35. Unliebsame mediterrane Momente

Kapitel 35  und  36  und 37 und   38 Epilog

35. Unliebsame mediterrane Momente

Nach schönen Aufenthalten auf diversen griechischen Inseln,segeln die Weltenbummler die Dalmatinische Küste hoch, nach Dubrovnik. Max hat Glück und bekommt die Erlaubnis, in dem alten Hafen, direkt unterhalb der Festung zu ankern. Die schöne Altstadt mit ihren winkligen Gassen liegt direkt vor ihnen und lädt zum Bummeln ein.

Sie tuckern mit ihrem Dingi zum Kai und vertäuen es direkt vor der Hafenmeisterei. Kolumbus und Felicia freuen sich, endlich mal wieder laufen zu können. Flo muss sich ordentlich ins Zeug legen, um sie zu halten. Im unteren Teil der Altstadt sind viele kleine Straßenkaffees. Eins hat einen besonders schönen Blick auf das Meer. Dort spendiert Giorgio seinen „Männern“ erst mal einen Drink. Nach ausgiebigem Stadtbummel besichtigen sie zum Schluss die Festung, von der man einen tollen Blick auf die Stadt, den Hafen und die Catalina hat.  Pia stutzt plötzlich und ruft aufgeregt: „Da ist doch jemand auf unserem Schiff!“ Tatsächlich und dort ist noch einer!“ Theresa zeigt auf den Niedergang, wo gerade ein Mann an der Tür herum fummelt. Hinten, an der Badeplattform liegt ein Boot!“ entdeckt Giorgio jetzt. „Die rauben uns aus!“ stellt Max ungläubig fest. „Ich rufe den Hafenmeister an, der soll die Polizei holen. Bis wir unten sind, haben die schon das halbe Schiff leer, verdammte Scheiße!“ schreit Giorgio aufgebracht. Der Hafenmeister versteht nicht gleich. Bis Giorgio ihm klar gemacht hat, was gerade vor sich geht, ist wertvolle Zeit verstrichen. Dann beeilt er sich, die Polizei zu rufen und will selbst mit ein paar Männern zur Catalina fahren.

In der Zwischenzeit hat der eine Kerl die Tür zum Salon aufbekommen und ist dahinter verschwunden. Der Andere sucht an Deck und im Ruderhaus offensichtlich nach Wertgegenständen, die sie zu Geld machen können. Pia und Flo, Ihr bleibt hier und beobachtet weiter. Wir rennen runter und versuchen noch rechtzeitig zum Schiff zu kommen. Wir lassen das Handy an, Ihr haltet uns über alles, was Ihr seht, auf dem Laufenden!“ Giorgio rennt los. Theresa und Max, mit den Hunden im Schlepptau hinterher.  Als sie, völlig außer Atem, zehn Minuten später am Liegeplatz ihres Dingis ankommen, sind die Einbrecher offensichtlich noch auf dem Schiff. Von der Polizei und der Truppe des Hafenmeisters ist nichts zu sehen. Sie klettern ins Dingi und preschen in voller Fahrt Richtung Catalina. Fünfzig Meter vor ihrem Schiff macht Max den Motor aus und paddelt leise zur Badeplattform. Dort zieht er pfiffig die Verteilerkappe vom Bootmotor der Ganoven ab, damit die nicht abhauen können. Dann will er sich mit Giorgio leise anschleichen, um die Kerle zu überwältigen. Sie haben aber die Rechnung nicht mit Kolumbus gemacht. Der stürmt wie ein Blitz an Deck, direkt auf einen der Kerle zu, bellt wütend und reißt ihn, mit einem riesigen Satz zu Boden. Dort bleibt er mit fletschenden Zähnen, böse knurrend über ihm stehen. Der Kerl ist so verstört, das er sich keinen Millimeter bewegt, sondern wie tot liegenbleibt.

Der Andere sucht offensichtlich unter Deck nach Wertsachen. Er hat wohl den Krach an Deck gehört und schleicht jetzt vorsichtig den Niedergang hoch. Felicia, die bis dahin ruhig hinter dem Ruderhaus gewartet hat, sieht den Kerl, schleicht sich leise neben den Niedergang, springt ihn von hinten an und reißt ihn zu Boden. Der fällt die Treppe wieder runter, Felicia bellend hinterher. Sie gibt ihm auch nicht den Hauch einer Chance, sich zu bewegen, sondern knurrt ihn genau so böse an wie ihr Freund Kolumbus. Zwei Minuten später kommt das Polizeiboot längsseits. Drei Polizisten springen an Bord, peilen die Lage und sammeln die beiden Kerle ein. Braucht Ihr die Hunde noch? Die können bei uns einen guten Job bekommen!“ Der Einsatzleiter ist vom Mut und der Entschlossenheit von Kolumbus und Felicia sichtlich begeistert. Die beiden Diebe werden jetzt, immer noch vor Angst zitternd, auf das Polizeiboot gebracht während Giorgio und Flo in der Zwischenzeit untersuchen, ob schon was geklaut wurde. Sie stellen beruhigt fest, das der Ganove unter Deck alles, was er bisher fand, auf dem Esstisch im Salon zu einem großen Berg aufgehäuft hat und noch nichts fehlt. Das nennt man wohl Glück im Unglück!“ Giorgio ist erleichtert und unterschreibt bereitwillig das Protokoll, was ihm der Einsatzleiter unter die Nase hält. Dann ist der Spuk vorbei, Flo bringt zum Dank den Ganovenbezwingern ein großes Würstchen aus der Pantry. Giorgio köpft auf den Schreck eine Flasche Prosecco.

Es ist jetzt Mitte Juli und recht heiß in Südeuropa. Da es bei Dubrovnik schöne Bade-buchten gibt, nutzen sie den nächsten Tag ausgiebig zum schwimmen und Tauchen.

Theresa tritt dabei leider auf einen Seeigel, hat höllische Schmerzen und kann nur noch humpeln. Max und Giorgio tragen sie zurück zum Schiff. Max behandelt die Wunde und pinselt etwas zum abschwellen auf den Fuß. Dann gibt Giorgio das Signal zum Auslaufen. Eine Stunde später sind sie bereits auf dem offenen Meer. Ihr nächstes Ziel ist Taormina auf Sizilien. In sechs Tagen wollen sie die 550 Seemeilen geschafft haben.

Fallwinde aus wechselnden Richtungen herrschen vor und zwingen sie zum häufigen Kreuzen. Daher erreichen sie die kleine Bucht von Taormina erst am siebten Tag und ankern in der Nähe eines kleinen Luxushotels.

Einige mutige Schwimmer schaffen es bis zu ihnen und wollen sich die Yacht unbedingt von nahen ansehen. Da die Mädchen an Deck nur mit Bikini herumlaufen, ist die Schar der schwimmenden Besucher überwiegend männlich. Einige versuchen Pia und Theresa in ein Gespräch zu verwickeln und können gar nicht verstehen, das die Mädchen kein italienisch sprechen, obwohl am Heck die italienische Flagge baumelt. Am Mittag machen sie sich, nicht ohne gründlich alles zu verschließen, mit dem Dingi auf, um Taormina zu besichtigen. Hinter dem Hotel ist eine schmale Küstenstraße. Auf der anderen Seite führt eine Seilbahn den Berg hinauf zur Stadt. Oben angekommen, sehen sie sofort das 2000 Jahre alte, römische Amphitheater vor sich und staunen, wie gut erhalten es noch ist. „Dort finden regelmäßig Veranstaltungen statt!“ Weiß Max aus seinem Reiseführer.

Danach sehen sie sich in den alten Gassen der schönen Stadt um und entdecken sofort eine Gelateria. „Italienisches Eis hat einen legendären Ruf, aber das sizilianische Eis soll noch um einiges besser sein!“ erklärt Max.  An der großen Kühltheke haben sie die Qual der Wahl aus fast 100 verschiedenen Sorten probieren sie so viele Eisbällchen, dass sie anschließend keine Lust mehr auf ein Abendessen haben. „Einige sind gut, viele sehr gut, aber schlecht hat mir keins geschmeckt!“ stöhnt Flo und hält sich den Bauch. Am Abend sitzt die Crew, bei einer Flasche sizilianischem Wein an Deck, genießt das Lichtermeer, was sich vor ihnen den Berg hinaufzieht und den Mond, der schwer über dem Meer hängt. Plötzlich, gegen elf Uhr erzittert die Luft von einem ohrenbetäubenden Knall. Die Hunde bellen, Giorgio springt auf und läuft zum Heck. Er denkt das mit der Maschine irgendwas ist. Theresa ist auch aufgesprungen und zeigt aufgeregt nach Backbord. Dort färbt sich der Himmel glutrot. Riesige Mengen an Aschewolken werden in den Himmel geschleudert. Pia schreit: „Der Ätna ist ausgebrochen!“

Der, aktivste Vulkan Europas liegt nur zehn Kilometer von Taormina entfernt. Seine entfesselten Naturgewalten sind von hier aus phantastisch zu beobachten

Die ganze Gegend ist jetzt in orange bis blutrotes Licht getaucht. Selbst die, aus dem Schlund heraus fliegenden Gesteinsbrocken sind von hier aus gut zu erkennen. Jetzt ertönen überall Sirenen, in dem Hotel vor ihnen bricht Hektik aus. Das Hotelpersonal läuft wild durcheinander und versucht alles, was nicht niet und nagelfest ist, ins Haus zu bringen. Das ist der Startschuss für Giorgio: „Sofort Beiboot einholen, Anker lichten und Maschinen startklar machen. Wir verziehen uns lieber auf das offene Meer. Wer weiß, wie weit die Brocken fliegen oder wie stark die Aschewolken auf uns runter prasseln. Also bitte Beeilung!“ Drei Minuten später hat er die Catalina gedreht und fährt mit voller Kraft aus der Bucht. Die Luft in der ganzen Gegend ist mit Schwefel erfüllt und bestärkt Giorgio in seinem Entschluss. Ununterbrochen ist ein dumpfes Grollen zu hören, unterbrochen von Kanonenschlag-artigen Ausbrüchen im Hauptkrater. Es ist ein faszinierendes Schauspiel, wie die orangerote Lava langsam die Hänge herunterfließt, offensichtlich sind noch keine bewohnten Gebiete in Gefahr. Der Ätna ist dafür bekannt, das er häufig ausbricht, aber selten größeren Schaden anrichtet!“ versichert Giorgio seinen ,Männern,.

Da nicht abzusehen ist, wie lange der Ausbruch dauert, entschließen sie sich, trotz der Nacht, weiter zu segeln. Sie wollen der Insel Capri einen Besuch abstatten, um dann, auf allgemeinen Wunsch, nach Ostia zu fahren. Von dort aus die ewige Stadt Rom erobern um noch etwas Kultur zu schnuppern. Max errechnet für die Strecke bis Capri vier bis fünf Tage. Da in der Straße von Messina eine heftige Gegenströmung herrscht und der Wind für sie nicht gerade günstig steht, setzt er ein großes Fragezeichen dahinter. Mit Hilfe der Maschinen schaffen sie die Gegenströmung noch in der Nacht.Im Morgengrauen erreichen sie die Liparischen Inseln und sehen in der Ferne auf der Backbordseite bereits den nächsten Vulkan vor sich hin dampfen. Die Insel Vulkano istüber 20 Seemeilen entfernt und grüßt mit einer Rauchwolke, ohne Lava Ausbrüche. Eine Stunde später taucht der dritte Vulkan dieser Gegend vor ihnen auf. Die Insel Stromboli liegt friedlich da. Sie zeigt keine Neigung für einen Ausbruch. Hier zu leben stelle ich mir nicht gerade prickelnd vor. Du musst ja ständig Angst haben, das eine dieser Zeitbomben in die Luft fliegt!“ grübelt Flo.

