 Meter weiter finden sie eine zweite Stelle, die offensichtlich auch als Grab dient, von ihnen jetzt aber nicht weiter untersucht wird. Still und nachdenklich laufen sie zur Hütte zurück.
„Ich glaube nicht, dass diese Kerle uns, selbst wenn sie Lösegeld bekommen, am Leben lassen. Sie werden uns, genau wie diese armen Kreaturen, einfach erschießen und auf der Insel verscharren, das Geld nehmen, die Catalina zu Geld machen und in der Unendlichkeit des chinesischen Meeres verschwinden!“ prophezeit Giorgio düster. Da sie auf der Insel nichts weiter finden, was sie aus ihrer aussichtslosen Lage befreien kann, werfen sich die Fünf an den Strand und überlegen, welche Möglichkeiten sie noch haben. „Was mir nicht in den Kopf geht, von wem wollen die Kerle Lösegeld erpressen, wenn nicht von uns? Sie haben uns gar nicht danach gefragt, so als hätten sie ganz andere Pläne!“ überlegt Max. „Kann ich mir nur so erklären, dass sie irgendwie an das internationale Schiffsregister drankommen und versuchen, die Reedereien oder die Länder, wo das Schiff registriert ist, zu erpressen. Die wissen auch, dass kein Mensch zwei Millionen Dollar in Bar mit sich herumschleppt!“ brummt Giorgio resigniert.
In über einem Kilometer Entfernung sehen sie ihr schönes Schiff, mit zugewandtem Heck ankern, als wenn es sagen will: „Ich bin Abfahrbereit, nun kommt endlich.“ Große Verzweiflung macht sich bei der ganzen Crew breit. Die Sonne brennt unbarmherzig auf die unfreiwilligen Inselbewohner nieder.
Vor allem die Mädchen bekommen schnell einen Sonnenbrand. Theresa und Flo suchen daher Palmblätter zusammen und flechten für alle breitkrempige Hüte, um wenigsten ein bisschen Schutz zu haben. Die Anderen überlegen fieberhaft, was sie den tun können, aber alle Vorschläge werden sofort wieder verworfen. „Wir sitzen hier tatsächlich wie das Kaninchen in der Schlangen-grube und müssen darauf warten, das man uns hier abknallt!“ verzweifelt Pia. Nach einer ganzen Weile kommt ihr eine Idee. Sie besinnt sich auf ihre Flucht in Recife und erklärt: „Wir können hier doch Feuer machen. Dabei entsteht Ruß. Damit schwärzen wir unsere Gesichter und Haare und schwimmen bei Dunkelheit zur Catalina. Ich hoffe nicht, das hier viele Strömungen sind und wir abgetrieben werden. Sonst müsste die Entfernung eigentlich zu schaffen sein. 100 Meter vor der Catalina schwimmen wir im Bogen mit großem Abstand zum Bug. Der ist von hier aus auf der Rückseite. Ich glaube nicht, das mehr als zwei Kerle das Schiff bewachen, und wenn, dann gucken sie vom Heck aus auf die Insel, sehen unser Feuer und denken, dass wir dort sitzen. Dann klettern wir leise die Ankerkette hoch, das ist zwar anstrengend aber ich habe das in Recife schon mal gemacht. Wir versuchen dann schnell zur Backkiste zu kommen. Max hat doch seine Waffen darunter geschleudert, das hat keiner von den Verbrechern gesehen. Wenn wir es schaffen, die zu erreichen, dann die Kerle überraschen, müssten wir eigentlich die Lage zu unseren Gunsten wenden können, oder was meint Ihr?“ Giorgio sieht erstaunt auf Pia: „Dein Plan ist verrückt, müsste aber, mit ein bisschen Glück, eigentlich klappen. Nur die Entfernung zur Catalina macht mir noch sorgen. Schaffen wir diese Strecke? Wir sind noch nie so weit ins offene Meer geschwommen!“
„Wir bleiben Alle zusammen und machen immer wieder Pausen. Wenn wir keine starke Strömung erwischen, sollten wir es eigentlich schaffen, wir sind doch gut trainiert!“ Theresa ist schon überzeugt. „Wenn wir sehen, das einer dieser Kerle über die Reling schaut, sollten wir sicherheitshalber sofort tauchen!“ empfiehlt Max. „Was ist mit Haien und Wasserschlangen, die sind doch alle giftig?“ fürchtet Flo.
„Die Alternative wäre, dass wir hierbleiben und uns erschießen lassen. Da riskiere ich doch lieber ein paar Haie und Schlangen!“ kalkuliert Pia knallhart.„Dann lasst uns loslegen und den Plan vorbereiten. Wenn wir nur den Hauch einer Chance haben, dann jetzt. Wenn dieser Obermufti zurück kommt, ist es zu spät. Hinter der Hütte habe ich ein paar leere Plastikkanister gesehen. Wenn wir die zusammenbinden haben wir eine kleine künstliche Insel, an der wir uns zwischendurch festhalten können!“ Auch Max ist jetzt überzeugt von Pias Plan. „Was ist denn, wenn wir an Bord sind?“ überlegt Theresa. „Dann werden wir vorsichtig durchs Schiff schleichen und versuchen, die Wachen zu überrumpeln. Wir laden sie dann freundlich ein, Baden zu gehen. Zum Ausruhen haben sie ja dann eine ganze Insel. Aber wir müssen leise und vorsichtig sein, da wir nicht wissen, wie viele Kerle an Bord sind und wir müssen uns beeilen, da wir auch nicht wissen, wann der nette Chef der Truppe zurückkommt!“ Giorgio freut sich jetzt richtig darauf, diese Ganoven ins Meer zu befördern.
