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passende Weihnachts- und Silvestergeschichten

Am Weihnachtsbaum die Lichter brennen.

Der Tannenbaum gehört zum Weihnachtsfest wie “Last Christmas” in die Weihnachtsplaylist. Damit die Tanne uns ein frohes Fest bescheren kann, muss sie einiges auf sich nehmen. Das läuft nicht immer ganz fair, ist aber Tradition.

Ich geb’s zu: Ich lieb sie ja auch. Die in perfekte Form gezüchtete Nordmanntanne, die jedes Jahr wieder ihren Weg in unser Wohnzimmer findet. Weihnachtsstimmung? Oh yes. Den Abend vor Heiligabend verbringt meine Familie damit, jedes auch nur ansatzweise glitzernde – ähem – Schmuckstück, das wir in die Finger kriegen, in das nadelnde Grün zu hängen. Als wäre es die einzige Möglichkeit, unser inneres Verlangen nach Kitsch auszuleben, hören wir erst auf, wenn wir irgendwann den Baum vor lauter Christbaumkugeln nicht mehr sehen. Mehr ist eben mehr. Mit dieser Zeremonie küren wir unsere Tanne feierlich zum Weihnachtsbaum. Oh Tannenbaum, oh Tannenbaum.

All-überall auf den Tannenspitzen

Ganze zehn Jahre hat diese Tanne auf ihren großen Moment gewartet. Now it’s your time to shine, baby. Ob Josef und Maria damals wohl bewusst war, was sie für einen Hype auslösen würden, als sie in Bethlehem durch den dichten Wald von Nordmanntannen und Blaufichten liefen? Wohl kaum, wurde die Nordmanntanne doch erst im 19. Jahrhundert entdeckt. Dennoch: Früher ging man ja zumindest noch in den Wald, um den Baum für das wohlige Heim zu fällen. Heutzutage reicht der Supermarkt nebenan.

Dafür muss die Tanne selbst allerdings einen wahrlich weiten Weg auf sich nehmen. Ihre Samen werden nämlich in den Wäldern Georgiens gepflückt. Dort hüpfen unterbezahlte Arbeitskräfte ohne Schutzkleidung durch 50 Meter hohe Tannen.

Qualität hat nun mal ihren Preis. Wer was fürs Gewissen tun möchte, kauft dieses Jahr sonst einfach bei einem großen Baumarkt sogenannte „fair trees“ – hier absolvieren besagte Zapfenpflücker*innen nämlich unter anderem ein fünftägiges Klettertraining. Das Fest ist gerettet, absolut fair. Obwohl, den Tannenbaum bei einer großen Baumarktkette kaufen? Doch nicht ganz so fair.

Wachsen tut unsere kleine Tanne dann auf monokulturellen Plantagen mit der regelmäßigen Zufuhr von Pestiziden. Wir wollen ja, dass sie schön gleichmäßig buschig wächst. Irgendwann ist die Zeit gekommen und unsere Tanne wird auf dem nächstbesten Parkplatz zum Verkauf angeboten. Nun heißt es, alles rausholen und zeigen, was du kannst, kleine Tanne. Denn nur wenn sie groß und üppig ist, wird sie auserwählt. Für viele Familien ist das Tannenshopping das Highlight überhaupt. Wer fährt die dickste Karre? Wer hat den schönsten Tannenbaum? Die Tanne muss einfach perfekt sein, einzigartig, hier wird auf gar keinen Fall gegeizt. Es soll sogar Familien geben, die daran zerbrechen, den einen Baum zu finden.