Nach kurzen Abstecher zur Insel Capri, die zwar schön, ihnen aber viel zu touristisch ist, wird ihr nächstes Ziel nun Rom, genauer gesagt, der Hafen von Antica Ostia, vor den Toren der ewigen Stadt, den sie in drei Tagen erreichen wollen.  Max hat recherchiert, dass es von dort eine Bahnverbindung zum Hauptbahnhof von Rom gibt, die nur 20 Minuten dauert. Also können sie tagsüber die Stadt erkunden und Abends in ihren bequemen Kojen schlafen. Giorgio hat den letzten Liegeplatz, auf der Innenseite der Halbkreisförmig angelegten Mole, ergattert und hört, dass sie dort mit ihrem schönen Schiff sehr willkommen sind. Woher weiß der denn, wie unser Schiff aussieht?“ wundert sich Theresa. Na, die Catalina ist im internationalen Schiffsregister eingetragen und beschrieben. Ein guter Hafenmeister sollte schon wissen, wen er in seinem Hafen zu Gast hat. Die meisten sind nur zu bequem oder zu blöd, dort einmal nachzusehen!“ lacht Giorgio.

Als sie, drei Tage später dort ankommen und ein schwieriges Anlegemanöver durchziehen müssen, ist die Mole voll mit Menschen, die den alten Segler unbedingt begutachten wollen. Der Hafenmeister hat offensichtlich kräftig die Werbetrommel für seinen Hafen gerührt.

Giorgio tut ihm den gefallen und segelt bis zum letzten Moment unter vollen Segeln zur Hafeneinfahrt. Als die Catalina endlich vertäut und die Gangway heruntergelassen ist , hagelt es kräftigen Beifall. Die Mädchen kommen sich wie Filmstars vor und winken huldvoll in die Menge. Dann schlurft der quirlige Hafenmeister an Bord, umarmt Giorgio wie einen alten Freund. Er schäkert sofort mit den Mädchen. Nach dem Giorgio ihn zu einem Glas Wein eingeladen und er die saftigen Liegegebühren für eine Woche kassiert hat, trollt er er sich wieder, nicht ohne den weiblichen Besatzungsmitgliedern anerkennend hinterher zu pfeifen. Das ist so ein typischer italienischer Macho. Es hat noch gefehlt, dass er mir seine schmierigen Griffel auf den Hintern geklatscht hätte!“ schimpft Flo angewidert. Giorgio geht nicht darauf ein, sondern fragt seinen Sohn: „Was hast Du für ein Programm für die ewige Stadt ausgetüftelt?“ „Mein Latein und Geschichtslehrer würde mir nachträglich noch eine Zwei geben, wenn er wüsste, was ich zusammen gebastelt habe!“ ist Max überzeugt. Wenn Du vorher eine Eins hattest, ist das keine überragende Leistung!“ spöttelt Flo.

Max zeigt ihr einen Vogel und fängt an: Wenn wir schon hier sind, sollten wir uns als erstes die Ausgrabungen von Antica Ostia ansehen. Das sind immerhin die größten Ausgrabungen Europas. Hier kann man am besten das tägliche Leben der Römer erleben. Es sind noch viele Häuser im Originalzustand. Vom Wirtshaus über Bäckerei bis zum Puff ist alles gut erhalten und restauriert. Dafür brauchen wir bestimmt einen ganzen Tag.  In Rom ist auf jeden Fall das Kolosseum, das Forum Romanum und der Pantheon einen Besuch wert. Dann haben wir eine gute Vorstellung über das römische Leben vor 2000 Jahren. Auch die Engelsbrücke über den Tiber, mit der Engelsburg, dem ehemaligen Mausoleum von Kaiser Hadrian, ist sehenswert. Wenn wir schon da sind, sollten wir auf jeden Fall den Vatikan mit dem Petersdom bestaunen. Da könnt Ihr am besten erkennen, welche Mengen von Kunstschätzen die katholische Kirche im Laufe der Jahrhunderte zusammengerafft hat.

Wir waren aber nicht in Rom, wenn wir nicht wenigstens eine Münze in den Trevibrunnen werfen. Die spanische Treppe ist dann auch nicht weit. Für Kunstfreaks ist der Palazzo Borghese und Palazzo Barbarini zu empfehlen. Die haben eine bedeutende Kunst- und Gemäldesammlung. Speziell für Giorgio und seine neue Assistentin habe ich das längste Wohnhaus Europas entdeckt, das Corviale.  Am Anfang empfehle ich allerdings, außer einer Stadtrundfahrt, wo wir überall aussteigen können, das Städtchen zu Fuß zu erkunden, da es eine riesige Menge an tollen Kirchen, schönen Innenhöfen und super restaurierten Fassaden gibt. Außerdem haben die hier jede Menge Fresstempel, wo jeder Geschmack bedient wird. Auch super tolle Pizzerien und Trattorien, bis zum abwinken. Ich glaube, das reicht erst mal für eine Woche, die Damen sind das laufen ja schließlich nicht mehr gewohnt, seitdem sie kaum noch Shopping machen!“ Max grinst zufrieden seine Schwestern an. „Du Hirsch machst doch selbst am schnellsten schlapp!“ giftet Flo zurück. Na ich denke, das Programm ist gut und wird uns einige Tage beschäftigen.

Um neun Uhr am nächsten Morgen macht sich die Crew auf den Weg, Ostia Antica zu erforschen.

Theresa filmt ununterbrochen die antiken Straßen und Plätze, die gut erhaltenen Häuser, bei denen man ihre frühere Bestimmung noch bestens erkennen kann. Giorgio ist verblüfft, welche Errungenschaften unserer Zeit damals schon bekannt waren. Wellnessoasen, Badehäuser bei denen beide Geschlechter ihre sexuellen Vorlieben getrennt oder miteinander ausleben konnten. Es gibt Wasserleitungen, Toiletten und Badewannen in vielen Häusern. Einige Gebäude waren sogar im Stil der römischen Epoche bis ins letzte Detail eingerichtet. Sie sind fasziniert von dieser riesige Ausgrabungsfläche und brauchen tatsächlich den ganzen Tag, um nur einiges zu sehen. Kolumbus und Felicia sind an Bord geblieben und freuen sich riesig, ihre Familie nun endlich zurück zu haben.

Wenn wir Morgen Rom erobern, nehmen wir die Beiden mit. Wir können sie nicht ständig allein lassen!“ entscheidet Giorgio.

Um acht Uhr morgens sitzen sie bereits in der Bahn und steigen eine halbe Stunde später am Bahnhof Termini aus. Sie stürzen sich zu Fuß in die Menge. Max hat noch einen guten Stadtplan organisiert und dirigiert seine Familie in Richtung Kolosseum. Giorgio ist an vielen architektonischen Details interessiert und fotografiert ständig. Sie stürmen einige Kirchen, die am Weg liegen und landen nach zwei Stunden vor der Hauptarena des römischen Reiches. Der Bau ist beeindruckend, wenn man bedenkt, das er bereits über 2000 Tausend Jahre hier herumsteht!“ staunt Pia. „Die Römer verstanden zu feiern. Theaterstücke, Zirkus, Gesangswettbewerbe, Reiterspiele und vieles mehr, wurde dem Publikum vorgeführt.

Aber man darf nicht vergessen, wie viel Leid und Grausamkeiten hier stattfanden. Sklaven mussten gegen Tiger oder wilde Stiere antreten und wurden bei lebendigem Leib, unter dem Johlen der Menge, zerfleischt oder bei Reiterspielen in Stücke gerissen. Ehebrecherinnen wurden gesteinigt oder lebendig den Schlangen zum Fraß vorgeworfen. Manche mussten auch als Huren arbeiten. Viele hochgestellte Persönlichkeiten nutzten diese Möglichkeit, ihre Frau oder Geliebte auf diese Weise loszuwerden. Auch mit Mördern, Verrätern oder Dieben ging man nicht zimperlich um. Es gab noch viele weitere Nettigkeiten, mit denen das Volk bei Laune gehalten wurde. Je grausamer es hier unten zuging, um so mehr Spaß hatten sie oben auf den Rängen!“ erklärt Giorgio seinen „Männern“.

Das Forum Romanum, was sie danach besichtigen, ist nicht so blutrünstig, vermittelt ihnen gute Einblicke in das frühere Rom und läßt ungefähr die riesigen Dimensionen des alten Rom´s erkennen. Zwei Doppeldecker Stationen später, steigen sie am Tiber aus und gehen über die Engelsbrücke zur alten Festung. Die Stadt ist kulturell schon toll. Das ist dass, was ich in Amerika so vermisst habe. Hier stolperst Du von einem Kultur Highlight zum nächsten. In den USA kannst Du in den meisten Gegenden nur von einem Hamburger Stand zum nächsten stolpern!“ überlegt Pia nachdenklich. Nach Besichtigung der Engelsburg ist ihr Bedarf und Aufnahmevermögen für heute erschöpft. Sie machen sich mit Felicia und Kolumbus auf den Rückweg zur Catalina.

Eine halbe Stunde später entdecken sie kurz vor dem Hafen eine gemütlich aussehende Pizzeria und können nicht widerstehen. Die Pizza ist Weltklasse, laut Flo ist allein deswegen schon ein Rom Besuch wert. Eine Stunde später biegen sie, satt und zufrieden, um die Ecke zur Hafenmole und laufen auf ihr Schiff zu. Erst nach ein einigen Sekunden registriert Giorgio, dass er die Catalina nicht sieht. „Wo ist denn unser Schiff?“ fragt er fassungslos. Pia sieht sich um und fragt sich, ob sie im richtigen Hafen sind. Alle Fünf rennen jetzt auf die Stelle zu, wo sie die Catalina fest vertäut und abgeschlossen verlassen haben. Dort angekommen, stehen sie ratlos vor der leeren Mole und starren ins Wasser. „Das gibt’s doch nicht, so ein großes Schiff kann doch nicht einfach aus dem Hafen verschwinden!“ Regt sich Giorgio auf und rast los, zum Hafenmeister. Die restliche Besatzung hinterher.

Dort angekommen, finden sie den Hafenmeister zusammen gekauert hinter seinem Schreibtisch vor. Von Macho keine Spur mehr. Er ist nur noch ein Häufchen Elend. Blass und apathisch sitzt er da. Giorgio merkt, dass er vor irgendetwas furchtbare Angst haben muss, er zittert wie Espenlaub. Trotzdem poltert Giorgio los: „Wir sind um die ganze Welt gesegelt, haben Überfälle, Entführungen, Hurrikans und wirklich gefährliche Situationen auf See miterlebt. Wir mussten mit den wildesten Ganoven in allen Erdteilen kämpfen und haben diese Schlachten immer gewonnen. Da lass ich mir doch nicht mein Schiff, ein paar Kilometer vor meinem Heimathafen unter dem Hintern weg klauen!“ Er schreit jetzt und schlägt wütend mit der Faust auf den Schreibtisch. Theresa fragt dazwischen: „Haben sie was gesehen und haben sie schon die Polizei verständigt?“ Der Hafenmeister wimmert jetzt kleinlaut: „Die haben mir verboten, die Polizei zu rufen. Ich darf niemanden überhaupt nichts sagen, sonst bringen die mich um und meine Frau auch!“ Er ist völlig durcheinander.