Da es in den Tropen meistens gegen sechs Uhr dunkel wird, haben sie vorher Holz gesammelt um ein schönes Feuerchen zu entfachen und zünden es auch sofort nach Einbruch der Dunkelheit an. Giorgio hofft nur, das die Kerle wenigstens ein Positionslicht auf der Catalina einschalten, da sonst die Orientierung zum Schiff schwierig wird. Sie versuchen zwar, sich den Liegeplatz ihres Schiffes so gut wie möglich einzuprägen, aber in der Dunkelheit ist die Orientierung viel schwieriger. Giorgio starrt zur Catalina rüber und sieht dann oben am Großmast tatsächlich ein schwach zu erkennendes Licht aufleuchten. „Lasst uns aufbrechen, Männer!“ ruft er. Sie greifen in die Asche des Feuers und schmieren sich mit dem Ruß ihre Gesichter ein, Pia auch ihre blonde Mähne.
In der Dunkelheit laufen anschließend fünf, mehr oder weniger nackte, kopflose, helle Körper zum Strand. Da liegen bereits sechs leere, zusammengebundene, dunkelblaue Kunststoff Kanister. „Seid bloß vorsichtig, geht keine unnötigen Risiken ein und gebt Zeichen, wenn Ihr nicht mehr könnt. Dann machen wir eine Pause. Ich hoffe, dass wir in einer Stunde am Schiff sind. Wenn irgend jemand der Ganoven über das Meer zur Insel schaut, gebt sofort Zeichen und wir tauchen ab. Wenn wir am Bug sind, werden wir klären, wie es weitergeht. Denkt dran, wir haben nur diese eine Chance, wir dürfen sie nicht vermasseln. Das wäre sonst unser sicherer Tod!“ Giorgio stiefelt vorweg ins Wasser, die Anderen schnell hinterher. Sie bleiben dicht beieinander, schwimmen in ruhigen, gleichmäßigen Zügen, stets darauf bedacht, nicht zu viel Kräfte zu verbrauchen. Nachts, im stockdunklen Meer zu schwimmen und als Orientierung nur ein schwaches Licht in großer Entfernung zu sehen, ist eine große Herausforderung. Nach einer halben Stunde, machen sie eine Pause und klammern sich an den Kanistern fest. „Wie tief ist das Meer hier wohl?“ will Flo wissen. „Wenn Du es genau wissen willst, würde ich sagen, zwischen 30 und 500 Metern!“ entgegnet Giorgio sarkastisch. Fünf Minuten später haben sie genügend Kräfte für die nächste Etappe gesammelt und schwimmen weiter auf das kleine Licht zu.
Nach einer weiteren halben Stunde, kommt plötzlich der Mond zum Vorschein und taucht das Meer in diffuses Licht. Jetzt können sie sogar den Rumpf der Catalina schwach vor sich erkennen. Giorgio schätzt die Entfernung noch auf 150 Meter. Sie machen erneut eine Pause. Giorgio flüstert: „Wir schwimmen im Bogen auf der Steuerbordseite um die Catalina herum und versuchen zum Bug zu kommen. Können wir weiter?” Sie können, obwohl das lange Schwimmen ganz schön an ihren Kräften zehrt. Aber jeder will jetzt so schnell wie möglich an Bord. Aus Angst, das der Rest der Ganoven bald zurückkommt. Die Angst vor einem Scheitern dieser Aktion verleiht ihnen zusätzliche Kräfte. Nach weiteren 200 Metern dreht Giorgio nach Backbord ab. Sie haben ungefähr noch 50 Meter bis zur Bugankerkette. An Bord ist niemand zu sehen. Es ist auch kein Geräusch zu hören. Als sie die Kette erreicht haben, sammeln sie zunächst ihre Kräfte. Dann schlägt Pia vor, das sie und Max als Erste hochklettern, um die Waffen zu holen. Giorgio sollt vorsichtig nachkommen. Theresa und Flo langsam und dicht am Schiff, zur Heckklappe schwimmen und dort warten bis sie die Klappe herunterlassen können. Sie müssen äußerst vorsichtig sein, da niemand weiß, was sie an Bord erwartet und wo die Gangster stecken. Alle drei Mädchen sind jetzt völlig nackt, da sich beim Schwimmen ihre provisorischen Slips von ihnen verabschiedet haben. Pia klettert los. Wieder kämpft sie mit dem Schmierfilm auf der Kette und muss ihre ganzen Kräfte aufbieten, nach oben zu kommen. Als sie an der Reling angekommen ist, gibt sie Max ein Zeichen. Er klettert sofort los. Auch Giorgio folgt schnell. An Deck huschen sie leise zur Backkiste, fummeln nach den Waffen und fühlen sich erst sicherer, als Giorgio und Max die Schäfte in den Händen halten.
Pia schleicht leise über das Deck und stellt schnell fest, das sich niemand dort aufhält. Sie läßt die Badeplattform herunter und ist froh, das diese, durch die kürzliche Reparatur, keinerlei Geräusche macht. Dann klettert sie den Niedergang runter, öffnet leise die Tür und sieht zwei der Kerle am Tisch des Salons sitzen und saufen. Sie haben sich über Giorgios Weinvorräte hergemacht und trinken direkt aus der Flasche. Pia schließt leise die Tür und erklärt den Anderen, was sie gesehen hat. „Wenn wir nur wüssten, ob noch mehr Kerle an Bord sind?“ fragt sich Giorgio und überlegt einen Schlachtplan. „Pia, wenn Du Dich als Lockvogel in die Tür stellst und dann schnell hoch läufst, können wir uns hinter der Tür verstecken. Wenn die Kerle hinter Dir her sind, können wir ihnen einen Scheitel ziehen. Das Ganze muss nur schnell gehen, das die nicht erst zum nachdenken kommen. Aber bei Deinem Anblick werden sie Dir sofort hinterher düsen!“ vermutet Giorgio. „Ok, langsam gewöhnt man sich daran, als Lustobjekt herumzulaufen!“ stöhnt Pia. In dem Moment schleichen sich Theresa und Flo heran. Giorgio deutet ihnen an, sich zu Verstecken.