Rockin’ around the Christmas Tree

Ist sie einmal auserwählt, erlebt unsere Tanne dann ihre vollkommene Erfüllung, indem sie uns ein ganz besonders weihnachtliches Gefühl beschert. Ich muss sagen, das klappt auch immer ganz gut. Weihnachten ohne Tannenbaum? Unvorstellbar! Wo sollen wir sonst all die Geschenke platzieren? Wo die Christbaumkugeln aufhängen? Die Tanne hat einfach Tradition. Wer jetzt allerdings glaubt, dass Caspar, Melchior und Balthasar ihre Geschenke damals unter einen geschmückten Tannenbaum legten, der irrt. Es waren nämlich die Germanen , die sich für die Wintersonnenwende erstmals immergrüne Pflanzen vor das Haus legten. Sie hofften damit auf Fruchtbarkeit und Lebenskraft. Als die Tanne dann irgendwann immer populärer wurde, sprang auch die Kirche auf den Zug auf.

Ist die Weihnachtszeit vorbei, hat die Tanne ihren Zweck erfüllt. Schmuck ab zurück auf den Dachboden. Tschüssi, liebe Tanne, nett war’s. Irgendwer sammelt den Baum dann ein und bringt ihn irgendwohin. Wer weiß das schon. Für diesen einen Augenblick aber hat sie uns ein bisschen Weihnachtsfeeling ins Haus geholt. Und gerade in diesem Jahr ist ein bisschen Geborgenheit vielleicht nicht verkehrt.

Von Maja Andresen 23.12.2020

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DAS (BEINAHE) WINDBEUTEL-FIASKO

Am Silvester-morgen stand ich vor dem Badezimmerspiegel und hatte völlig unvermittelt eine unbändige Lust auf Windbeutel. Ihr wisst schon diese delikaten Brandteigschalen, gefüllt mit feinster Sahne. Keine Ahnung warum, aber diese Dinger gingen mir nicht mehr aus dem Kopf, ich musste uns welche besorgen. Egal wie…

Süße Köstlichkeiten liebe ich wie mein Leben. Erst zu Weihnachten habe ich die nur schwer zu bekommende Borkenschokolade, sowie Trüffel der Sorte „die Himmlischen“ geschenkt bekommen. Ein Genuss!

Warum ich aber ausgerechnet zu Silvester eine unbändige Lust auf Windbeutel entwickeln musste, das kann ich mir eigentlich nicht erklären. Ist doch der letzte Genuss dieses fragilen Sahnegebäcks bereits mehrere Jahre her. Wenn ich recht überlege, es sind sogar schon Jahrzehnte. Trotzdem – es mussten Windbeutel her! Beste Qualität, frisch vom Konditor.

Einfacher gesagt als getan: In unserem Stadtteil gibt es so gut wie keine gute, alte Bäckerei mehr, und erst recht keine Konditorei mit Anspruch. Alles was hier mit Backwaren reizt, gehört zu irgendwelchen Großbäckereiketten, die aufbackfertige Massenware, genormt und gewinnoptimiert, in die gefühlten 399 Filialen schaffen und dort im Akkord unter die hungrigen Menschen schaffen. Kein Ort, an dem man sich feine Windbeutel vorstellen möchte.

Was ist da passiert?

Nun ja, genau das, was wir allerorts beobachten konnten und können: Das Fachgeschäft stirbt aus. Entweder die Beschaffung eines Wunschartikels ist über das Internet schneller, gemütlicher oder billiger, oder aber wir geben uns mit immer mehr Mittelmaß zufrieden. Warum frische Naturgewächse vom heimischen Bauern, wenn das Obst-/Gemüseimitat aus China im Supermarkt so viel billiger ist? Warum handgemachte Torten und feinste Sahneteilchen, wenn man auch mit einem Klumpen Teig, überzogen mit Glucose-Fructose-Sirup den Wanst voll kriegt?

 Entsetzt musste ich mit ansehen, wie meine Gelüste in weite Ferne rückten, eben auch, weil ich schon lange nicht mehr am Tresen eines Konditors stand und dort eine kassenfüllende Bestellung getätigt hatte. Das hat man nun davon. Wenn man das Fachgeschäft mal braucht, hat man es durch seine eigene Faulheit, den Geiz und Ignoranz ausgerottet. Verflixt, nun hatte ich neben einem knurrenden Bauch auch noch ein wirklich schlechtes Gewissen.