Wer sind Die?“ fragt Max aufgebracht. „Ich weiß nicht. Es waren fünf Männer, die in mein Büro gestürmt sind und sagten, dass sie Euer Schiff mitnehmen wollen. Ich dürfe nichts sagen und nicht die Polizei verständigen, sonst töten sie mich und meine Frau. Sie würden mich überall finden!“Das klingt ganz nach Mafia!“ Giorgio überlegt und denkt über die nächsten Schritte nach. Theresa, die durch ihre spanisch Kenntnisse auch mit italienisch gut klar kommt, hat schon den Hörer in der Hand und will die Polizei anrufen. Nee, warte noch, wir müssen erst mal überlegen, wie wir am Besten vorgehen. Auf jeden Fall dürfen wir jetzt nicht in Panik verfallen!“ Giorgio denkt an Brasilien, wo sie auch mit Bandenkriminalität zu tun hatten. Zum Glück hat er sein Notizbuch in der Tasche und ruft, ungeachtet von der Tageszeit, seinen Freund Jürgen Lüttich in Salvador de Bahia an. Er erklärt ihm kurz, was passiert ist und fragt ihn nach seiner Meinung, wie weiter vorzugehen sei. „Ich werde sofort bei Amadeus anrufen, die haben bestimmt auch Erfahrungen mit der Mafia oder können wenigstens einen Rat geben, wie man hier vorgehen sollte!“ hofft sein Freund. Er verspricht, gleich zurück zu rufen.Wir können auf jeden Fall schon mal die Deutsche Botschaft anrufen, die können uns vielleicht auch weiterhelfen!“ schlägt Pia vor.

Die Crew sitzt an einen Tisch, vor dem Hafenbüro und starrt unglücklich auf das Wasser. Langsam wird ihnen bewusst, was dieser Verlust für sie bedeutet. Mensch meine ganze Rezeptsammlung ist jetzt weg. Bolle und ich wollen uns damit eine Existenz aufbauen. Und alle Kleider und Schuhe sind weg!“ schreit Flo völlig verzweifelt. „Unsere Plattensammlung ist auch weg, da waren Originalaufnahmen dabei, die unersetzlich sind. Meine Kleider und mein Schmuck sind auch weg!“ Jammert Theresa mit Tränen in den Augen. Mein Schmuck ist auch weg, da waren Erbstücke von Mama dabei, an denen ich sehr hänge und an Kleidung hab ich nur noch das, was ich gerade anhabe!“ verzweifelt Pia. Vor allen Dingen sind unsere ganzen Papiere weg, im Safe die Bargeldreserven, Versicherungsunterlagen und der Schmuck von Euch. Allein alle Papiere wieder zu beschaffen, braucht Monate!“ überlegt Giorgio entsetzt. Unsere ganzen Kosmetika und Waschsachen. Ich hab nichts mehr anzuziehen, kann mich nicht waschen und müffel bestimmt schon wie ein Elch!“ Flo läßt ihren Tränen jetzt freien Lauf.

Was für ein Glück, dass wir die Hunde mitgenommen haben. Die wären sonst bestimmt erschossen worden. Kolumbus und Felicia hätten einen riesigen Rabatz gemacht, wenn Fremde Kerle ihr Schiff stürmen!“ ist Max überzeugt. Ihm läuft nachträglich ein Schauer über den Rücken. Das Handy klingelt, Jürgen Lüttich ruft zurück. „Also, die Leute von Amadeus sagen, ihr sollt sofort Kommissar Paolo Saporiti von der obersten Polizeibehörde in Rom anrufen. Der ist auch bei Amadeus und auf die Mafia spezialisiert. Außerdem ist er verschwiegen, nicht bestechlich und hat viel Macht bei der Polizei in Italien. Der wird Euch mit Sicherheit weiterhelfen. Bevor Ihr weitere Leute anruft, sprecht zuerst mit ihm. Nicht, dass die Mafia durch irgendwelche Lecks gewarnt wird!“ Vielen lieben Dank Jürgen, Du rettest uns schon zum zweiten Mal den Hintern, wir werden uns überlegen, wie wir uns revanchieren können. Wir halten Dich auf dem Laufenden!“

Er wählt sofort die angegebene Nummer und hört eine tiefe Stimme „Pronto“ sagen. „Senior Saporiti?“ fragt Giorgio. Als sein Gegenüber bejahte, berichtet Giorgio, wer er ist, was passiert ist und woher er seine Nummer hat. Senior Saporiti spricht sogar recht gut Deutsch. Er meint nach Giorgio´s Bericht ruhig: „Ich schicke ihnen einen Wagen, der sie abholt und zu mir bringt. Dann werden wir gemeinsam besprechen, wie wir vorgehen. Ich hoffe, das Sie noch nicht Ihre Botschaft, oder sonst jemanden angerufen haben. Je weniger von dieser Entführung wissen, um so schneller können wir die Fäden ziehen. Alles weitere besprechen wir, wenn Sie hier sind!“ Er hat aufgelegt, Giorgio berichtet seinen ,Männern, wie es weitergehen soll. Eine halbe Stunde später rollt ein großer, unauffälliger Lancia vor das Hafenbüro. Der Fahrer weist sich als Assistent von Paolo Saporiti aus. Sechs Personen und zwei Hunde finden gerade eben Platz in dem Wagen. 40 Minuten später geleitet ihr Fahrer die gesamte Catalina Besatzung in die oberste Etage eines unscheinbaren Nebengebäudes des römischen Polizeipräsidiums.

Sie werden durch eine Tür gebracht, die sich nur mit Sicherheitscode öffnen läßt. Die Crew betritt einen, zweckmäßig eingerichteten Büroraum. Vor der großen Fensterfront steht ein ebenso großer, antiker Schreibtisch, hinter dem sich jetzt ein Mann erhebt und auf sie zu geht. „Senior Lindner nehme ich an. Das sind Ihr Sohn und Ihre drei wunderschönen Töchter vermute ich. Zwei Wachhunde haben Sie auch mitgebracht!“ staunt Herr Saporiti lächelnd. „So hört sich ein seriöses Kompliment an, nicht so wie von dem Schmierlappen am Hafen!“ flüstert Flo ihrer Schwester ins Ohr. Herr Saporiti ist groß und gut aussehend. Er hat etwas von einem römischen Aristokraten. Alle drei Mädchen, sind, trotz ihrer misslichen Lage, angetan von ihrem Gegenüber.

Ich habe bereits meine Erkundigungen eingezogen. Es ist tatsächlich die Mafia, allerdings eine Unterabteilung aus Messina. Die müssen Ihr Schiff schon seit Sizilien beobachtet haben. Da diese Ganoven bestens vernetzt sind, ist es nicht schwer, heraus zu bekommen, welchen Hafen sie angelaufen haben. Die Werbung vom Hafenmeister hat noch zusätzlich geholfen!“ Aber so ein großes, auffälliges Schiff kann doch nicht einfach spurlos verschwinden!“ wirft Giorgio ein. Unterschätzen sie niemals die Möglichkeiten der Mafia oder Camorra, wie sie in Calabrien heißt. Die bauen das Schiff während der Fahrt um, streichen es komplett anders und verändern notfalls auch die Aufbauten, sodass Sie Ihr eigenes Schiff nicht wiedererkennen würden. Aber da wir wissen, das Ihr Schiff erst vor knapp drei Stunden geklaut wurde, ist der Zeitfaktor auf unserer Seite. Ich verfüge über einen eigenen Stab von Leuten, auf die ich mich voll verlassen kann, die bestens, für solche Fälle ausgebildet sind. Wir suchen bereits das Meer und alle Häfen ab, die man innerhalb drei Stunden erreichen kann. Mehr als 50 Leute sind unterwegs. Auch drei Hubschrauber habe ich im Einsatz um das Meer nach der Catalina abzusuchen. Außerdem laufen hier in Italien viele Möglichkeiten im äh, Graubereich, wenn Sie verstehen. Darum ist es wichtig, den Kreis der Personen, die davon wissen, möglichst klein zu halten!“ Er sieht der Reihe nach eindringlich Giorgio, die Mädchen und Max an.

Verstehe ich nicht, was meinen Sie damit?“ fragt Pia naiv. Sie müssen gar nicht so viel wissen, aber wir kennen bereits, mit ziemlicher Sicherheit die Auftraggeber. Wenn diese Schiffsentführung noch nicht an die große Glocke gehängt wurde, haben wir im Geheimen viel mehr Möglichkeiten, die Herren der sogenannten ehrenwerten Gesellschaft freundlich zu bitten, Ihr Schiff wieder herauszugeben. Wir haben da so unsere Methoden!“ grinst er geheimnisvoll. Die Details wollen wir lieber nicht wissen. Sind Sie denn zuversichtlich, dass wir unser Schiff bald wieder kriegen?“ Fragt Giorgio mit hoffnungsvoller Mine. „Ich will Ihnen nicht zu viele Hoffnungen machen, aber ich bin sicher, das die Chancen dafür über 60% liegen!“ meint Signore Saporiti. Eine halbe Stunde später klingelt das Telefon, Saporiti hört eine Weile zu, gibt kurze Anweisungen, legt auf und telefoniert gleich wieder. Dann dreht er sich zu Giorgio um und erklärt fröhlich. „Ihr Schiff ist gefunden. Es liegt in einer kleinen, etwas versteckten Bucht zwischen Ostia und dem Hafen von Anzio. Offensichtlich wollten sie gerade beginnen, das Schiff umzustreichen und die Aufbauten zu verändern. Unsere Männer haben sie freundlich überredet, das lieber nicht zu machen.

Ihr Schiff wird jetzt von unseren Leuten zurück nach Antica Ostia gebracht und dürfte in ungefähr zwei Stunden wieder im Hafen sein. Bis zu Ihrer Abreise werden wir Ihnen Bewacher zur Verfügung stellen, damit sie sich sorgenfrei Rom ansehen können. Außerdem habe ich veranlasst, dass Ihnen die Liegegebühren erstattet werden!“ Allen fällt ein riesiger Stein vom Herzen. Giorgio bedankt sich herzlich bei Signore Saporiti. „Konnten Sie die Ganoven denn wenigstens verhaften und wissen Sie was über die Hintermänner?“ Paolo Saporiti lächelt süffisant und macht nur eine vage Andeutung. „Wir, hier in Italien lösen solche Dinge manchmal etwas anders. Wir haben, sagen wir mal, ein Gentleman Agreement geschlossen. Die ehrenwerten Herren haben Ihre Yacht schadenfrei zurückgegeben. Dafür wissen wir offiziell nicht genau, wer dahinter steckt. Da diese mafiösen Strukturen bis in höchste politische Kreise reichen, ist es im Interesse des Gesamterfolgs gegen die Mafia, manchmal besser etwas zu übersehen oder nicht ganz so streng zu behandeln, wenn Sie verstehen!“ lächelt Saporiti unglücklich. Ich muss Sie wirklich bitten, dieses Gespräch absolut vertraulich zu behandeln!“ Giorgio nickt nur, sieht seine Crew an, die auch ergeben nickt und froh ist, bald ihre geliebte Catalina wieder unter den Füßen zu haben.