Dann reißt Pia die Tür zum Niedergang auf, stellt sich in Positur, dreht sich um und hastet, ohne ein Wort den Niedergang hoch. Die Ganoven glotzen fassungslos hinterher, bewegen sich aber keinen Zentimeter. Pia bleibt stehen und fragt sich: „Bin ich so unattraktiv geworden, oder sind die Kerle schwul.“ Jetzt kommt doch Bewegung in die Zwei. Sie hechten um den Tisch herum, stolpern auf nicht mehr ganz sicheren Beinen die Treppe hoch. Kaum durch die Tür hindurch, werden sie von Max und Giorgio ins Land der Träume befördert. Flo und Theresa haben sich Stricke besorgt und fesseln ihre Peiniger jetzt. Sie legen ihre ganze Wut und Schmach in ihre Fesselei, verschnüren und knebeln die Ganoven nach allen Regeln der Kunst. Giorgio und Pia durchsuchen vorsichtig ihre Kabinen. In Flo´s Kabine entdecken sie noch einen dritten Kerl, der es sich in ihrem Bett bequem gemacht hat. Pia schleicht sich leise heran und verdeckt Giorgio, der unmittelbar hinter ihr ist. Sie will den Kerl gerade unsanft wecken, als der, wie von der Tarantel gestochen aus dem Bett springt und Pia seine Waffe mit voller Wucht unter ihre Brust rammt. Sie schreit vor Schmerz auf und sackt vor dem Bett zusammen. Giorgio schießt sofort, erwischt den Ganoven aber nur mit einem Streifschuss am Bein. Der hält ihm jetzt seine Waffe zwischen die Augen und brüllt irgendwelche unverständlichen Worte. Giorgio begreift aber, das er in den Salon gehen soll und lamentiert laut, um die Anderen zu warnen.
Nachdem der Kerl seine Kumpel im Salon nicht sieht, deutet er Giorgio an, den Niedergang hoch zu gehen. Er rammt ihm seine Waffe jetzt direkt in den Nacken und hält gleichzeitig Ausschau nach seinen Kumpanen. Als Giorgio den Niedergang halb geschafft hat, hört er hinter sich ein Plumpsen und merkt, das der Druck im Nacken weg ist. „Giorgio, Du kannst Dich umdrehen, Dein Freund schläft jetzt!“ feixt Flo fröhlich und schwingt das Nudelholz aus der Pantry. Giorgio rennt sofort zu Pia und sieht, wie sie vor dem Bett kauert und sich die linke Brust hält. Unter der Brust hat sie eine klaffende Wunde, aus der sie heftig blutet. Die scharfe Kante der Waffe hat die Haut aufgerissen. Das muss sofort verarztet werden. Er holt schnell den Erste Hilfe Koffer, desinfiziert die Wunde und versucht die Blutung zu stoppen. Flo hat Max dazu geholt, der die Wunde ohne Betäubung, mit drei Stichen sauber näht. Pia stöhnt, ist aber tapfer und hält die Schmerzen aus. Flo und Theresa haben unterdessen auch den dritten Verbrecher zu einem Postpaket verschnürt und an Deck verstaut.
Da Giorgio sicher ist, aus diesen Kerlen nichts heraus zu bekommen und sie ja auch nicht verstehen kann, spart er sich die Mühe und bittet Theresa einen Eimer Wasser zu holen. Dann schüttet er den Kerlen das Wasser ins Gesicht und freut sich, das die so schnell wieder zu sich kommen. Max löst vorsichtig die Fesseln des Ersten, Flo des Zweiten und Theresa des Dritten. Giorgio hält die Ganoven eisern mit der Waffe in Schach. Dabei zeigt er auf das, noch schwach am Horizont erkennbare Feuer auf der Insel. Dann gibt er den Befehl „Feuer frei.“ Die Mädchen und Max treten den Ganoven kräftig, mit ihrer ganzen aufgestauten Wut und Schmach, in den Hintern, das die im hohen Bogen über Bord fliegen und mit lautem Klatschen im Wasser landen. „Los Männer, wir müssen sehen, dass wir so schnell wie möglich hier weg kommen, also Anker lichten, Maschinen an und volle Fahrt voraus.
Alle stecken noch voller Anspannung und haben sich bereits so an ihre Nacktheit gewöhnt, das zumindest die Mädchen nicht merken, das sie noch immer im Evakostüm herum laufen Auch der Ruß klebt noch immer in ihren Gesichtern. Theresa und Max klettern hoch in die Wanten am Großmast und versuchen aus den zerschossenen Teilen das Beste zu machen. Flo rennt unter Deck um nach Pia zu sehen, die jetzt ruhig auf ihrem Bett liegt. Anschließend will sie die Hunde aus der Achterkabine befreien, die dort den ganzen Tag ausharren mussten. Sie dreht gerade den Schlüssel im Schloss, als sie den Lauf einer Pistole in ihrem Rücken spürt. Voll Schreck dreht sie sich um und sieht in die verkniffenen Augen eines weiteren Gangsters, der sich offensichtlich in der anderen Achterkabine versteckt hat. Er quatscht leise auf sie ein, ohne dass sie auch nur ein Wort versteht. Da sie in ihrer Klasse jedoch eine Freundin aus Ägypten hatte, erkennt sie zumindest, das es sich um Arabisch handeln muss. Flo wird ganz ruhig und versucht es mit Englisch, ohne Erfolg. Der Kerl wirft Flo auf das Bett und sich selbst sofort über sie. Der will mich vergewaltigen schießt es ihr blitzartig durch den Kopf und denkt an Gegenwehr. Sie schaudert, da der Kerl unangenehm nach Knoblauch und Schweiß stinkt.
