Das seit vielen Jahren schreibenden Paar
Sylvia Alphéus und Dr. phil. Lothar Jegensdorf
war vor einiger Zeit bei uns zu Gast mit einem literarisch-historischen Event der Sonderklasse. Sie boten ein höchst ansprechendes Programm über jüdische (sephardische) Poesie aus dem mittelalterlichen Spanien. Leider konnten sie die letzte Zeit nicht zu uns kommen, und jetzt bremste auch noch Corona … , um die Bücher (aus obiger Idee wurde ein ganz wunderbares Buch) bei uns den Literatur- & Kulturfreunden zu präsentieren. Darum hier schon mal die Empfehlung, und wenn es wieder weiter geht geben wir Bescheid:
1. „Liebe verwandelt die Wüste in einen duftenden Blumengarten“. Liebesgedichte aus dem arabischen Zeitalter Spaniens
Zahlreiche arabische Dichter*innen besangen auf der Iberischen Halbinsel zwischen dem 8. und 15. Jahrhundert das universelle Gefühl der Liebe in all ihren Facetten. Ihre Gedichte handeln von höchster Freude und tiefstem Leid, Sehnsucht und Erfüllung, dauerhafter Liebe, erotischen Abenteuern und mystischem Eros.
Die Autoren haben aus den Werken von 40 arabischen Dichterinnen und Dichtern 80 Gedichte ausgewählt und kommentiert. Vorangestellt ist eine Einleitung, die diese Liebespoesie einbettet in die damalige Zeit und die Kultur des Mit- und Neben-einander von Juden, Christen und Muslimen („convivencia“).
Die Gedichte sind folgenden Themenkreisen zugeordnet:
»Liebe in der Natur«, »Vom Wesen der Liebe«, »Die Schönheit der Frau«, »Liebesgedichte von Frauen«, »Liebesvereinigung«, »Liebe zwischen den Religionen«, »Arabischer Minnesang«, »Liebe als mystisches Ereignis«.
Diese Veröffentlichung stellt an eindrucksvollen Beispielen heraus, dass die arabisch-muslimische Lyrik keine reine Männersache war. In Gedichten konnten auch Frauen ihre untergeordnete gesellschaftliche Stellung zeitweise verlassen und ihren erotischen Erfahrungen sowie Wünschen Raum und Stimme geben.
Dieser “poetische Liebesgarten” lädt zu Erkundungen in eine weit zurückliegende Epoche ein. Obwohl die arabisch-muslimische Poesie von Al-Andaluz einer uns fernen und vielfach fremden Kultur entstammt, vermag sie uns auch heute zu berühren, zu faszinieren und zu inspirieren, denn es sind Zeugnisse großer Dichtung. – Kaarst: Romeon Verlag 2020. ISBN 978-3-96229-203-4. Preis: 16,95 €
Näheres über die beiden Autoren finden Sie in meiner Homepage in den Künstlerportraitseiten – siehe Startseite und Suchleiste, dann Alphéus Sylvia und Jegensdorf, Dr. Lothar anklicken.
2. „Fürst Paul von Thurn und Taxis “ – ein eigensinniges Leben
Erste Biografie von Fürst Paul von Thurn und Taxis, das schwarze Schaf der Familie.
Fürst Paul von Thurn und Taxis (1843–1879) führt bisher in der Literatur eine Existenz als Fußnote, als Lexikonartikel oder bestenfalls als Unterkapitel in Dar-stellungen zum Leben König Ludwig II.
Die vorliegende Biografie stellt ihn in den Mittelpunkt, gemeinsam mit seiner großen Liebe Elise Kreuzer, einer begabten Koloratur-sopranistin jüdisch-christlicher Herkunft. Nach einem frühen und steilen Aufstieg bis in höchste gesellschaftliche und politische Kreise erlebte er einen mehrfachen Absturz: Ludwig II. kündigte ihm die Freundschaft und enthob ihn seiner Stellung als Flügeladjutant, seine fürstliche Familie entfernte ihn als »schwarzes Schaf« aus der dynastischen Linie, durch Richard Wagner und Cosima von Bülow wurde er moralisch demontiert. Unter neuem Namen musste er eine andere Identität annehmen; er wählte den Namen „von Fels“. Die Hintergründe der dramatischen Ereignisse werden in diesem Buch offengelegt.
Im Fürstenhaus sind wichtige Unterlagen zu seinem Leben nicht mehr vorhanden. Dennoch ist es den Autoren – Sylvia Alphéus ist die Urenkelin von Fürst Paul – gelungen, auf der Basis zahlreicher neu entdeckter Quellen in anderen Archiven die Stationen und Konflikte seines Lebens zu rekonstruieren und neue Sichtweisen auf den Fürsten zu eröffnen.
Ludwig II. mit Mutter Marie, Bruder Otto und Gefolge (Fürst Paul stehend ganz rechts),
Was wurde nach Pauls Tod aus seiner Ehefrau Elise, was aus dem gemeinsamen Sohn Heinrich, der als verschollen gilt? Erstmals werden auch ihre weiteren Lebenswege beschrieben.