Wir fahren gemeinsam zum Hafen und überprüfen vorsichtshalber, ob alles in Ordnung ist und nicht doch was gestohlen wurde.“ Signore Saporiti gibt Anweisungen, den Wagen vorzufahren. Giorgio und seine Kinder sind merkwürdig schweigsam, jeder hängt seinen Gedanken nach. Giorgio würde am liebsten seinem Ärger über dieses merkwürdige Vorgehen Luft machen, verkneift es sich aber doch lieber. Zwei Stunden später liegt die Catalina tatsächlich wieder an ihrem alten Platz. Zwei Polizisten bewachen sie an Bug und Heck. Giorgio geht mit Signore Saporiti, Flo und Pia durch das ganze Schiff um zu prüfen, ob tatsächlich nichts geklaut wurde. Die einzigen Schäden sind die Aufgebrochenen Türschlösser am Niedergang, zum Ruderhaus und zu den Motoren. „Ich werde Ihnen sofort jemanden schicken, der das repariert!“ betont Signore Saporiti schuldbewusst. Giorgio bedankt sich und verabschiedet sich herzlich von ihm. Auch wenn ihm die italienischen Methoden der Mafia Bekämpfung nicht gefallen, er sie auch nicht nachvollziehen kann, erkennt er doch, dass ohne die ominösen Kontakte von Signore Saporiti ihr Schiff wahrscheinlich für immer verschwunden wäre.

Die Mädchen beziehen ihre Betten neu und schrubben Bäder und Pantry gründlich. Wer weiß, was die Verbrecher hier getrieben haben, vielleicht haben die mein Bettzeug angetatscht oder im stehen über die Klobrille gepinkelt!“ Flo schüttelt sich angeekelt. Glaubst Du etwa, die haben sich vor ihrem Beutezug noch ein paar Weiber besorgt und es in Deinem Bett getrieben!“ Max lacht. „Das ist Typisch Flo!“ Ich glaube eher, dass sie versucht haben, mit der Catalina so schnell wie möglich weg zu kommen und noch keine Zeit hatten, hier nach Schätzen zu suchen. Das haben die sich bestimmt für später aufgehoben!“ Ist Giorgio überzeugt.

Nachdem ihre Putz- und Aufräumaktion beendet ist, geht es den Mädchen deutlich besser. Sie suchen sich am Rande des Hafens eine kleines Ristorante und spülen die Aufregung und den Frust mit einem Barrollo hinunter. Am nächsten Morgen steht der Vatikan mit dem Petersdom auf dem Programm.

Dann wollen sie zum Trevi Brunnen fahren, irgendwo an der spanischen Treppe Mittag essen. Am Nachmittag ist die Kunstsammlung im Palazzo Borghese vorgesehen. Da es ziemlich heiß ist, planen sie am frühen Abend noch ein Bad im Meer zu nehmen. Theresa hat einen kleinen abgelegenen Strand, ganz in der Nähe des alten Hafens, entdeckt, den sie besuchen wollen. Pia muss immer noch an ihre gestrigen Erlebnisse denken. „Ich glaube, sowas ist nur hier möglich. In Deutschland hätte die Polizei alles darangesetzt, die Kerle hinter Schloss und Riegel zu bringen, oder was meint Ihr?“ Wahrscheinlich schon, so ganz sicher bin ich mir aber nicht. Korrupte Politiker, gibt es auch bei uns. Das Verbrechen nicht aufgedeckt werden, um die ehrenwerten Herren aus den höchsten Kreisen der Politik und Wirtschaft zu schützen, ist leider auch in Deutschland möglich. Es kann auch sein, das Signore Saporiti, um beim organisierten Verbrechen möglichst an alle Hintermänner heran zu kommen, bewusst großzügig war, um die Bosse in Sicherheit zu wiegen. Wie dem auch sei, wir werden es wohl nie erfahren!“

Giorgio lehnt sich zurück und genießt die Fahrt mit dem Doppeldeckerbus durch Rom. Am späten Nachmittag kommen die Fünf mit zwei Hunden todmüde an den Strand,

streifen sich ihre Kleidung ab und springen in die 26° warmen Fluten. Ganz allmählich werden ihre Lebensgeister wieder geweckt. Max, die Mädchen und die Hunde toben wild im Wasser herum. Giorgio beobachtet zufrieden, wie sie die Aufregung und Anspannungen der letzten Tage langsam abstreifen. Der Käpt´n telefoniert noch mit seinem Freund Lüttich, bedankt sich herzlich für die Kontaktvermittlung und berichtet ihm ausführlich von der wundersamen Rückführung der Catalina, Am nächsten Tag wollen die Mädchen, nach langer Zeit mal wieder shoppen gehen, zumal Rom, als Modemetropole ja einiges zu bieten hat. Giorgio hat das längste Wohnhaus Europa auf

Corviale 1 km langes Wohnhaus in Rom

dem Programm, anschließend die Gemäldesammlung des Palazzo Barbarini. Max ist mehr nach Entspannung. Er schnappt sich die Hunde und läuft zu dem Strand, wo sie Gestern waren. Da dort niemand ist, kann er auch die Hunde ungestört baden lassen und freut sich über den Spaß, den die Beiden dabei haben.

Am Abend trifft sich die gesamte Mannschaft an Deck und überlegt gerade, ob sie Morgen weiterziehen, oder noch einen Tag in Rom bleiben wollen, als eine tiefe Stimme in gutem deutsch ruft: „Hallo Catalina, ich bitte an Bord kommen zu dürfen!“ Flo sieht auf den Kai hinunter und erblickt das markante Profil von Signore Saporiti, der fröhlich hoch winkt. Selbstverständlich sind sie Willkommen!“ ruft sie. Im nächsten Moment steht er bereits neben ihr und lächelt sie freundlich an. Flo schaut etwas unsicher zu diesem gutaussehenden Römer. Sie merkt, das ihr plötzlich die Knie zittern. Mensch, der Kerl wäre schon eine Sünde wert, denkt sie sich, ärgert sich im nächsten Moment über sich selbst, da sie doch glücklich verlobt ist. Ist denn Ihr Vater auch da!“ Reißt er sie unsanft aus ihren Träumen. „Ja ja, natürlich, wir sind alle da!“ stammelt sie verlegen. Giorgio kommt gerade den Niedergang hoch und begrüßt Signore Saporiti freundlich. „Was verschafft uns die Ehre Ihres Besuches, trinken sie ein Glas Wein mit uns?“

Gerne, ich will Sie das, nicht zu vermeidende, Protokoll unterschreiben lassen. Ich bitte Sie nochmal um Verständnis, dass wir keine Festnahmen vorgenommen haben. Das Thema Mafia ist in Italien sehr komplex und schwierig. Es gibt bis in die höchsten Kreise leider viel Korruption. Es ist deshalb schwer, Freund und Feind auseinander zu halten. Meine Abteilung hat viele Sonderprivilegien. Wir haben schon viel geschafft, im trockenlegen vom Mafia Strukturen. Aber wenn man noch nicht alle Bausteine zusammen hat, ist es manchmal sinnvoller, den Gegner in Sicherheit zu wiegen, anstatt wild drauf los zu schlagen. Wenn Ihr Schiff Stunden früher entführt worden wäre, oder sie den Diebstahl viel später entdeckt hätten, wäre die Sache anders gelaufen. Aber da noch nichts weiter passiert ist, können wir dem Feind gegenüber großzügig sein. Da wir verdeckte Ermittler in diese Bande eingeschleust haben, wissen wir über deren Handlungen recht gut Bescheid und werden in nicht all zu ferner Zeit die komplette Struktur zerschlagen können!“

Flo bekommt von dem Gespräch nicht viel mit, denn sie ist immer noch mit dem Gedanken beschäftigt, dieses Prachtexemplar von einem Mann näher kennen zu lernen und überlegt, wie sie das am besten anstellen kann. Den Gedanken an Laurin hat sie erstmal in die hinterste Schublade ihres Gehirns geschoben. Als sie in die Pantry geht um noch etwas Gebäck zu holen, kommt Theresa ihr nach. Sie hat das merkwürdige Verhalten von Flo bemerkt. „Was ist los Flo, macht Dich der Saporiti nervös? Ich kann Dich beruhigen, das geht mir und Pia nicht anders. Das ist auch eine Sahneschnitte.

Schmetterlinge im Bauch

Aber um den müsste man ständig Angst haben, dass er eines Tages von der Mafia umgebracht wird. Außerdem liegst Du, bei seinem Aussehen, in einem ewigen Konkurrenzkampf mit tausend anderen Weibern. Das ist bestimmt nicht prickelnd!“  Du hast ja Recht. Wir haben ja drei tolle Männer ergattert, aber das plötzliche Auftauchen von diesem Typen macht wohl die frömmste Klosterschülerin verrückt. Meine Gefühle fahren gerade Achterbahn. Ich glaube, mir geht es auch nicht um Liebe, sondern einfach nur um leidenschaftlichen Sex!“ Du bist auch entwöhnt, seit Singapur ist ja nichts mehr los im Bett.“ Theresa nimmt sie in die Arme und versucht sie zu trösten. „Bald wirst Du ja Laurin wieder bei Dir haben. Dann hast du kein schlechtes Gewissen, da Du nicht mit dem schönen Römer in die Kiste gehupft bist!“

Frau Dr. Lauritzen, an Dir ist wirklich eine Psychotante verloren gegangen. Dann muss ich eben meine Begierde auf andere Art wieder loswerden!“ Grinst sie Theresa zweideutig an, schnappt sich die Gebäckschale und klettert zurück an Deck. Giorgio unterschreibt gerade das Protokoll während Paolo Saporiti sich über das zweite Glas Wein hermacht und im Gespräch mit Giorgio vertieft ist. Er ist der vollendete Gentleman, steht sogar auf, als Theresa und Flo sich wieder dazu setzten. Theresa merkt, dass auch Pia ihre Blicke nur schwer von ihrem Gast lassen kann. Sie stößt Pia unter dem Tisch vorsichtig an. Die steht verlegen auf und hastet die Treppe runter in den Salon. Kurze Zeit später geht Theresa ihr nach. Du hast den Italiener ja fast ausgezogen, mit Deinen Blicken!“ schmunzelt sie und erzählt, dass sie vor ein Paar Minuten das selbe mit Flo durchgemacht hat. „Hat man mir das angemerkt, das ist ja furchtbar!“ Pia sieht Theresa entsetzt an. Nein, Mann nicht, aber ich schon.“ grinst sie. „Für sein Aussehen braucht der einen Waffenschein. Da wird ja jede Frau verrückt. Das blöde ist, das ich Arthur wirklich liebe und auf keinen Fall betrügen möchte, aber sexuell zieht dieser Kerl mich unheimlich an. Ich weiß nicht, was das ist!“ Pia ist genauso durcheinander, wie ihre Schwester vor ein Paar Minuten. Du hast die selbe Krankheit wie Flo. Ihr leidet unter Sexentzug. Du hast Arthur das letzte mal in Thailand im Bett gehabt, das ist schon eine ganze Weile her. Da kann sowas schon mal passieren!“ tröstet sie ihre fast Schwägerin. Außerdem, so sehr viel anders geht es mir auch nicht. Obwohl ich Max sehr liebe und unser Sexleben wirklich stimmt. Mir wird auch abwechselnd heiß und kalt, wenn ich diesen Typen nur ansehe. Ich weiß auch nicht, was mit diesem Kerl los ist, aber irgendwie muss er was magisches an sich haben!“ grübelt Theresa.