In diesem Moment wird sie sich ihrer Nacktheit voll bewusst. Sie versucht ein Knie frei zu bekommen um es dem Ganoven in seine empfindlichste Stelle zu rammen, hat aber keinerlei Chancen. Der Kerl greift sich Flo´s rechten Arm und ihr linkes Bein und bindet beides mit den Kabelbindern, die in dieser Kabine schon seit Wochen rumliegen, fest zusammen. Dann wiederholt er das Ganze mit ihrem linken Arm und dem rechten Bein. Flo liegt da, wie ein Delikatesshäppchen, an dem dieser Kerl sich nun nach belieben bedienen kann. Sie starrt ihn mit großen, angstvollen Augen an und betet, das er ihr nichts tut. Dann Schiebt er ihr brutal einen Stofffetzen in den Mund, sieht sie mit hassverzerrtem Gesicht an und schlägt ihr urplötzlich die Faust uns Gesicht und in den Bauch. Flo wimmert vor Schmerz und krümmt sich. Er sieht, wie viele Araber, Frauen nur als minderwertige Kreaturen an, mit denen man umspringen kann, wie man will. Jetzt dreht er die verschnürte Flo unsanft um, zieht seine Hose runter und will offensichtlich von hinten in sie eindringen. Als Flo das merkt, dreht sie fast durch vor Angst. Sie windet sich hin und her, was ihr aber nichts nützt. Plötzlich zieht der Kerl seine Hose wieder hoch, schlägt ihr nochmal ins Gesicht und löst dann die Fesseln. Die Hände bindet er ihr jetzt auf dem Rücken zusammen. Dann reißt er sie unsanft hoch, hält ihr die Waffe an die Schläfe und macht mit der anderen Hand die Tür auf. Die ganze Zeit hört sie in der Nachbarkabine Kolumbus und Felicia wütend bellen, ohne dass die ihr helfen können.
Zur gleichen Zeit werden Max und Theresa mit ihrer Notreparatur der Takelage fertig und räumen gerade die zerschossenen Holzteile zur Seite, als die Tür zum Niedergang aufgerissen wird und eine völlig verängstigte Flo erscheint. Ein Kerl hält ihr eine großkalibrige Waffe an die Schläfe und brüllt irgendwelche Befehle. Theresa kann sich gerade noch hinter dem Ruderhaus verstecken. Max und Giorgio sind jedoch voll im Blickfeld des Gangsters. Der treibt Flo die Stufen hoch und bedeutet ihrem Vater, sofort die Maschinen abzuschalten. Giorgio kommt dieser Aufforderung sofort nach und stoppt beide Motoren. In diesem Moment wird die Aufregung und Angst zufiel für Flo. Sie sackt ohnmächtig an Ort und Stelle in sich zusammen. Der Gangster ist völlig überrascht, läßt die Waffe sinken und merkt nicht was hinter ihm passiert. Theresa ist mit einem großen Holzstück von der zerschossenen Takelage hinter dem Ruderhaus hervor geschlichen und haut es dem Kerl mit aller Kraft, die sie noch hat, über den Schädel. Der bricht sofort zusammen und liegt nun einträchtig direkt neben Flo. Seine Pistole ist Max unmittelbar vor die Füße gerutscht. „Ich kann nicht gerade sagen, dass mir Flo´s Männergeschmack gefällt!“ knurrt Giorgio trocken, ist aber ungeheuer erleichtert, das diese gefährliche Situation so gut ausgeht. „Den können wir leider nicht mehr ins Meer schmeißen, da die Insel zu weit weg ist, obwohl ich das am liebsten machen würde. Aber das wäre Mord und wir würden uns mit diesem Pack auf eine Stufe stellen. Aber in die Achterkabine werden wir ihn einquartieren, nur bitte gefesselt. Max und ich durchsuchen vorsichtshalber das ganze Schiff nochmal, nicht das uns so was wieder passiert!“ ordnet der Käpt´n an.
„Und nun wäre ich dankbar, wenn Ihr endlich die Hunde befreien, Euch waschen und was nettes anziehen würdet!“ seufzt er. In dem Moment wacht Flo wieder auf und bekommt den letzten Satz von Giorgio noch mit. Sie sieht die nackte Theresa an, dann an sich selbst herunter und bekommt einen Schreck. „Da kann man mal sehen, wie schnell man sich an Situationen gewöhnen kann.“ Bei den Temperaturen hier habe Ich überhaupt nicht mehr gemerkt, das ich nackt bin!“ „Mir geht es genauso, Entschuldigung!“ Theresa schaut verschämt zu Giorgio rüber. Plötzlich ist ihr diese Situation furchtbar peinlich. „Das muss Dir nicht peinlich sein Theresa!“ lacht er „Außergewöhnliche Umstände erfordern außergewöhnliche Maßnahmen. Du gehörst schließlich zur Familie. So wir müssen jetzt sehen, dass wir aus der Gefahrenzone herauskommen. Dieser schmierige Araber ist mit seinen Pershing Yachten viel schneller als wir. Außerdem informieren wir erst mal die chinesische Coast Guard über diesen Überfall und vorsichtshalber auch noch die von Vietnam!“ Giorgio stapft zum Funkgerät und erklärt denen über eine halbe Stunde den Überfall in allen Einzelheiten: „Nur wer hinter dem Ganzen steckt, ist mir noch ein Rätsel!“ schließt er.