Ein sehr gelungenes und wissenschaftlich fundiertes Buch der Zeit- und Kulturgeschichte. – Alliteraverlag, ISBN 978-3-86906-968-5, Preis 29,-
Presse:
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„Eigentlich wollten wir gar kein Buch schreiben, sondern nur in meiner Familien-geschichte forschen“, sagte Sylvia Alphéus. Diese Nachforschungen förderten allerdings Spannendes zutage:
Spur in den Norden
Die 1938 geborene Sylvia Alphéus ist die Urenkelin des Paul von Thurn und Taxis, der 1843 bei Regensburg in Bayern zur Welt kam. Durch ihren Großvater, Heinrich von Fels – dessen Sohn – führte die Spur nach Huntlosen. Alphéus wuchs auf dem Familiengut in Huntlosen auf und wurde stark von der Erziehung durch ihren Großvater geprägt. „Mein Opa hatte Zeit für mich, hat mir viele Bilder von seinem Vater Paul gezeigt und Geschichten erzählt. Aber ich habe sie damals als Märchen abgetan“, schwelgte sie in Erinnerungen.
Sie habe ihrem Großvater viel zu verdanken: „Heinrich hat mich nicht kindlich behandelt. Er hat mich früh in musische und Geisteswissenschaften eingeführt. Er wusste wohl, dass er mir schnell möglichst viel mitgeben muss.“ Als Sylvia Alphéus 16 Jahre alt war, starb ihr Großvater.
Doch wieso hieß Heinrich nicht auch mit Nachnamen „Thurn und Taxis“, wenn er ein direkter Nachfahre war? „Sein Vater Paul war ein eigensinniger Charakter, lebte einen individuellen, selbstbewussten Lebensstil. Er war seiner Zeit voraus und fällte seine Entscheidungen nicht im ständischen Bewusstsein“, berichtete Lothar Jegensdorf von den Recherchen. Für diese ist das in Oldenburg lebende Ehepaar weit gereist. „Wir waren in Bayern unterwegs, durften Nachforschungen im Geheimen Hausarchiv des Wittelsbacher Königshauses anstellen. Wir waren in der Schweiz, um Orte zu besichtigen, an denen auch Richard Wagner und seine Familie waren, denn die spielten in der Lebensgeschichte von Paul auch eine große Rolle“, erzählte der Autor von der Vorgehensweise. Dann sei klar geworden, dass die Ergebnisse weiter reichende Erkenntnisse bargen.
Nicht standesgemäß
Weil Paul von Thurn und Taxis die bürgerliche Frau Elise Stephanie Kreuzer heiraten wollte, die jüdischer Abstammung sowie Künstlerin und Sängerin und somit in der damaligen Zeit dem adligen Paul nicht ebenbürtig war, drängte ihn der Vater zu einer Entscheidung: „Entweder nutzte er die Vorteile des adligen Standes und hielt sich dafür auch an die Regeln oder er verzichtete auf alles und musste auch den Namen abgeben“, weiß Sylvia Alphéus.
Der freie Geist entschied sich für die Frau und ein Leben fernab des Luxus. Der neue Name lautete von diesem Zeitpunkt an „von Fels“– „Sicherlich nicht ganz unbewusst. Ein großer Fels ist in vielen Wappen enthalten und kann vielleicht auch in Richtung des Sprichwortes ,ein Fels in der Brandung sein’ gedeutet werden“, überlegten sich Alphéus und Jegensdorf.
Der Sohn von Elise und Paul von Fels – Heinrich – heiratete Maria von Scapatetti. Das Paar adoptierte die in jungen Jahren als Haushälterin zu ihnen gestoßene Elise von Fels (geborene Leucke) – Sylvia Alphéus Mutter. Sie heiratete später Emil Rüdebusch, Eigentümer von Gut Huntlosen. „Somit ist das quasi keine Blut-Abstammung. Aber wir haben uns erkundigt, und rechtlich kann man Sylvia trotzdem als Urenkelin bezeichnen“, erklärte Lothar Jegensdorf.
Heinrich von Fels wurde, ebenso wie Elise Kreuzer, Maria von Scarpatetti, Elise von Fels, Emil Rüdebusch sowie Carl-Heinrich und Helene Rüdebusch auf der Ruhestätte der Familie Rüdebusch auf dem Huntloser Friedhof beerdigt. Die Grabstelle wird heutzutage von Sylvia Alpheús betreut.
Berichtigung von Fakten
Über Paul von Thurn und Taxis habe es bis dahin nur sehr wenige Informationen gegeben. Vieles war auch falsch, wie sich nach und nach herausstellte“, erklärte Jegensdorf. Die Autoren wollten daher mit der 328 Seiten langen Veröffentlichung laut eigener Aussage zu einer „Richtigstellung einiger Fakten“ und einer „gerechteren Bewertung“ beitragen.
Bericht von Imke Harms Reporterin/ Redaktion Wildeshausen