Wenn unser Besuch weg und Max eingeschlafen ist, was bei seinem Weinkonsum wohl nicht lange dauern wird, würde ich mich freuen, Dich in meiner Koje begrüßen zu dürfen. Wir können unser Gespräch dann in Ruhe vertiefen, wenn Du verstehst, was ich meine!“ haucht Pia leise kichernd. Mit Ruhe wird es wohl nicht viel werden. Aber irgendwie müssen wir unsere aufgestauten Gefühle ja wieder loswerden!“ grinst Theresa zurück. Eine Stunde später ist es soweit. Signore Saporiti verabschiedet sich fröhlich, nicht ohne allen drei Damen einen kleinen Abschiedskuss auf die Wange zu drücken. Theresa und Max verdrücken sich danach weinselig in ihre Kojen. Giorgio, der dank der Wächter vor dem Schiff keine Bordwache einteilen muss, verzieht sich müde in seine Kabine. Flo räumt noch etwas die Pantry auf und Pia beseitigt die Reste der Zecherei. Eine Viertelstunde später sind alle in ihren Kabinen und es kehrt Ruhe ein.

Kurze Zeit später öffnet sich leise die Tür zu Pias Kabine und Theresa huscht, mit einem leichten Negligé bekleidet, zu Pia ins Bett. Die Mädchen verlieren keine Zeit und kommen gleich zur Sache und können erst nach einer Stunde, völlig verschwitzt und erschöpft, nun befreit von ihren aufgestauten Gefühlen, von einander lassen. Das ist immer noch besser, als wenn ich Max mit diesem Italiener betrogen hätte!“ versucht Theresa eine klägliche Rechtfertigung. Quatsch, für Max wäre das sicherlich Betrug, für Arthur bestimmt auch, aber sie müssen es ja nicht wissen. Wir Beide lieben unsere Männer. Wenn wir uns ab und zu, in Notfällen wie diesem, miteinander abreagieren, ist das Medizin für ein menschliches Bedürfnis, was befriedigt werden muss. Das geht keinen was an. Deshalb fühle ich mich noch lange nicht als Lesbe, zumal ich mir so was, wie mit Dir, mit keiner anderen Frau vorstellen kann!“  Pia lehnt entspannt an Theresas Schulter und streichelt immer noch zärtlich ihre Brüste. Mir geht es auch so. Vorhin, als ich mit Flo in der Pantry war und merkte dass sie auch, wegen Saporiti, sexuellen Notstand hat, überlegte ich einen Moment, sie als Frau zu trösten. Ich war mir aber nicht sicher, wie sie das auffassen würde. So sehr ich sie mag und als gute Freundin schätze, kann ich mir eigentlich nicht vorstellen, Sex mit ihr zu haben. Dieses Thema läuft nur zwischen uns Beiden und sonst mit niemandem. So und jetzt nimm Deine Finger da weg, sonst kommen wir nie zum schlafen!“ Theresa steht langsam auf, zieht sich ihr Negligé an und huscht zurück in ihre Kabine.

Am nächsten Morgen ist Giorgio schon früh auf den Beinen. Er plant bereits ihren letzten Törn zum Heimathafen Porto Maurizio. Kaum läßt Theresa sich blicken, drängt er sie, eine Proviantliste für den Rest der Reise zu erstellen und mit Flo die fehlenden Lebensmittel zu besorgen. Das Tankschiff hat er für neun Uhr bestellt, Frischwasser eine Stunde später. „Ich habe vor, gegen elf Uhr auszulaufen!“ verkündet er seiner Crew und duldet keinen Widerspruch. Wir haben jetzt Anfang August. Bis wir in Hamburg sind, dauert es mindestens noch drei Wochen. Wenn ich Ende August im Büro bin, habe ich noch ein bisschen Zeit, mich einzuarbeiten und mit Hubertus alles vorzubereiten, bis Fatimah Sadirih uns die Ehre gibt. Hubertus hat in Abstimmung mit ihr, ganz in der Nähe ein schönes Büro angemietet, was wir noch einrichten müssen, bevor sie kommt.

Hamburg Panoramablick

Ende September fällt dann der Startschuss für unser neues Hafenprojekt!“ Der Rest der Mannschaft hat nichts dagegen, freuen sie sich doch, nach über zweieinhalb Jahren wieder auf zu Hause, ihre Freunde und neue Aktivitäten.

Giorgio teilt Signore Saporiti telefonisch mit, dass sie in einer Stunde auslaufen und bedankt sich nochmal für die „unkonventionelle“ Hilfe. Dann machen die Fünf die Catalina startklar. Es ist drückend heiß, kein Lüftchen regt sich. Giorgio hofft, weiter draußen ein bisschen Wind zu erhaschen. Kurz bevor sie ablegen, rauscht der, ihnen bekannte Lancia auf die Mole und Signore Saporiti springt heraus. Er winkt und klettert behende die Gangway hoch um sich nochmal persönlich von ihnen zu verabschieden. Für die Mädchen hat er je eine Packung Pralinen mitgebracht. Er macht mit Max den Anfang, weil der ihm am nächsten steht und schüttelt ihm herzlich die Hand. Dann kommt Flo dran. Er drückt sie an seine Brust, flüstert ihr ein paar Worte ins Ohr und haucht ihr einen dezenten Kuss auf die Wange. Theresa und Pia ergeht es nicht anders. Zum Schluss drückt er Giorgio an seine Brust, läuft genauso schnell die Gangway wieder runter und steht winkend an der Mole.Was hat er Euch ins Ohr geflüstert?“ will Flo wissen. Mir hat er gesagt, das die Pralinen wegen der Hitze schnell in die Kühlung müssen!“ „Mir auch, so ein Filou. Aber ein Gentleman ist er schon!“ ist Pia überzeugt. Sie haben sein Parfüm noch in der Nase und alle Drei leicht wackelige Knie, als sie ihm von der Reling aus hinterher winken.

Nee, also dieser Mann wäre mir zu anstrengend. Wenn der um mich herum ist, kann ich mich ja auf nichts anderes mehr konzentrieren!“ stöhnt Flo irritiert. Das geht uns genauso, aber jetzt ist Herr Saporiti zum Glück Geschichte!“ seufzt Theresa, ein kleines bisschen erleichtert.

Kapitel 36

36. Aufregung bei Sardinien

Für die letzten 450 Seemeilen bis zu ihrem Heimathafen Porto Maurizio hat Max bei einigermaßen Wind sechs Tage kalkuliert. Wenn die Flaute allerdings anhält, können es auch gerne acht bis neun Tage werden. Am Abend des ersten Tages sitzt die Crew bei einem Glas Wein an Deck und genießt die letzten Sonnenstrahlen und den

aufgegangenen Vollmond auf der anderen Seite. Plötzlich fragt Giorgio in die friedliche Stille hinein: Ihr erinnert Euch doch bestimmt noch an Eure Schulzeit, wo die Lehrer nach den großen Ferien, nach Eurem schönsten Ferienerlebnis gefragt haben. Da unsere Reise langsam zu Ende geht, frage ich Euch mal, was hat Euch am besten gefallen und was war das schrecklichste Erlebnis für Euch?“ Pia grübelt: „Das kann ich so gar nicht sagen. Die ganze Reise ist vom ersten Tag an ein Traum. Ich bin ewig dankbar, sowas erleben zu dürfen. Mein schönstes Erlebnis war verständlicherweise Borneo, als ich den Mann meiner Träume kennengelernt habe. Das schrecklichste war wohl die Monsterwelle im Pazifik, weil ich richtige Todesangst hatte. Aber im Nachhinein ist diese Reise eine riesige Bereicherung in meinem Leben. Sie wird mir unvergesslich bleiben!“

Mir geht es genauso!” ist Theresa überzeugt. „Mein schönstes Erlebnis ist die Verlobung mit Max in New Orleans und dass wir durch diese Reise noch mehr zusammengeschweißt wurden. Außerdem, dass ich in Euch eine so tolle Familie gefunden habe, in die ich gern einheirate. Das Schlimmste, was ich erlebt habe, war auch die Monsterwelle, die Entführung in Brasilien und die fast Vergewaltigung in Papua Neuguinea. Aber sonst ist die Reise wunderschön und aufregend. Ich bin Euch ewig dankbar, dass Ihr mich mitgenommen habt!“ Ich bin Dir ewig dankbar, dass Du mitgekommen bist. Stell Dir vor, ich hätte die Reise mit den beiden Hühnern und meinem alten Vater allein machen müssen, das wäre nicht halb so schön geworden!“ Albert Max und sieht seine Verlobte zärtlich an. „So, wie wir uns in den letzten zweieinhalb Jahren kennen und lieben gelernt haben, hätten wir in sieben Jahren Ehe nicht geschafft. Deshalb bin ich sicher, das Du die Richtige für mich bist!“ strahlt er. „Außerdem die vielen Länder, mit so unterschiedlichen Menschen zu erleben, war einfach toll. Ich habe in dieser Zeit mehr gelernt, als in meiner ganzen Schulzeit. Das Schlimmste war für mich Eure Entführungen in Brasilien und Papua. Da habe ich richtig Angst um Euch gehabt!“ Max blickt auf die Mädchen. Er schaudert immer noch, wenn er nur daran denkt.

Flo setzt sich in Positur: „Das tollste für mich ist die Reise überhaupt und dass ich mich beim kochen richtig ausleben konnte. Die vielen Rezepte und exotischen Speisen, die ich kennen gelernt habe, kann ich mein ganzes Leben verwerten. Ich erinnere mich immer an diese schönen Jahre an Bord und hoffe, das Euch meine Küche geschmeckt hat, auch wenn manchmal was danebenging. Das Schrecklichste war für mich die Entführungen in Brasilien und Papua. Da hatte ich wirklich Angst, das die mich Vergewaltigen und ich den Rest meines Lebens Aids krank im Puff verbringen muss. Die Monsterwelle hat mir nicht soviel Angst gemacht, weil ich auf die Segelkünste von Giorgio vertraut habe. Toll fand ich natürlich auch die Zeit, die Bolle mit an Bord war und wir Tag und Nacht zusammen waren. Das hat uns noch mehr zusammen geschweißt. Ich werde jedenfalls Onkel Victor ewig dankbar sein, uns so eine tolle Erbschaft hinterlassen zu haben. So Herr Oberlehrer, jetzt bist Du dran!“ Flo sieht auf ihren Vater, lehnt sich zurück und nippt an ihrem Weinglas.