Der Offizier der chinesischen Coast Guard, ein Admiral Li Wong, spricht gutes Englisch und erklärt ihm: „Uns nicht, wir haben in letzter Zeit insgesamt sieben Schiffsüberfälle in dieser Gegend festgestellt. Ein Schiff konnte die Ganoven in die Flucht schlagen, Vier sind bis heute spurlos verschwunden, zwei Weitere wurden, völlig ausgebrannt auf dem Meer treibend entdeckt. Für alle Schiffe wurde Lösegeld in Millionenhöhe verlangt und auch bezahlt. Von der Besatzung ist trotzdem niemand mehr aufgetaucht. Wir vermuten, das Araber aus Somalia dahinterstecken. Das rote Meer reicht ihnen offensichtlich nicht mehr. Wenn sie die Täter beschreiben und sogar Phantombilder anfertigen können, wären wir Ihnen sehr dankbar!“ „Und ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn sie uns von diesem, Knoblauch stinkenden Kerl befreien können und uns bis zur Vietnamesischen Küste Geleitschutz geben, da die Kerle ja noch hier irgendwo sein müssen!“ entgegnet Giorgio. „Das werden wir machen, eines unserer Schiffe liegt 120 Meilen östlich von Ihnen, die können in etwa vier Stunden bei Ihnen sein und sie bis Ho Chi Minh City begleiten. Die Vietnamesen und wir arbeiten oft zusammen!“ Giorgio bedankt sich und fühlt sich etwas leichter. „Jetzt müssen wir nur noch diese vier Stunden überstehen, also werden wir ab sofort mit doppelten Wachen arbeiten und hoffen, die Kerle nicht mehr zu Gesicht zu bekommen!“
Pia hat etwas geschlafen, gründlich geduscht und frische Sachen angezogen. Sie fühlt sich deutlich besser. Ihre Wunde schmerzt nur noch ein bisschen. Sie übernimmt mit Theresa zusammen die erste Wache. Giorgio steht am Ruder während Max und Flo sich unten wieder alltagstauglich machen. Sie wollen in zwei Stunden die Mädchen ablösen. Giorgio ist nicht böse, das langsam die Dämmerung hereinbricht, weil die Sicht dann deutlich schlechter wird und sie nicht ganz so leicht zu erkennen sind.
Da die Piraten mit Sicherheit mit Radar ausgerüstet sind, ist das für ihn nur ein kleiner Trost. Die ersten zwei Stunden sind fast herum, als das Funkgerät quäkt. Es ist Admiral Li Wong, der mitteilt, dass das Kanonenboot der chinesischen Marine pünktlich bei ihnen eintreffen wird und sie sich keine Sorgen mehr machen müssen. „Na hoffentlich haben Sie Recht!“ knurrt Giorgio. Gegen elf Uhr Abends, sehen sie ein schnelles Schiff mit Suchscheinwerfer auf sich zukommen. „Die sind ja überpünktlich!“ freut sich Flo, als sie eine Maschinengewehrsalve über ihren Köpfen in die Segel und Masten einschlagen hören. „Sofort in Deckung und Waffen holen, dass sind mit Sicherheit nicht die Chinesen sondern die Piraten!“ schreit Giorgio aufgeregt. Max und Flo hechten entsetzt zu ihren Waffen. Giorgio schaltet sämtlich Beleuchtung an Bord aus, um ihnen das Entern so schwer wie möglich zu machen. Sie haben den Vorteil, dass sie jeden Winkel und Gegenstand der Catalina kennen und zur Not auch ohne Licht auskommen können. Flo nimmt unterdessen ihren Eimer und streicht die Bordwand erneut mit Fett ein.
Giorgio schleicht sich in der Dunkelheit zur Badeplattform und zielt mit seinem großkalibrigen Gewehr auf das Ruderblatt, am Heck des Piratenschiffs. Er hat die Motoren noch auf voller Leistung laufen, trotzdem ist die Pershing deutlich schneller. Von dem zweiten Piratenschiff ist zum Glück noch nichts zu sehen. Max unterrichtet gerade aufgeregt Admiral Li Wong von dem erneuten Überfall. Der sichert ihm zu, vorab einen an Bord befindlichen Hubschrauber, der mit Nachtsichtgeräten und Waffen ausgestattet ist, loszuschicken. „Halten Sie bitte noch eine halbe Stunde durch!“ versucht er zu beruhigen. Theresa und Pia sind jetzt bewaffnet an Deck. Sie verstecken sich hinter dem Großmast und dem Steuerhaus und warten, das die Pershing nahe genug herankommt, um ein gutes Schussfeld zu haben. Giorgio ist sich sicher, dass nach ihren Erlebnissen mit diesen Verbrechern, keiner seiner Crew zögern wird zu schießen, um den Angriff abzuwehren. Jetzt brüllt der Schmuddeltyp wieder durch sein Megaphon und versucht die fünf einzuschüchtern. Pia, die die besten Augen von ihnen hat, zielt auf den grellen Suchscheinwerfer. Dann drückt sie ab. Eine Sekunde später ist der Scheinwerfer Geschichte. Sie hört wilde Flüche von drüben. Der Boss schreit noch lauter und feuert erneut eine Salve auf ihr Schiff.