 Weil ich schon seit dem frühen Morgen die ganze Familie mit meinen Windbeutel-Fieberträumen ganz verrückt gemacht hatte, war die Erwartungshaltung entsprechend groß. Immer mal wieder fragte man mich nach dem Stand in Sachen Sahne-Leckerli.

So was erhöht ganz schön den Druck. Und dazu kommt die Tatsache, dass am Silvestertag alle Geschäfte deutlich früher schließen, das Warenangebot also auch noch arg begrenzt ist – wenn man nicht schnell genug ist. Ich beruhigte mich mit der Vorstellung, dass zu Silvester eh alle nur Krapfen und Berliner Ballen ordern, und wahrscheinlich kein Mensch der Welt einen Gedanken an Windbeutel vergeudete.

Eine letzte (realistische) Chance blieb mir noch. Die Konditorei mit angegliedertem Café in einem angrenzenden Stadtteil, gerade noch zeitgerecht erreichbar. Ein Geschäft der ganz alten Schule. Wer dort am gediegenen Caféhaustischchen sitzt, kannte sicherlich auch noch den letzten Kaiser persönlich. Oder Cleopatra, so dachte ich, als die schminkfreudige Bedienung hinter dem Tresen mich nach meinen Wünschen fragte, nachdem ich noch gerade rechtzeitig vor dem letzten Kundenansturm, das doch ziemlich braun und hölzern dekorierte Ladenlokal erreichte.

Weniger schwarzen, nach außen gezogenen Lidstrich“ wollte ich schon antworten, ich schob aber good old Cleopatra beiseite und fragte vorsichtig nach den ominösen Windbeuteln. Die Verkäuferin öffnete die schwarz umrandeten Augen weit und schaute mich erstaunt an. „Windbeutel?“ fragte sie in einem recht hohen Tonfall, als hätte ich nach einer Rattenfalle aus Marzipan gefragt.

Meine Knie wurden weich, jegliche Hoffnung schwand aus meinem Körper, der sich wie ein Junkie nach dem zarten Gebäck sehnte. Was würde ich gleich zuhause sagen? Die Enttäuschung in den Gesichtern. Sollte ich vorgeben mit all den vielen Windbeuteln im Arm elendig ausgeraubt worden zu sein? Immerhin wäre mir dann noch eine Portion Mitleid sicher.

Wie viele dürfen es denn sein?“ hört ich als nächstes und ich konnte mein Glück kaum fassen. Die Verkäuferin machte eine ausladende Geste mit der Hand nach rechts, und dort lagen sie: saftig und fett, ein ganzer Stapel frischer Windbeutel. Mein Herz hüpfte, ich nannte eine absurde Anzahl an Winddingern, die ich gerne kaufen würde, und verließ den Laden mit einem triumphierenden Grinsen, als hätte ich gerade die Bank von England geplündert.

Am Nachmittag, ich konnte es kaum abwarten, wie ein Kind kurz vor der Bescherung am Weihnachtstag, wurden die grazilen Sahneteilchen auf einem Silbertablett auf dem Kaffeetisch drapiert. Alle hatten sich versammelt, und bestaunten meine erjagte Beute. Ein „Ah“ und „Oh“ allerseits, wann sieht man noch einen echten, frischen Windbeutel in freier Wildbahn, der nicht aus der Tiefkühlung kommt?

Die Gabel näherte sich dem Mund…

Und dann konnte man dem kleinen Glück für ein paar schnell vergängliche Minuten in die Augen schauen. Liebe geht wahrlich durch den Magen, und dazu satt und glücklich. Gibt es bessere Voraussetzungen für eine versöhnliche Verabschiedung des alten Jahres? ♥

Von www.konsumkaiser.com veröffentlicht am 2.1.2022

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