Der Käpt´n sieht träumend auf das Meer und meint bedächtig: Also, die Reise an sich war für mich schon ein Erlebnis. Es hat großen Spaß gemacht, dieses stolze Schiff durch Wind und Wellen zu führen. Es hat mir auch großen Spaß gemacht, mit Euch diese Reise zu machen. Wenn ich noch an unsere Abreise denke, wie schnell ihr Euch eingelebt und alle Handgriffe der christlichen Seefahrt gelernt habt, muss ich sagen, Hut ab. Das schafft nicht jeder. Wenn ich daran denke, wie friedlich und harmonisch das zusammenleben der ganzen Besatzung über so lange Zeit auf so kleinem Raum war, bin ich richtig Stolz auf Euch. Ihr seid in diesen 32 Monaten reifer und Verantwortungs-bewusster geworden und oft genug über Euch hinaus gewachsen. Ihr habt in kritischen Situationen die richtigen Entscheidungen getroffen und bewiesen, dass ihr zur Not solch ein Schiff alleine durch die Weltmeere schippern könnt. Zusammenhalt, Hilfsbereitschaft und Kameradschaft waren für Euch keine Fremdworte. Ihr habt die ganze Zeit danach gelebt. Das macht mich glücklich, weil ich weiß, das diese Reise Euch das eigentliche Rüstzeug für´s Leben gegeben hat. Glücklich bin ich aber auch, weil ihr, Max und Flo, tolle Lebenspartner gefunden habt, die, davon bin ich überzeugt, gut zu Euch passen und die Stolpersteine des Lebens gemeinsam mit Euch wegräumen werden.

Du Pia, wenn ich daran denke wie oft Du traurig warst, Dein Glück noch nicht gefunden zu haben und unglücklich die Liebe von Flo und Max miterleben musstest, um so froher bin ich heute, dass Du völlig unverhofft doch einen Mann, den Du liebst, gefunden hast. Arthur passt gut zu Dir und zu unserer Familie. Ich freue mich auf Eure Verlobung, vielleicht sogar eine Doppelverlobung, wenn ich meine Eigene dazurechne. Jedenfalls bin ich mit Lone glücklich und kann mir eine gemeinsame Zukunft gut vorstellen. Alles in allem war die Entscheidung, das Erbe anzutreten, genau die Richtige. Wir können und müssen uns bald voll auf Beruf und Studium konzentrieren, sind Reifer und toleranter geworden. Wir haben durch diese Reise an Lebenserfahrung gewonnen, was uns auch im Beruf zugute kommen wird. Bevor Ihr jetzt bei so viel Lob abhebt, lasst uns lieber darauf trinken, das wir eine solche Reise erleben durften und Onkel Victor das in weiser Voraussicht ermöglicht hat!“ Giorgio hebt sein Glas und prostet seinen „Männern“ zu.

Pia, Theresa und Flo sind gerührt und haben mit Tränen zu kämpfen. Auch Max wischt sich verstohlen über die Augen. „Herr Kapitän, das hast Du toll gesagt, aber die ganze Reise wäre nicht so gelaufen, wenn wir nicht so einen spitzen Käpt´n gehabt hätten, der durch nichts aus der Ruhe gebracht wurde. Er hat mit viel Erfahrung dieses schöne Schiff durch die Weltmeere gesteuert. Auf den besten Kapitän, den die christliche Seefahrt je gesehen hat!“ Flo stößt mit ihrem Vater an.

Inzwischen wird das Meer von einem hell leuchtenden Vollmond beschienen.

Die Catalina pflügt unter vollem Tuch, mit mäßiger Geschwindigkeit, ruhig durch die Wellen. Giorgio fragt: „Wie sieht das jetzt mit Euren weiteren Plänen aus? Habt Ihr Euch schon Gedanken über Eurer Studium gemacht. Pia, was ist mit Dir?“Ich möchte nach wie vor meinen Traum verwirklichen und habe mich bei der Tiermedizinischen Hochschule in Hannover erkundigt. Ich will mich dort einschreiben und hoffe nur, für den Herbst noch einen Platz zu bekommen, sonst muss ich bis März warten. Arthur hat sogar reelle Chancen, auf Grund seiner Ausbildung und seiner internationalen Erfahrung dort eine Professur zu bekommen. Das entscheidet sich in den nächsten Wochen. Dann werden wir uns dort eine kleine Wohnung nehmen und Euch an den Wochenenden oft besuchen!“ schwärmt Pia und sieht ihren Bruder an.

Ich bin wild entschlossen Jura zu studieren. Damit Theresa nicht so viele Probleme mit Ihrem Job bei der Lufthansa hat, habe ich doch entschieden, das Studium in Hamburg zu machen und versuche auch, für den Herbst noch einen Platz zu bekommen. Außerdem sind wir uns einig, im nächsten Frühjahr zu heiraten, weil ich so ein Prachtweib auf keinen Fall mehr loslassen möchte!“ Verkündet Max glücklich und küsst sein Prachtweib zärtlich. Flo ist bekanntlich praktisch veranlagt und erklärt selbstbewusst: „Das ich Architektur studieren und später den Laden von Giorgio übernehmen möchte, habt ihr schon gehört. Aber zuerst will ich bei Giorgio ein Praktikum machen. Jetzt, wo er reich und berühmt wird und eine der besten Architektinnen der Welt in seinem Team hat, kann ich mir die Gelegenheit nicht entgehen lassen, diesen Koryphäen über die Schulter zu schauen. Studieren werde ich in ein oder zwei Jahren. Mit der dann erworbenen Praxis tue ich mich im Studium bestimmt leichter!“ hofft Flo. Außerdem kommt Bolle bald nach Hamburg zurück. Dann werde ich ihm bei der Eröffnung seines eigenen Gourmettempels helfen und mit Rat und Tat zur Seite stehen. Ich glaub, dann bin ich gut ausgelastet!“

Theresa hat die ganze Zeit ruhig zugehört. Sie meint bescheiden: Mit diesen tollen Plänen kann ich nicht mithalten. Ich werde zurück zur Lufthansa gehen, vielleicht in einem Jahr Abteilungsleiterin werden. Irgendwann wollen wir auch mal an Kinder denken, so in zwei oder drei Jahren vielleicht!“ Sie sieht hoffnungsvoll zu Max, der bestätigend nickt. Am nächsten Morgen sind erst knapp 90 Seemeilen geschafft. Jetzt kommt etwas mehr Wind auf, bläht die Segel und bringt die Catalina auf Touren.

Eigentlich wollten wir ja nach Hamburg segeln. Ich habe mir das so toll vorgestellt, die Elbe hoch unter vollen segeln, dann an den Landungsbrücken festmachen!“ schwärmt Flo. Das hatten wir ja vor, würde aber mindestens zwei Monate länger dauern. Die Zeit habe ich, wegen unseres neuen Projektes nicht. Wir werden das auf jeden Fall nachholen. Auf Dauer möchte ich die Catalina gern in unserer Nähe haben, um öfter kurze Törns machen zu können. Ob sie dann in Hamburg oder an der Ostsee liegt, müssen wir sehen.

Aber das mit dem Anlegen an den Landungsbrücken kannste vergessen, da ist für unsere stolze Lady bestimmt kein Platz, aber vielleicht im Museumshafen von Oevelgönne. Wenn es soweit ist, werden wir es wissen. Ein Problem haben wir aber noch. Wir haben Palmiotta und Luigi versprochen, den Liegeplatz in Porto Maurizio zu behalten. Jetzt müssen wir ihnen schonend beibringen, dass wir unsere Meinung geändert haben!“ grübelt Giorgio. Strahlende Sonne brennt heiß auf das Deck. Giorgio ist mit seinen Seekarten beschäftigt, als das Telefon klingelt und Hubertus einige Fragen mit ihm klären muss.

In letzter Zeit haben sie täglich mindestens einmal miteinander gesprochen, um ihr Projekt vorzubereiten. Da Giorgio in der Zwischenzeit über die Vorstellungen des Hamburger Senats gut informiert ist, hat er bereits vor einigen Wochen angefangen Skizzen zu zeichnen, Machbarkeitsstudien zu entwickeln und grobe Vorplanungen zu fertigen. Er will unbedingt Anfang Oktober mit Fatimah Sadirih und Hubertus vernünftige Gesprächsgrundlagen haben. Gedanklich wird er immer wieder abgelenkt, da er oft an ihre fast beendete Reise denken muss und was sie alles in dieser Zeit erlebt haben. Dabei fällt im Dottore Alessandro Palmiotta ein, der von ihrer baldigen Rückkehr noch gar nichts weiß. Giorgio greift zum Telefon und ruft ihn in seiner Kanzlei an. Der Sekretär sagt ihm, das Dottore Palmiotta nur noch einmal in der Woche arbeitet und auf seinem Privatanschluss erreichbar ist. Giorgio wählt also diese Nummer und hört gleich darauf die sonorige Stimme von Alessandro. Als Giorgio ihm erklärt hat, dass sie in etwa vier Tagen wieder in Porto Maurizio festmachen, ist er ganz aus dem Häuschen: „Ich haben öfter Postkarte bekommen von Euch, aber die kamen oft erst nach Monaten. Ich werden auf jede Fall nach Porto Maurizio kommen, dann müssen Ihr mir alles erzählen!“ Er freut sich sehr auf Giorgio, seine Familie und auf die Catalina.

Drei Tage später hat die Catalina die Nordspitze von Korsika erreicht. Auf der Backbordseite sieht Giorgio im Dunst Cap Corse liegen. Auf der Steuerbordseite liegt die kleine Insel Capraia, an der sie in ungefähr 500 Meter Abstand vorbeiziehen.

Giorgio erklärt gerade, dass sie genau auf der Grenze zwischen Frankreich und Italien segeln, als plötzlich ein fürchterliches, kreischendes Geräusch ertönt. Die Catalina wird leicht nach Backbord gedrückt. Das Geräusch dauert ein paar Sekunden und ist im ganzen Schiff zu hören. Dann ist wieder Ruhe. Die Catalina setzt ihren Kurs unbeirrt fort. „Was war das denn?“ fragt Pia entsetzt. Das hörte sich an, als wenn wir irgendwas gestreift haben. Das Geräusch kam jedenfalls von unserem Rumpf!“ befürchtet Giorgio. Ich prüfe mal, ob unten alles in Ordnung ist!“ Max flitzt den Niedergang runter und kommt ein Paar Minuten später mit der Meldung zurück, dass er keine Schäden feststellen kann. „Entweder haben wir Glück gehabt, oder der Schaden sitzt tiefer am Rumpf. Wenn wir das prüfen wollen, müssen wir tauchen!“ Da ich keine Veränderung am Segelverhalten feststellen kann, gehen wir das Risiko ein und fahren erstmal weiter. Pia, halt die Koordinaten im Logbuch fest. Wenn wir irgendwas merken, können wir immer noch tauchen!“ bestimmt der Käpt´n.

Zwei volle Tage brauchen sie noch, bis Giorgio am Horizont die Berge der Seealpen erkennen kann. ,Männer, in zwei Stunden ist unsere Reise zu Ende!“ Giorgio greift zum Telefon und ruft Alessandro Palmiotta an, um ihre Ankunft mitzuteilen. Giorgio, ich finde das die Catalina irgendwie schwerfälliger auf Steuermanöver reagiert!“ stellt Theresa, die am Ruder steht, fest. „Das ist mir vorhin auch schon aufgefallen, aber ich habe mir nichts dabei gedacht!“ Flo schaut schuldbewusst zu ihrem Vater. Giorgio entscheidet vorsichtshalber beizudrehen und Anker zu setzen, auch wenn sie nur noch drei Seemeilen vom Hafen trennen. Ich möchte lieber nachsehen, ob unter Wasser alles in Ordnung ist und werde tauchen!“ entscheidet er. „Ich komme mit!“ ruft Max. „Ich auch!“ bestimmt Pia. Alle drei legen ihre Taucheranzüge an und springen von der Badeplattform ins Meer. Da das Wasser ruhig ist, können sie sich schnell orientieren. Sie suchen gemeinsam den unteren Rumpfbereich auf der Backbordseite ab. Außer erneutem, starkem Algenbewuchs können sie keine Schäden feststellen.