Die Yacht ist nun nahezu gleich auf mit der Catalina. Giorgio versucht auf die Schraube zu zielen und drückt ab. Es passiert nichts und er versucht es ein zweites Mal. Nun hat er mehr Glück, das Motorengeräusch erstirbt schlagartig. Sie hören wilde Flüche. Max dreht vorsichtshalber das Schiff um 30° in Richtung der Yacht, damit sie ihre eigenen Schrauben aus dem Schussfeld bekommen. Erneut wird von drüben geschossen. Diesmal kommt ein Schrei vom Deck der Catalina. Theresa liegt am Boden und blutet stark an der Schulter. Max zieht seine Freundin aus der Gefahrenzone und erkennt, das es zum Glück nur ein leichter Streifschuss ist. Er zieht sein Hemd aus und drückt es auf die Wunde um die Blutung zu stoppen. „Danke, ich mach das schon, verteidige uns lieber. Wenn die an Bord kommen, sind wir alle Tod!“ stöhnt sie. Die Yacht bleibt jetzt, wegen ihres Schraubenschadens zurück, während Max mit voller Fahrt weiterfährt. Dass hindert die Gangster aber nicht, weiter hinter ihnen her zu ballern, zielen wegen der Dunkelheit aber nur ungenau. Leider landen sie aber noch einen Treffer in die Bordwand. In Höhe des Salons wird die Bordwand durchschlagen und verursacht großen Schaden in dem gegenüber liegenden Bücherregal.
In die Ballerei mischt sich nun das Geräusch von Rotorblättern. Die Crew ist maßlos erleichtert. Der Helikopter fliegt über sie hinweg, richtet ein Megaphon zur Yacht und ruft auf englisch, das sie sofort aufgeben sollen. Die Kerle ballern wie wild gegen den Helikopter, treffen aber nicht. Der chinesische Schütze ist offensichtlich gut ausgebildet, vor allem mit einem Nachtsichtgerät ausgerüstet. Er setzt mit einem gezielten Schuss die Kommandozentrale der Yacht außer Gefecht. Glas splittert, ein Mann schreit auf, dann tritt Ruhe ein. Max hat die Motoren jetzt abgeschaltet. Auf der Yacht rührt sich nichts mehr. Nur das Geknatter des Hubschraubers ist überdeutlich zu hören. Vorsichtshalber zieht der Pilot die Maschine hoch und kreist, für sie nicht mehr sichtbar, durch den Nachthimmel. 20 Minuten später hören sie einen kräftigen Schiffsdiesel brummen und sehen ein paar Minuten später ein mittelgroßes, mausgraues Kriegsschiff, was in ihrer Höhe stoppt. Admiral Li Wong kommt mit zwei Kollegen in einem Kontrollboot längsseits.
Er begrüßt Giorgio und seine Crew herzlich. Einer der Kollegen ist Arzt und versorgt sofort fachmännisch Theresas Wunde, sieht sich dann noch die Wunde an Pias Brust an und untersucht Flo wegen der Schläge, die sie einstecken musste. Giorgio und Max geben den gesamten Tatablauf zu Protokoll, beschreiben genau, wie sie überfallen und auf die Insel verschleppt wurden, wo sie auf der Insel die Gräber gefunden haben und übergeben den, in der Achterkabine eingeschlossenen, Piraten. Dann gibt Giorgio die genauen Koordinaten der Insel auf, wo der Rest der Bande zu finden ist. Ein zweites, schwer bewaffnetes Boot fährt unterdessen zur Pershing Yacht, entwaffnet dort fünf Mann und buchtet alle auf ihrem Schiff ein. Die Yacht nehmen sie in Schlepp. Admiral Li Wong erteilt per Funk einen Suchbefehl nach der zweiten Yacht: „Es wäre doch schön, wenn wir die komplette Bande ausschalten können!“ „Was haben diese Verbrecher zu erwarten?“ interessiert Max. „In solchen Fällen, mit Sicherheit die Todesstrafe!“ Max schluckt, sagt aber keinen Ton. Auch die Mädchen akzeptieren, angesichts dessen, was sie ihnen und vielen Anderen angetan haben, das harte Vorgehen der chinesischen Regierung, obwohl sie sich mit der Todesstrafe eigentlich nicht anfreunden können. Nachdem das Protokoll unterschrieben ist, die Schäden am Schiff von der Coast Guard bestätigt und direkt an die Versicherung weitergeben werden, verabschiedet sich Admiral Li Wong freundlich und tuckert auf sein Schiff hinüber.
„Nach all der Aufregung habe ich einen fürchterlichen Hunger!“ Flo stellt plötzlich fest, dass sie seit fast zwei Tagen, auf Grund der Aufregung und Anspannung, so gut wie nichts gegessen haben. Nach dem Essen, dreht Giorgio die Catalina auf Kurs Ho Chi Minh City, dem ehemaligen Saigon.
Mehrere Segel haben Löcher, die Fock ist nicht mehr einsatzbereit und die Schäden an der Bordwand, der Takelage und im Salon müssen dringend repariert werden. Deswegen funkt Max am nächsten Morgen an die Hafenbehörden in Saigon, welche Werft diese Reparaturen auf die Schnelle durchführen kann. Bereits 30 Minuten später hat er eine Antwort. Eine kleine Werft, mitten im Mekong Delta, die sich auf Reparaturen von Dschunken und Holzschiffen aller Art spezialisiert hat, will den Auftrag übernehmen. Als sie drei Tage später dort eintreffen, ist von einer Werft, wie sich die verwöhnten Europäer eine Werft vorstellen, nichts zu sehen.
Am Ufer liegen einige Stapel Holz herum, eine altersschwache Slipanlage ist zu erkennen. Sie ankern hundert Meter davor. Giorgio und Max fahren mit dem Dingi an Land und stehen auch bald dem Werftbesitzer gegenüber. Ein kleiner, quirliger, freundlicher Vietnamese blickt begeistert zur Catalina hinüber. „Schönes Schiff, schönes Schiff, sehr schönes Schiff!“ wiederholt er immer wieder. Er meint dann, nachdem er die Schäden an Bord besichtigt hat: „Keine Sorge Mister, in drei Tagen Schiff wieder wie neu!“ Dann stößt er einen gellenden Pfiff aus und winkt aufgeregt zum Ufer. Fünf Gestalten schwingen sich in ein kleines Boot und tuckern zur Catalina.
Dort angekommen, übergießt der Chef seine Leute mit einem großen Schwall Worte, die keiner der Weltenbummler versteht. Die Männer machen sich sofort an die Arbeit, wuseln in der Takelage herum, lösen die beschädigten Segel und sonstigen Teile, nehmen Maß und sind damit so schnell verschwunden, wie sie aufgetaucht waren. Giorgio und seiner Crew bleibt nichts anderes übrig, als aus der Wartezeit das Beste zu machen. Sie wollen erst mal Saigon besichtigen. Der Werftchef läßt es sich nicht nehmen, seine Kunden persönlich zu einer Stadtrundfahrt einzuladen. Er verfrachtet sie, einschließlich der Hunde in einen älteren, geräumigen Toyota Geländewagen und fährt über eine Stunde, in die City der sieben Millionen Einwohner Metropole.
Saigon ist flächenmäßig eine der größten Städte der Welt. Dementsprechend weitläufig ist hier alles. Giorgio und seine Crew sind froh darüber, dass ihre Stadtbesichtigung unter fachkundiger, einheimischer Leitung stattfindet. Sie staunen über die vielen schönen, gepflegten Bauten aus der französischen Kolonialzeit die bis 1954 dauerte. Die endete im berühmten Indochina Krieg mit der französischen Kapitulation.
Ho Fungh, ihr Werftchef und Stadtführer, lädt seine Kunden erst mal in ein Café´ ein. Er erzählt ununterbrochen von seinem Land, seiner Heimatstadt und führt die Catalina Crew nun zu Fuß durch die Stadt, da es unbedingt den, einmal ergatterten, Parkplatz zu verteidigen gilt. Ein unbeschreiblicher Verkehr, hauptsächlich aus Mopeds, Rollern und Lastwagen bestehend, wuselt, für westliche Augen total verwirrend, durcheinander. Alle folgen scheinbar nur dem Gesetz des stärkeren. Die Stadt ist bunt und gefällt ihnen ausnehmend gut. Ihr Fremdenführer führt sie jetzt zum Ben Thanh Market, einem der größten Märkte in Asien, wo man so ziemlich alles kaufen kann. Die Vietnamesen haben eine ausgezeichnete Küche und essen für ihr Leben gern. Es gibt natürlich eine Menge Restaurants in der Stadt, aber die Meisten essen an Straßenständen oder hier auf dem Markt. Ho Fungh führt sie zu einem, etwas versteckt liegenden Stand, platziert sie um einen alten, wackeligen Tisch und verhandelt mit der Köchin über die Speisen. „Hoffentlich bekommen wir keine Schweinefüße, oder gebratene Schlange, oder noch schlimmeres!“ fürchtet Pia. Auch die restliche Crew sieht dem Essen mit gemischten Gefühlen entgegen.
Endlich stehen über 20 Schüsseln auf dem Tisch. Die Köchin hat für ihre ausländischen Gäste aufgefahren, was die Küche hergibt. Es sieht lecker, aber auch fremdländisch aus. Flo, als Bordköchin, probiert sich langsam und vorsichtig von bekanntem zu unbekannterem durch, ist begeistert und gibt dem Rest der Besatzung Entwarnung. Das Meiste ist für sie undefinierbar aber sooo lecker. „Ich frage lieber nicht, was das im Einzelnen ist. Das will ich nicht wissen. Aber es schmeckt wirklich gut!“ Giorgio ist zufrieden. Ihr Stadtführer erklärt alle Speisen, zum Glück nur auf Vietnamesisch, weil ihm die Englischen Worte dazu fehlen. Er freut sich wie ein Kind, dass seine Empfehlung so gut ankommt. Auch die Hunde werden von der Köchin großzügig versorgt. Man merkt, das es auch ihnen schmeckt. Nach dem Essen und einem Bummel über den Markt, verfrachtet er seine Gäste in das Auto und fährt mit ihnen in anderer Richtung aus der Stadt. „Jetzt zeige ich, wie wir im Krieg überlebt haben!“ ruft er geheimnisvoll und meint den Krieg gegen die USA.
Am östlichen Ufer des Mekong befindet sich Cu Chi, ein riesiges, von Partisanen erbautes Tunnelsystem, was sich über 200 Km unter der Stadt herzieht und eine richtige unterirdische Zweitstadt beherbergt.
Ganze Schulen, Büros und Krankenhäuser sind, neben unendlich vielen Wohnstätten, zu finden. Die Eingänge sind geschickt getarnt und von nicht Eingeweihten kaum zu finden. Die Weltenbummler sind tief beeindruckt und werden von Ho Fungh zu immer neuen, interessanten Stellen geführt. Giorgio fragt sich immer wieder, wie es möglich war, während eines so heftigen Krieges eine ganze Stadt unter die Erde zu verlegen und zu betreiben, ohne das die Amerikaner oben etwas merkten. Er und der Rest seiner Crew bekommen Ehrfurcht und Respekt vor diesem klugen, mutigen Volk.
Als sie einige Zeit später zurück zur Catalina kommen, sehen sie schon vom Ufer aus, dass dort rege Betriebsamkeit herrscht. Zwei Mann arbeiten in den Rahen, die ohne die Takelage ziemlich nackt aussehen. Einer repariert die Bordwand von außen, zwei Andere beseitigen die Schäden im Salon und am Großmast. In der kleinen Halle sind drei Leute mit dem ausbessern der Segel beschäftigt und bereits halb fertig. „Donnerwetter, die sind ja Klasse!“ Pia staunt und meint die Schnelligkeit und die Qualität der Reparatur, da sie die ausgebesserten Stellen fast nicht mehr erkennen kann. „Wir morgen Abend fertig!“ ist Ho Fungh überzeugt.
Giorgio ist mit der bisherigen Arbeit sehr zufrieden, bedankt sich bei dem Werftchef für den schönen Tag und tuckert mit seiner Crew zur Catalina. „Ich habe eine Idee, was haltet Ihr davon, wenn die schon so schnell und sauber arbeiten, dass wir Herrn Ho Fungh und seine fleißige Truppe morgen Abend zum Essen auf die Catalina einladen!“ „Flo, dass ist eine Superidee, überlege Dir ein schönes Menü aus Deinem reichhaltigen Repertoire!“ Giorgio ist begeistert und überzeugt davon, dass diese Einladung bei den Arbeitern gut ankommt. Flo bespricht sich sofort mit Laurin in Singapur um Vorschläge für das Dinner auszuarbeiten. Den nächsten Tag verbringen sie wieder in Saigon, da sie an Bord nur im Wege stehen.
Erneut fasziniert sie die Betriebsamkeit der Einwohner, ohne das es hektisch wirkt. Flo, Theresa und Pia wollen unbedingt noch einmal zum Ben Thanh Market um sich nach Schuhen und Kleidern umzusehen. Vorsichtshalber trotten Giorgio, Max und die Hunde mit, um sich in diesem Gewirr nicht zu verlieren. Flo hat viele Zutaten für ihr Dinner am Abend ergattert, so dass sie voll bepackt am Nachmittag zum Schiff zurückkehren. Ihr Smutje stürzt sich gleich in die Vorbereitungen und ernennt Theresa zur Hilfsköchin und Pia zur Servicekraft.
Pünktlich um sieben Uhr am Abend sind alle Reparaturarbeiten an der Catalina erledigt. Giorgio nimmt mit Herrn Ho Fungh die Arbeiten ab. Es gibt nicht einen Kritikpunkt. Der Käpt´n lobt seine Werft in den höchsten Tönen. Der Werftchef verbeugt sich dankend immer wieder. Man merkt ihm den Stolz auf seine Firma und Mitarbeiter deutlich an. Als Giorgio am Morgen die Einladung zum Dinner ausspricht, will Herr Ho Fungh es gar nicht glauben. Dann ist er überglücklich und teilt seinen Mitarbeitern die Botschaft gleich mit. Alle verbeugen sich ehrfurchtsvoll und sind sehr geehrt. Um Acht Uhr am Abend stehen sie, frisch gewaschen und umgezogen am Ufer und fahren mit dem Boot zur Catalina rüber. Neun Personen sind zu Gast und bringen sogar ein Gastgeschenk mit. Einen großen Korb, mit Früchten und ausgefallenen Spezialitäten ihrer Heimat. Da drei Männer etwas englisch und zwei ein bisschen französisch können, verläuft die Unterhaltung beim essen fröhlich und lebhaft. Die Stimmung nimmt durch reichliches zuprosten mit Reiswein und Bier, fast ausgelassene Formen an.
Spät in der Nacht verabschieden sich die Vietnamesen unter zahlreichen Dankesbekundungen und Verbeugungen. Sie tuckern fröhlich an Land. Giorgio wirft einen prüfenden Blick hoch in den sternenklaren Nachthimmel und registriert zufrieden, dass alle Segel an ihrem angestammten Platz sind und wie neu aussehen. Am Morgen wollen sie noch Proviant und Wasser aufnehmen und sobald wie möglich die Anker lichten. Ihr nächstes Ziel ist die Hafenstadt Kampot in Kambodscha. Bis sie endlich den Proviant verstaut und die Catalina Seeklar haben, ist es bereits drei Uhr Nachmittags. „Wenn wir jetzt los segeln, kommen wir in spätestens drei Stunden in die Dunkelheit. Mr. Ho Fungh hat noch einen Vorschlag gemacht. Er will uns zu einer dreistündigen Bootstour auf dem Mekong einladen. Er möchte uns seine Heimat ein bisschen vom Wasser her zeigen, was haltet ihr davon?“ fragt Giorgio in die Runde. „Bevor wir durch die Nacht segeln, sehe ich mir lieber noch die Landschaft an!“ macht Flo ihren Standpunkt klar. Der Rest der Crew ist gleicher Meinung. „Also nehmen wir die Einladung an und schippern erst Morgen früh los!“ bestimmt Giorgio.
Herr Ho Fungh gibt sich viel Mühe, interessante Stellen herauszufiltern. Die Weltenbummler sind, von der Vielseitigkeit dieses riesigen Flussdeltas überrascht. Sie bereuen keinen Augenblick, die Einladung angenommen zu haben. Alle haben das Gefühl, einer echten Freundschaft mit Herrn Ho Fungh. Ihm geht es wohl ebenso. Da sie noch einen Stopp bei Freunden von Herrn Ho Fungh machen und auch die Gastfreundschaft und Herzlichkeit der Vietnamesen erleben, wird aus dem drei Stunden Trip ein fünf Stunden Trip. Gegen zehn Uhr verabschiedet Herr Ho Fungh seine neuen Freunde überschwänglich und fährt, offensichtlich schweren Herzens, zurück an Land.