Dann schwimmen sie um den Bug herum und sehen nach etwa drei Metern, das der Rumpf über dem Kielbereich aufgerissen ist. Der Riss ist relativ schmal aber mindestens zwei Meter lang. Nun ist Giorgio auch das kreischende Geräusch klar. Da die Catalina einen Stahlrumpf hat und an irgendwas entlang geschrammt sein muss, ist dieses fürchterliche Geräusch entstanden. Pia deutet auf den Riss und gibt Zeichen, das hier Wasser ins Schiff eindringt. Sie schwimmen zur Badeplattform zurück und klettern an Bord.

So ein Mist, muss uns das ausgerechnet in Sichtweite von unserem Heimathafen noch passieren. Jetzt ist mir klar, warum die Catalina so schwerfällig reagiert. Da ist bestimmt schon die ganze Bilge vollgelaufen (Die Bilge, wird auch Kielraum genannt und ist der unterste Bereich im Schiffsrumpf. Dieser Bereich wird bei vielen Booten nicht genutzt.) Wir müssen sehen, das wir schnell in den Hafen kommen. Das muss notdürftig abgedichtet und das Wasser aus dem Schiff gepumpt werden. Dann muss die Catalina ins Dock und repariert werden. Hoffentlich bekommen die das ordentlich hin!“

Giorgio hat sich auf ein ruhiges letztes Einlaufen gefreut. Er ist jetzt richtig sauer über diesen Zwischenfall, der ihn wieder Zeit und Geld kosten wird. Sie lichten die Anker, setzten Segel und steuern die Catalina auf die Hafeneinfahrt von Porto Maurizio zu.

Zwei Stunden später haben sie den Endpunkt ihrer Weltreise erreicht. Langsam fährt Giorgio auf den Kai zu, an dem sie mit der Catalina vor über zweieinhalb Jahren zu ihrer Weltumsegelung aufgebrochen sind. Am Kai stehen bereits einige Leute und sehen dem Einlaufmanöver interessiert zu. Als sie nahe genug heran sind, erkennen sie Luigi und Alessandro, die fröhlich winken. Dahinter stehen einige Menschen, die ihnen allen den Rücken zudrehen. Als Pia und Max die Leinen auf den Kai werfen, drehen sich die Leute, wie auf Kommando um und winken ausgelassen zur Catalina. Jetzt erkennt Pia, Hubertus, in seinen Windschatten Naina Haberland, ihre beste Freundin. Dahinter Alexa Schilling, die beste Freundin von Flo. Dann steht da noch, etwas schüchtern Henriette Herzig auf dem Kai und freut sich diebisch, ihre Ersatzfamilie endlich wieder zu sehen.

Hubertus hat diese Überraschung ausgebrütet. Da er durch seine vielen Telefonate mit Giorgio weiß, wann sie ungefähr kommen, hat er die Damen überredet, mit ihm hierher zu fahren, um die Weltenbummler zu überraschen. Das heißt, viel Überredung war nicht nötig, da die Heimkehrer von allen Freunden und Bekannten schmerzlich vermisst werden. Die Crew der Catalina ist fassungslos. Alle haben, wegen dieser gelungenen Überraschung, Tränen der Freude in den Augen. In Windeseile wird die Gangway heruntergelassen. Schon stürmen alle das Schiff und fallen sich in die Arme.

Nachdem die Begrüßung erledigt ist, nimmt Giorgio Luigi beiseite und berichtet ihm von ihrer Havarie mit einem unbekannten Gegenstand. Giorgio, da mussen wir informieren gleich die Küstenwache. Es sein gut, dass ihr haben Koordinate, das mussen sofort kontrolliere von Die!“  Giorgio ruft gleich an und berichtet von ihrer Havarie und dem Schaden. Luigi, was können wir machen, das Schiff ist in der Bilge voll Wasser und liegt deutlich tiefer als sonst!“ Ich sprechen gleich mit gute Amigo. Der kennen sich mit Reparaturen von Schiffe aus. Der soll schnell kommen!“ Schon hängt Luigi an seinem Telefonino und spricht eindringlich auf seinen Freund ein. In der Zwischenzeit zeigen Pia und Flo ihren Freundinnen das Schiff. Die kommen aus dem Staunen nicht heraus. „Da hättste mich ruhig mal Fragen können, ob ich mit will!“ spielt Naina die Beleidigte. Auch Alexa hätte sich die Tour mit Flo gemeinsam durchaus vorstellen können. Giorgio führt unterdessen Frau Herzig und Hubertus durch das Schiff. Er versichert Beiden, dass er, sobald er Zeit dafür hat, die Catalina nach Hamburg überführen wird und sie zu manchen Törns mitnehmen möchte. Dann treffen sie sich an Deck. Giorgio köpft die letzten Flaschen seines Weinvorrats. Palmiotta sitzt wie ein italienischer Grande in einem Deckchair und genießt seine geliebte Catalina in vollen Zügen. Frau Herzig ist etwas älter geworden, aber offensichtlich tut ihr die Nordseeluft auf Amrum gut. Sie freut sich, endlich wieder im Kreise ihrer Familie sein zu können und will von Flo und Pia unbedingt alles über ihre Reise wissen. Mädels, Ihr seid in den zwei Jahren noch schöner geworden!“ Ist sie überzeugt und bewundert Pia und ihr Küken, Flo.

Hubertus schlendert bewundernd durch das Schiff und hat die verrücktesten Ideen. „Mensch Giorgio, wenn Du den Kahn nach Hamburg holst, könnten wir ihn doch an den Überseebrücken festmachen. Dann laden wir den Hamburger Senat und die restliche Mischpoke zu einem Umtrunk ein und feiern die Auftragsvergabe an das Büro Sadirih, Lindner und Meyerdierks auf diesem stolzen Schiff. Das ist bestimmt eine gute Maßnahme zur Förderung der Zusammenarbeit, oder was meinst Du?“ Zuerst sollten wir unsere Bürogemeinschaft in Gang bekommen, dann müssen die Verträge von allen Seiten unterzeichnet sein, die Finanzierung muss stehen. Die Generalunternehmer gefunden werden. Wenn alles in trockenen Tüchern ist, können wir ans feiern denken. Bis dahin ist die Catalina auch in Hamburg!“ verspricht Giorgio. „Was den Umtrunk für den Senat betrifft, ist das wohl Bestechung!“ vermutet er.

Dann taucht Luigi mit einem Mann auf, der ein komplettes Tauchequipment mit sich herum schleppt. „Giorgio, das sein Salvatore, er haben Schaden am Rumpf schon gesehen und sagen, Schiff muss in Werft. Kosten muss die Versicherung bezahlen, nicht Du. Ich fahren in zwei Tagen mit Salvatore nach Genua und bringen in Werft. Die können gut reparieren und auch ganze Algen von Rumpf wegmachen. Isse guter Plan?“ will er wissen. Isse guter Plan!“ willigt der Käpt´n sofort ein. Dann soll sich die Werft diese neue Nanobeschichtung zum Schutz vor Algen besorgen und aufbringen, wenn die Catalina schon im Dock ist!“ Verkündet Giorgio und denkt dabei an Lone, die ihm davon erzählt hat. Eine Stunde später bekommt er einen Anruf der Küstenwache. Die haben vor der Küste von Capraia tatsächlich ein bis dahin noch nicht bekanntes Wrack gefunden, was offensichtlich im letzten Sturm seine Lage verändert hat. Ausgerechnet die Mastspitze dieses Wracks wurde der Catalina zum Verhängnis. Giorgio bedankt sich und flucht laut: „Na das wird ein schönes Gerangel zwischen den Versicherungen. Bis wir unser Geld sehen, können Jahre vergehen!“ Er setzt sich zu Alessandro und spült seinen Ärger mit einem Glas Wein hinunter. Es wird trotzdem ein feucht fröhlicher Abend, bei dem jeder viel erzählen will, aber alle immer wieder durcheinander reden.

Weit nach Mitternacht brechen ihre Gäste auf. Hubertus hat in weiser Voraussicht

Zimmer in einem Hotel in Imperia gemietet und auch Signore Palmiotta dort einquartiert. Am Morgen ist ihr Empfangskomitee komplett zum zweiten Frühstück an Bord versammelt. Flo hat mit Pia´s und Theresa´s Hilfe einen Brunch vorbereitet. Hubertus drängt gegen Mittag zum Aufbruch, da sie immerhin noch über 1300 Kilometer zu fahren haben. Auch Palmiotta muss nach Genua zurück und verabschiedet sich schweren Herzens von den Lindner´s. Ihr seid richtige Freunde geworden für mich. Ich sein sehr froh, dass Vittorio gemacht mit seine Erbe doch alles richtig. Ich nur traurig, das Ihr lebt so weit weg und wir kaum uns noch sehen!“ Alessandro, ich habe eine gute Idee!“ strahlt Giorgio ihn an. „Was hältst Du davon, wenn wir den Überführungstörn nach Hamburg zusammen machen? Du fährst mit uns, bleibst einige Tage in Hamburg und fliegst dann zurück!“   Das sein eine sehr gute Idee. Ich werde das machen. Hamburg kenne ich noch nicht und segeln mit Euch, machen bestimmt große Vergnügen!“ Er strahlt wieder und freut sich sichtlich über Giorgio´s Vorschlag. Dann klettert er in seinen Range Rover und dampft los.

Hubertus, Frau Herzig, Naina und Alexa verabschieden sich jetzt auch. Die Catalina Crew winkt hinter ihnen her, bis sie außer Sichtweite sind. „Na, wir sehen uns ja in einer Woche schon wieder. Wir werden jetzt erst mal zwei große Mietwagen besorgen, langsam hier abrüsten, Klarschiff machen und Luigi das Schiff und die Verantwortung überlassen. ,Männer, das heißt unwiderruflich Koffer packen. Heute und Morgen Nacht schlafen wir noch an Bord. Übermorgen früh rauschen wir ab, dann ist die schöne Zeit auf der Catalina leider Geschichte!“ verkündet Giorgio wehmütig. Die Mädchen fangen an, ihre Klamotten und alles Andere zusammen zu packen, während Giorgio mit Max die Transporter organisiert. Flo ist mit ihrer Küche, äh Pantry beschäftigt und überlegt intensiv, was sie mitnehmen und was hierbleiben soll. Theresa hört sie immer wieder fluchen und schaut vorsichtshalber in der Pantry nach. Probleme?“ „Ja, ich weiß nicht, was ich alles mitnehmen soll, in den Jahren hier an Bord ist soviel dazu gekommen, das kann ich in Hamburg auch nicht alles unterbringen!“ „Dann lass es hier. Für den nächsten Törn brauchst Du es sowieso wieder!“ „Dann nehme ich eigentlich nur meine Rezeptsammlung und die restlichen Lebensmittel mit!“ Entscheidet Flo und ist schon wieder bester Laune.

Am nächsten Morgen ist Salvatore schon früh an der Arbeit und versucht das Leck mit einem Unterwasser Dichtungsmittel provisorisch abzudichten, damit nicht noch mehr Wasser ins Schiff laufen kann. Nach zwei Stunden ist er fertig und zieht zufrieden wieder ab. Luigi hat Giorgio versprochen, ihn vom Fortschritt der Reparaturarbeiten auf dem Laufenden zu halten. An Deck und im Salon stapeln sich immer mehr Koffer,

Taschen und Kartons. Giorgio hat Sorge, ob sie alles in den zwei Transportern unterkriegen. Mensch wir haben in diesen zweieinhalb Jahren ne ganze Menge zusammengekauft!“ stöhnt Pia. Den ganzen Tag ist die Mannschaft mit Packen, entrümpeln und Saubermachen beschäftigt. Am Abend sind sie fix und fertig. Flo weigert sich ihre saubere Küche für das Abendessen zu entweihen. Also gehen die Fünf ein letztes Mal Pizza essen und fallen danach todmüde in die Kojen. Mensch, so geackert haben wir während unserer ganzen Reise nicht!“  Flo schnappt sich das Telefon und verschwindet in ihrer Kabine, um ein letztes Mal vom Schiff aus mit Bolle zu telefonieren.

Um acht Uhr morgens sind die Weltumsegler wieder auf den Beinen. Giorgio und Max schleppen Unmengen von Gepäckstücken und müssen eine logistische Meisterleistung vollbringen, um alles sicher zu verstauen. Sie einigen sich darauf, das Max und Theresa die Hunde mitnehmen. Giorgio mit Pia und Flo den anderen Wagen, mit dem Haupteil des Gepäcks fährt. Die Mädchen sind mit letzten Aufräumungs und Reinigungsarbeiten beschäftigt. Flo macht ein letztes Frühstück an Bord. Luigi kommt auch zum Frühstücken. Giorgio geht dann mit ihm das ganze Schiff durch und übergibt ihm die

Takelage der Brigg Roald Amundsen

Schlüssel. Ich werde Catalina hüten, wie meine Augenapfel. Wenn ich sehe, was nicht in Ordnung, ich repariere. Wenn alles fertig und Catalina zurück von Werft, ich rufe an!“ verspricht er.

Dann stehen alle an Deck und sehen wehmütig in die Takelage. Das stolze Schiff ist ihnen Heimat und Fluchtburg geworden. Sie haben das traurige Gefühl, einen guten Freund zurück lassen zu müssen. Als die beiden Autos den Kai verlassen, winkt Luigi ihnen lange nach. Zum Glück sieht er nicht mehr, das alle fünf Weltenbummler tränen in den Augen haben.

 

37. Zurück in einer neuen, alten Welt

Nach zwei Übernachtungen kommen die Fünf am nächsten Abend todmüde in Hamburg an. Einiges hat sich in den zweieinhalb Jahren verändert, Baustellen, Umleitungen und Staus aber leider nicht. Als sie in die St. Benedictstraße einbiegen, sehen sie vor ihrem Haus viele Menschen stehen, die ihnen einen begeisterten Empfang bereiten. Die ganze Hausgemeinschaft, Dr. Emden nebst Gattin, Frau Herzig, natürlich Hubertus, und viele ihrer Freunde. Zu Giorgios großer Überraschung haben auch Lone mit den Zwillingen Gunilla und Solveig den Weg nach Hamburg nicht gescheut. Er ist überglücklich und schließt sie in die Arme. „Wenn mein weitgereister Prinz in die heimatliche Burg zurückkommt, muss die Prinzessin doch zur Stelle sein!“ lacht sie.

Pia, Theresa und Flo freuen sich genauso über den Besuch der beiden Mädchen. Als die Begrüßung vollzogen ist, die Hautür geöffnet war, überrascht Frau Herzig in alter Gewohnheit ihre Lieben mit einem üppig gedeckten Tisch und serviert ein leckeres Buffet. Auch Kolumbus freut sich offensichtlich, sein altes Zuhause wieder zu haben. Nur Felicia ist etwas verstört. Ihre Heimat war ja die Catalina. Hier muss sie sich erst einleben. Sie läuft Kolumbus hinterher und beschnuppert alles gründlich. Nachdem sie viele Male den Fahrstuhl mit ihrem Gepäck beladen und alles in ihrer Wohnung verstaut haben, bringt Giorgio mit Max die Transporter zur Leihwagenstation. Dann geht er mit Lone zum gemütlichen Teil über. Sie muss leider schon am nächsten Tag abreisen. Den Empfang von Giorgio und seinen Kindern wollte sie sich nicht nehmen lassen. Lone schläft mit in Giorgios Zimmer, Gunilla bei Flo und Solveig bei Pia. Das heißt zum schlafen kommen sie in dieser Nacht alle nicht viel. Die Mädchen plappern ununterbrochen über ihre Erlebnisse. Lone schmiedet mit Giorgio bereits Pläne, wie es mit ihnen weitergehen soll.

Frau Herzig schläft in dieser Nacht im Gästezimmer. Sie will am nächsten Tag zurück auf ihre Nordseeinsel. Sie ist überglücklich, für einen Moment wieder Ersatzmutter spielen zu dürfen. Vor allem darüber, das Giorgio ihr das Angebot gemacht hat, den Über-führungstörn der Catalina nach Hamburg mit zu segeln und freut sich schon sehr darauf. In den darauf folgenden Tagen gibt es für Alle viel zu tun. Pia und Max melden sich bei ihren Uni´s an, Giorgio muss zahlreiche Behördengänge erledigen, Theresa plant mit ihrem alten Chef ihren Wiedereinstieg in den Job. Flo spricht mit Giorgio und Hubertus über ihre Praktikantenzeit im Büro Lindner & Meyerdierks.

Drei Wochen später geben die Heimkehrer eine große Party und laden die Menschen ein, die auch auf ihrer Abschiedsparty vor zweieinhalb Jahren waren. Sie haben etliche Fotos, Video´s und Filme vorbereitet und möchten ihre Freunde und Bekannten, so weit es geht, an ihren Erlebnissen teilhaben lassen. Pia, die die ganze Zeit das Logbuch der Catalina führte, hat nebenbei noch ein privates Reisetagebuch geführt und ließt jetzt viele spannende Stellen daraus vor. Die Einzigen die dabei, zum Leidwesen von Pia und Flo noch fehlen, sind Laurin und Arthur. Laurin ist noch zwei Monate in Singapur gebunden und kommt dann nach Hamburg. Arthur beendet seinen Vertrag im November und kann seine neue Stelle in Hannover bereits zum ersten Dezember antreten. Mit diesem fröhlichen Abend, im Kreise ihrer Freunde und Bekannten, setzen die Weltreisenden endgültig den Schlusspunkt unter ihre spannende, aufregende, gefährliche, aber auch schöne und erlebnisreiche Reise um die Welt.

 

38. Epilog

Giorgio hat tatsächlich ein Jahr später Lone geheiratet. Er lebt heute glücklich mit ihr in der großen Altbauwohnung in der St. Benedictstraße. Lone hat ihre Kanzlei in Kopenhagen behalten und einen Partner aufgenommen. Sie selbst hat eine zweite Kanzlei in Hamburg eröffnet und arbeitet als Fachanwältin für deutsch dänisches Recht mit mehreren große Firmen, die in Dänemark Geschäfte machen, zusammen. Giorgio´s Projekt der südlichen Hafenkante ist nach drei Jahren Bauzeit fertig und ein großer Erfolg geworden. Die Zusammenarbeit mit Fatimah Sadirih klappte hervorragend. Sie arbeiten bereits an einem neuen Projekt für ein außergewöhnliches Büro und Wohnhochhaus in Dubai zusammen.

Giorgio holte die Catalina sechs Monate nach dem Ende ihrer Weltreise nach Hamburg. Sowohl Alessandro Palmiotta wie auch Henriette Herzig und Luigi haben die Crew der Catalina bei dieser Reise begleitet. Die ganze Familie macht regelmäßig Ausflüge mit dem schönen Klipper. Giorgio plant bereits eine Reise rund um Afrika, um die ursprüngliche Route zu vervollständigen.

Pia hat vier Wochen nach ihrer Rückkehr ihr Studium der Veterinärmedizin in Hannover begonnen. Sie suchten sich eine gemütliche Wohnung und lebt dort mit Arthur, ihrem Mann glücklich zusammen. Gemeinsam mit Giorgio und Lone sowie Theresa und Max haben sie ein Jahr nach ihrer Rückkehr in Hamburg geheiratet. Es wurde ein Riesenfest, mit allen Freunden, Bekannten und Verwandten aus England, von Arthur´s Seite, aus Dänemark von Lones Seite. Selbst Alessandro und Luigi aus Italien sind extra nach Hamburg gekommen.

Arthur hat die Professur an ihrer Hochschule bekommen. Beide wollen, nach Beendi-gung von Pia´s Studium für einige Zeit nach Malaysia und Indonesien zurück, um bedrohten Tierarten vor Ort besser helfen zu können.

Max hat in Hamburg sein Jurastudium aufgenommen und sich mit Theresa zusammen eine schöne Wohnung im Stadtteil Winterhude genommen. Theresa arbeitet weiter in ihrer alten Abteilung bei der Lufthansa. Da sie drei Monate nach ihrer Hochzeit Schwanger wurde, hat sie ihre Tätigkeit auf eine Halbtagsstelle reduziert. Sie haben ein kleines Mädchen bekommen. Die ganze Familie ist stolz über den Nachwuchs. Nach seinem Studium will sich Max auf Internationales Seerecht spezialisieren und hofft so, zur Sicherheit der Weltmeere beitragen zu können.

Flo hat ihr Praktikum im Büro Sadirih – Lindner – Meyerdierks erfolgreich durchgezogen und ein Jahr später ihr Architekturstudium an der Uni in Hamburg begonnen. Sie ist mit Bolle in ein altes Loft im Stadtteil Eimsbüttel gezogen. Laurin hat tatsächlich ein kleines, feines Restaurant eröffnet. Er legt größten Wert darauf, keine Schickimicki Küche zu führen, sonder nach dem Motto – Große Qualität zu kleinen Preisen – gute und ehrliche Produkte anzubieten, die sich auch Normalverdiener leisten können. Sein Restaurant läuft ausgezeichnet und ist bei jung und alt gleichermaßen beliebt.Neben ihrem Studium berät Flo ihren Freund bei gastronomischen Ideen und Konzepten und hilft Bolle wo sie kann.

Giorgio und sie haben festgelegt, dass sie spätestens in zehn Jahren in das Büro ihres Vaters, als gleichberechtigte Partnerin einsteigt und später, wenn ihr Vater und Hubertus sich zur Ruhe setzen, ganz übernimmt. Verheiratet sind die Beiden noch nicht, wollen das aber, laut Flo, spätestens nach dem ersten Betriebsunfall nachholen.

Kolumbus und Felicia sind bei Giorgio geblieben und freuen sich riesig, wenn ein Familienmitglied zu Besuch kommt.

__________________________________

Der Autor versichert, dass alle Handlungen und Personen frei erfunden sind

und jede Ähnlichkeit mit lebenden oder toten Personen unabsichtlich oder zufällig ist.

 

… erinnern Sie sich, die Gorch Fock – ein bildschöner Windjammer – war auf unserem alten 10 DM Schein abgebildet: